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Nationalrat segnete Reform des Staatsschutzes ab

Mikl-Leitner sprach von einer "vergebenen Chance"
Mikl-Leitner sprach von einer "vergebenen Chance"
Der Nationalrat hat am Mittwochabend mit den Stimmen der Koalition die Reform des Staatsschutzes beschlossen. Sie gibt den Verfassungsschützern bei der Gefahr extremistischer Taten mehr Rechte, schon im Vorfeld zu agieren, und ermöglicht den Einsatz von (externen) Vertrauensleuten.


Fast zwei Jahre war über die Reform verhandelt worden, praktisch von Beginn an unter Einbindung der Opposition, die zuletzt auch noch einige Änderungen herausschlagen konnte. Entsprechend fiel die Kritik an der Vorlage verhältnismäßig milde aus. Das ändert freilich nichts daran, dass Grüne und Freiheitliche in der Debatte ankündigten, gemeinsam das Gesetz beim VfGH auf Verfassungskonformität prüfen lassen zu wollen.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die stets einen breiten Konsens angestrebt hatte, sprach von einer “vergebenen Chance”, sei man doch in den Verhandlungen sehr nahe beisammen gewesen. Dass es die Reform braucht, sieht sie durch den Anstieg der Terror-Gefahr belegt. Der Staatsschutz sei in dieser sensiblen Situation besonders gefordert. Beim Gesetz sei es darum gegangen, einen gesellschaftlichen und politischen Konsens zu schaffen, der die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit erhalte.

Nicht so sicher, dass dieses Gleichgewicht gehalten wird, sind die Oppositionsparteien. FP-Mandatar Gernot Darmann will vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) prüfen lassen, ob die massiven Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte verhältnismäßig seien. Ihm missfällt unter anderem, dass noch immer die erweiterten Maßnahmen bei Meinungsdelikten eingesetzt werden könnten und dass nicht ausgeschlossen sei, dass Politiker von der Regierung “bespitzelt würden”.

Generell war bei der Opposition wenig Begeisterung darüber vorhanden, dass die Genehmigungen für den Einsatz besonderer Maßnahmen beim Rechtsschutzbeauftragten liegen. VP-Sicherheitssprecher Werner Amon gab freilich FPÖ und Grünen die Schuld dafür, denn ein echter Senat mit einem verpflichtenden Mehrheitsentscheid in dem Dreier-Gremium wäre nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zu verankern gewesen.

Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz wurde nicht müde hervorzuarbeiten, wie viel die Opposition und speziell er noch an der ursprünglichen Vorlage verbessert hätten. Zustimmen wollte er dann aber doch nicht, unter anderem weil ihm richterliche Kontrolle sowie überhaupt die Kontrolle der Datenweitergabe an ausländische Dienste fehlt, deren Notwendigkeit spätestens seit dem NSA-Skandal jedem klar sein müsste.

NEOS-Mandatar Nikolaus Alm zeigte sich insgesamt skeptisch, ob mit der Vorlage nicht überschießend agiert werde. Etwa stelle sich die Frage, ob der Deliktekatalog nicht zu wenig genau definiert sei und ob nicht zu viele Daten gesammelt würden. Notwendig sei jetzt, das Gesetz möglichst bald zu evaluieren und zu verbessern.

Nicht viel gefehlt hat offenbar für eine Zustimmung des Team Stronach. Dessen Abgeordneter Christoph Hagen fand das Gesetz aber letztlich doch noch nicht beschlussreif und unterstützte einen von der FPÖ eingebrachten Rückweisungsantrag an den Innenausschuss, der freilich abgeschmettert wurde.

Dass die Opposition nicht zustimmte, sah SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl parteitaktischem Kalkül geschuldet. Denn bei den Gesprächen mit den anderen Parteien habe man beim Staatsschutzgesetz eine neue Qualität erreicht.

Auch Amon vermutete, dass wohl taktische Gründe Grüne und FPÖ nicht mitstimmen ließen. Denn was hier vorliege, sei wirklich kein Bürgerbespitzelungsgesetz. Es gehe auch nicht darum, Kraut und Rüben an Daten zu sammeln, sondern darum, wenn ganz konkrete Elemente eines gefährlichen Verdachts vorlägen, aktiv werden zu können.

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