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Nationalratswahl 2019: Das Wahlprogramm der ÖVP

Die ÖVP startet in der kommenden Woche in den Intensivwahlkampf.
Die ÖVP startet in der kommenden Woche in den Intensivwahlkampf. ©APA/Hans Punz
In der kommenden Woche startet die ÖVP und der Spitzenkandidat Sebastian Kurz den Intensivwahlkampf zu Nationalratswahl. Eckpunkte des Wahlprogramms sind unter anderem die Senkung der Steuerlast sowie der Kampf gegen illegale Migration.

Die ÖVP und ihr Spitzenkandidat Sebastian Kurz starten kommende Woche in die Intensivphase des Wahlkampfs zur Nationalratswahl am 29. September. Nach TV-Auftritten in der Puls 4-Wahlarena und bei den ORF-Sommergesprächen absolviert Kurz von Freitag bis Sonntag in 72 Stunden eine Bustour durch ganz Österreich.

100 Projekte hat die ÖVP mit im Gepäck

Mit im Gepäck hat der ehemalige Kanzler 100 Projekte, die Wählerinnen und Wähler und danach auch potenzielle Koalitionspartner überzeugen sollen. Erste inhaltliche Einblicke in dieses Programm gab der ÖVP-Spitzenkandidat am Samstag bei einem Hintergrundgespräch in der türkisen Parteizentrale. Kurz kündigte dabei einmal mehr einen "kurzen, intensiven und fairen Wahlkampf" seiner Partei an. "Ganz generell gilt: Wir wollen unseren Weg fortsetzen. Die grundsätzliche Spur, die wir gezogen haben, unsere Werte, unser Blick auf Österreich - das wurde uns in all unseren Gesprächen bestätigt."

Die Eckpunkte des bisherigen ÖVP-Programms bleiben laut Kurz auch in dieser Kampagne zentrale Botschaft: keine Schulden auf Kosten der nächsten Generation, die Senkung der Steuerlast sowie der Kampf gegen illegale Migration. "Darüber hinaus haben wir versucht, sehr konkret 100 Projekte zu definieren, die wir gerne umsetzen wollen, sollten wir gewählt werden und die Chance bekommen, das Land zu regieren." Als ersten Punkte nannte der ÖVP-Chef die Umsetzung der bereits geplanten Steuerreform.

Einführung einer Pflegeversicherung als fünfte Säule

Punkto Pflege erneuerte Kurz seinen Vorschlag zur Einführung einer Pflegeversicherung als fünfte Säule der Sozialversicherung. Die Finanzierung soll durch die "schrittweise Umschichtung von Geldern aus der Unfallversicherung" sowie "ein Stück weit budgetgestützt" erfolgen. Die Lohnnebenkosten und Sozialversicherungsbeiträge sollen dadurch in Summe nicht steigen. Am Ende des Tages soll das gesamte Pflegebudget aus dieser Versicherung kommen und "dezentral vor Ort" ausgegeben werden.

Weiters bekräftigte Kurz seine Ablehnung des geplanten Mercosur-Handelspakts zwischen der EU und einer Reihe von südamerikanischen Staaten. "Wir wollen die heimische Landwirtschaft stärken. Das Mercosur-Abkommen in der derzeitigen Form hat in Summe so viele negative Facetten, dass es unserer Landwirtschaft massiv schaden würde. Das ist nicht der richtige Weg." Man sollte regionalen Konsum und nicht den Transport von Fleisch und anderen Agrarprodukten über den ganzen Globus forcieren.

Kurz wirbt für Wasserstoff-Strategie

In Sachen Klimaschutz warb Kurz neuerlich für seine Wasserstoff-Strategie und den Ausbau dieser Technologie in Industrie und Verkehr. Im Bereich Sicherheit und Identität will der Altkanzler weitere Maßnahmen im Kampf gegen den politischen Islam und radikale Gruppierungen wie die Identitären setzen. Es brauche mehr Möglichkeiten bei der Auflösung von Vereinen, die radikales Gedankengut verbreiten und die Schaffung einer Dokumentationsstelle des politischen Islams, sagte Kurz.

