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Neue Prosa von Friederike Mayröcker

Am Donnerstag stellt die 86-jährige Dichterin im Literarischen Quartier Alte Schmiede in Wien ihr soeben im Suhrkamp Verlag erschienenes Prosa-Büchlein "vom Umhalsen der Sperlingswand, oder 1 Schumannwahnsinn" vor.

Im April wird der Text in der Regie von Klaus Schöning bereits als Hörspiel gesendet – am 15. auf SWR, am 26. auf Ö1. Und anders als in den zuletzt erschienenen Büchern zieht sich ein Leitmotiv durch den mäandrierenden Sprachfluss: Robert und Clara Schumann hat es in den Wiener Alltag der Erzählerin verschlagen – inklusive gemeinsame Kaffeehausbesuche.

Einerseits ist es für Mayröcker-Leser wie eine Befreiung, dass die Poesie gewordenen Alltagsbeobachtungen und fantastischen Assoziationsketten der Dichterin mit der Einführung des berühmten Musiker-Paares ein zusätzliches Gerüst zum Anhalten bekommen. Andererseits erweist sich gerade die Idee, nicht mehr lebende historische Persönlichkeiten real auftreten zu lassen als besonders tückisch. Wie nach einem Dammbruch ergießt sich ein neuer, breiter Strom an Fantasien über die Seiten und überschwemmt die “Schluchten der Sprache”, die “Lustgärten der Sprache” und das “Schluchzen der Sprache” gleichermaßen.

“Die Pianistin” und “der Komponist”, wie sie immer wieder genannt werden, tauchen im “Drechsler” am Naschmarkt ebenso selbstverständlich auf wie am heimischen “Soffa”, vermischen Kunst-, Liebes- und Lebensprobleme ganz in der Art, wie es auch die Autorin und ihr Partner machen. Dazwischen kreuzen allerdings noch jede Menge anderer Prominenter anspielungsreich ihren Weg, von Glenn Gould zu “Blixa Baargeld” und von Ezra Pound bis Jacques Derrida.

All’ das zusammen ist nicht nur noch musikalischer als gewohnt, sondern ergibt auch einen neuen Ton. Der ist allerdings um nichts eingängiger und wird den Freunden der germanistischen Dechiffrierkunst sicher viele schöne Stunden bereiten. Angesichts von Beispielen wie dem Folgenden ist Mayröckers “Schumannwahnsinn” trotz knappen 40 Druckseiten eine echte Herausforderung: “wenn ich meine Kompositionen durchsehe, kommen sie mir UNVERTRAUT vor, heute viel spaziert, Morandi hat nur Flaschen gemalt, träume von Geldscheinen zwischen den Notenblättern, ‘ich bin jetzt dein Epheu’, so Robert zu Clara, die isländische Aschewolke hat Europa erreicht…”

(Quelle: APA)

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