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Natschläger-Prozess: "Wollte ihn definitiv nicht verletzen"

Der 19-jährige Bursch, der am 23. April 2008 in Wien-Währing dem Wiener Kommunalpolitiker Gottfried Natschläger einen Schlag versetzt haben soll, an dessen Folgen der 64-Jährige starb, beteuerte am Donnerstag im Straflandesgericht: "Ich wollte ihn definitiv nicht verletzen!"

Er habe nicht auf den Mann eingeschlagen, sondern sei bloß in diesen “hineingelaufen”. Zum Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung mit Todesfolge bekannte er sich daher “nicht schuldig”.

Verteidiger Philipp Winkler sprach von einem “tragischen Unfall, wie er leider passiert und nicht passieren sollte”. Sein Mandant habe mit Sicherheit keinen Misshandlungsvorsatz gehabt: “Er hatte keine Möglichkeit, dem Ganzen auszuweichen.”

Der 19-Jährige hatte sich am Nachmittag mit einem Freund getroffen, um über den Drogentod eines guten Bekannten zu sprechen. Die Burschen konsumierten in den folgenden Stunden je fünf Bier und ein Cola-rot, ehe sie gegen 17.00 Uhr einen gemeinsamen Freund besuchen wollten.

In der Straßenbahn benahmen sich die Burschen allerdings daneben, worauf sich Fahrgäste beim Fahrer beschwerten, der sie daraufhin nach draußen beförderte. “Es war eine blöde Situation”, erinnerte sich der 19-Jährige nun vor dem Schöffensenat (Vorsitz: Bernhard Kucera). Dass er im Freien in Richtung des Straßenbahners schimpfte und diesen wissen ließ, er möge sich “warm anziehen”, legt ihm die Anklagebehörde als gefährliche Drohung aus.

Die jungen Männer fassten schließlich den Entschluss, der Straßenbahn nachzulaufen, um den Mitarbeiter der Wiener Linien an der nächsten Station zu “stellen”. “Wir wollten ihn einschüchtern”, gab der 19-Jährige dazu zu Protokoll. Am Weg zur Haltestelle passierten sie eine “Tchibo”-Filiale, vor der Natschläger stand und in die Auslage sah.

Der Gehsteig ist an dieser Stelle 2,4 Meter breit. “Nach meinen Berechnungen wäre es sich ausgegangen, dass ich an ihm vorbeikomme”, schilderte der Angeklagte dem Gericht. Doch im selben Moment habe sein hinter ihm laufender Freund nach ihm gerufen. Er habe sich umgedreht, dabei einen “Rechtsdrall” bekommen und sei in den ihm unbekannten älteren Mann gekracht: “Ich hab’ noch die Hand vorgegeben, damit ich mich stützen kann. Ich wollte das blocken. Ich wollte nicht voll hineinlaufen. Ich hab’ den Zusammenstoß auch nicht als so stark empfunden.”

Natschläger verlor das Gleichgewicht, kam zu Sturz und prallte mit dem Kopf gegen eine Steinkante am unteren Ende der Auslage. Der 64-Jährige erlitt ein Schädel Hirn-Trauma, von dem er sich nicht mehr erholte. Am 3. Mai erlag er im Spital einem Herz-Kreislauf-Versagen.

Staatsanwalt Wolfgang Swoboda bezweifelte die Darstellung des Angeklagten. Es habe “zumindest einen Schlag gegeben”, sagte der Ankläger. Der 19-Jährige sei “fraglos durch Alkohol enthemmt und aggressiv” gewesen. Das ließ der Bursch nicht gelten: “Ich war nie aggressiv! Zornig kann man sagen!”

Der Gerichtsmediziner Christian Reiter entlastete allerdings den 19-Jährigen. Seinen Ausführungen zufolge dürfte Natschläger einen “Stoßimpuls gegen den Schultergürtel” und damit keinen Faustschlag ins Gesicht oder im Kopfbereich erhalten haben.


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