Zum Thema Sozialleistungen für Zuwanderer schwebt ihm eine Task Force vor, die Missbrauch und falsche Strukturen angehen soll. Nach der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder will die ÖVP auch Pensionsleistungen Richtung Ausland überprüfen. Ein weiteres Thema für die ÖVP: die derzeit 300 bis 400 Millionen Euro Außenstände bei ausländischen Krankenversicherungen. "Insgesamt sind es 100 Projekte, die wir in den nächsten zwei Wochen präsentieren wollen", so Kurz.

Kurz lässt sich auf keine Spekulationen ein

Dass diese 100 Punkte nicht nur auf die Wähler, sondern vor allem auch auf mögliche Koalitionspartner abzielen, wollte der in Folge der blauen Ibiza-Affäre und des Platzens der ÖVP-FPÖ-Koalition per Misstrauensantrag abgewählte Kanzler nicht kommentieren. Laut aktuellsten Umfragen, in denen die Türkisen weit voran liegen, stehen derzeit drei mögliche Varianten im Raum: die Neuauflage einer ÖVP-FPÖ-Regierung, ein Dreier-Bündnis aus ÖVP, Grünen und NEOS, wie es etwa auch im Land Salzburg am Ruder ist, oder eine Wiederbelebung der alten ÖVP-SPÖ-Koalition.

Kurz lässt sich zu Koalitionsfragen auf keine Spekulationen ein. Die politischen Mitbewerber hätten nur einen Plan: "Alle gegen die Volkspartei." Für die ÖVP gehe es deshalb darum, ein gutes Wahlergebnis zu erzielen. Wahlziel: so stark werden, dass sich eine Koalition gegen die ÖVP - insbesondere Rot-Blau oder Rot-Grün-Pink - rechnerisch nicht ausgeht.

Kurz will an restriktivem Kurs festhalten

Die ÖVP will nach der Nationalratswahl in Sachen Asyl und Integration an ihrem restriktiven Kurs festhalten. Unsere Gesellschaft hat sich durch Migration und Zuwanderung "massiv" verändert, sagte ÖVP-Chef Sebastian Kurz bei der Vorstellung eines Teils des türkisen Wahlprogramms am Dienstag. Daher benötige es eine Reihe von Maßnahmen, um die "österreichische Identität" zu bewahren.

Neben den bekannten Standpunkten in Sachen Bekämpfung der illegalen Migration und dem Festhalten an der "konsequenten Umsetzung" der Mindestsicherung neu, denn diese habe das Sozialsystem gerechter gemacht und müsse jetzt "exekutiert" werden, will der ehemalige Bundeskanzler auch eine Taskforce "Sozialleistungen" für Zuwanderer implementieren. In dieser sollen alle sozialen Leistungen erfasst, besser vernetzt und so potenzieller Missbrauch identifiziert werden. Bei 130.000 Kinder gehe die Familienbeihilfe derzeit ins Ausland, so Kurz: "Und für uns ist schwer festzustellen, ob es diese Kinder überhaupt gibt."

Kurz fordert "klares Bekenntnis zu unserer Kultur und Tradition"

Zudem forderte Kurz ein "klares Bekenntnis zu unserer Kultur und Tradition". Dazu gehöre etwa das Symbol des Kreuzes in den Klassenzimmern und ein Fortführen der christlichen Traditionen. Im Bildungsbereich lobte der ÖVP-Chef die Einführung der Deutschförderklassen als "wichtigen Schritt". Neben dem propagierten Kopftuchverbot für Lehrerinnen an Schulen und Kindern bis 14 Jahren sollen künftig - geht es nach der ÖVP - Sozialleistungen bei der Vernachlässigung von Erziehungspflichten reduziert werden. Dafür sollen aber "klare Kriterien" wie etwa ein dauerhaftes Fernbleiben, Gewalt oder schwerwiegende Schulpflichtverletzungen definiert werden, erläuterte Kurz. Oftmals fehle nämlich in Familien mit Migrationshintergrund diesbezüglich das Problembewusstsein. Auch schwebt Kurz die Einführung eines Fachs "Staatsbürgerkunde" vor. Dort sollen die Grundwerte unseres Rechtssystems und der Demokratie "bestmöglich vermittelt" werden.

Für über 30.000 Asylberechtigte, die derzeit in Österreich auf Arbeitssuche sind, sollen regelmäßig eigene Jobbörsen über das AMS organisiert werden. Zusätzlich will der ÖVP-Chef die Zumutbarkeitskriterien bei der Jobvermittlung für Asylberechtigte verschärfen - diese sollen etwa der Aufenthaltsdauer und der Lebensumstände angepasst werden - und die überregionale Vermittlung verbessern. Darüber hinaus will die ÖVP die Integration durch ehrenamtliches Engagement verbessern. Zum Teil funktioniere dies in den Ländern bereits sehr gut, so Kurz.

Kurz propagiert ein Verbot des politischen Islam

Im "Kampf gegen Extremismus" propagiert Kurz erneut ein Verbot des politischen Islam und die Auflösung von extremistischen Vereinen wie den Identitären. Zusätzlich soll auch eine Dokumentationsstelle für den politischen Islam etabliert, ähnlich dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, und das Ehealter auf 18 Jahre angehoben bzw. die Heirat zwischen Cousins verboten werden. Österreich duldet keine Zwangs- oder Kinderehe, so Kurz. Und auch der Kampf gegen Hass im Netz will die ÖVP weiterführen. Etwa soll die bereits aufs Tapet gebrachte Klarnamenpflicht kommen.

Kurz plant eine Steuerreform

Bei der Präsentation von Kapitel zwei des Wahlprogramms versicherte Kurz, dass die Steuerentlastung

Als "erste Amtshandlung" einer Regierung, der er als Kanzler angehöre, will Kurz eine Steuerentlastung veranlassen. Eine Senkung von Tarifstufen und Sozialversicherungsbeiträgen ist ebenso geplant wie ein steuerfreier Mitarbeiterbonus von bis zu 3.000 Euro, den Unternehmer gewähren können.

ÖVP setzt auf Bekämpfung der Frauen-Altersarmut

Als "ganz wesentlichen Punkt" zur Bekämpfung der Altersarmut von Frauen soll ein automatisches Pensionssplitting zwischen den Eltern bis zum zehnten Lebensjahr kommen. Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie soll ein weiterer Ausbau der Kinderbetreuung beitragen.

ÖVP will längere Öffnungszeiten der Kindergärten

Im ländlichen Raum will man eine Ausdehnung der Kindergarten-Öffnungszeiten erreichen, in Großstädten wie Wien soll wiederum das Betreuungsverhältnis verbessert werden. Geschaffen werden müssten auch zusätzliche Betreuungsplätze in den Ferien.

Was den Gesundheitsbereich angeht, setzt die ÖVP unter anderem auf eine Verdoppelung der Medizinstudiumsplätze sowie ein Landarzt-Stipendium. Der Mutter/Kind-Pass soll bis zum 18. Lebensjahr ausgeweitet werden.

Kurz fordert mehr Geld für die Justiz und die Verteidigung

Bei der Präsentation von Teil Drei des ÖVP-Wahlprogramms, hat Kurz mehr Geld für die Justiz und die Verteidigung gefordert. Wie viel Geld mehr an Justiz und Bundesheer fließen soll, wollte der ÖVP-Chef nicht beziffern. Es brauche aber eine "Aufrüstung" sowohl in der Justizwache als auch in der Justiz selbst, wobei in letzterem Bereich Kurz vermehrt auf das "digitale Amt" setzen möchte. Verstärken will er das Prinzip "Haft in der Heimat".

Kurz will außerdem die Nachrichtendienste reformieren. Das bedeutet eine stärkere Trennung von Polizei- und Nachrichtendienst-Arbeit. Ziel für Kurz ist, dass die internationale Kooperation dann wieder vollständig funktioniert. Vorbild für die Reform ist die Schweiz. Ferner findet sich im VP-Programm der Wunsch, ein "gesamtstaatliches Lagezentrum" mit Schwerpunkt auf Kampf gegen hybride Bedrohungen zu etablieren, wo die Koordinierung im Bundeskanzleramt zusammenläuft.

Asylpolitik: Laut Kurz in die falsche Richtung unterwegs

In Bezug auf die Asylpolitik sieht Kurz Europa in eine falsche Richtung abbiegen. Zu liberal erscheinen ihm die Signale, die von Italien und Spanien an die Schlepper und migrationswillige Menschen ausgingen. Von einer Verteilung in Europa hält der VP-Chef unverändert nichts, würden doch Asylwerber, die z.B. in Rumänien angesiedelt werden, wohl kaum dort bleiben. Seine Positionen will er auch auf europäischer Ebene künftig wieder proaktiv einbringen.

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(APA/Red)

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