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"Narrenfreiheit für diese Chaoten": Mikl-Leitner tobt wegen Klima-Kleber

Für Mikl-Leitner entsteht der Eindruck von "Narrenfreiheit" für Klima-Aktivisten.
Für Mikl-Leitner entsteht der Eindruck von "Narrenfreiheit" für Klima-Aktivisten. ©Christof STACHE / AFP / APA
Die Weisung des Justizministeriums zur Haftfrage der deutschen Klima-Aktivistin Anja Windl an die Staatsanwaltschaft Wien hat Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner "höchst irritiert" zurückgelassen. Klima-Kleber genießen ihrer Meinung nach in Österreich "Narrenfreiheit".
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Keine U-Haft für Windl

Es "entsteht der Eindruck, dass Klima-Kleber in diesem Land Narrenfreiheit genießen. Das ist fatal", betonte Mikl-Leitner am Dienstag in einem der APA übermittelten Statement.

Weisung zur Haftfrage von Windl: Mikl-Leitner "irritiert"

"Da kann die Polizei noch so engagiert und konsequent gegen diese Chaoten vorgehen, wenn sie dann von der Justiz mit Samthandschuhen angegriffen werden, nützt das alles nichts. Das Signal, das Justizministerin Alma Zadic (Grüne, Anm.) an Klima-Aktivisten in ganz Europa aussendet, ist leider eindeutig: Auf Österreichs Straßen herrscht Narrenfreiheit für diese Chaoten", hielt Mikl-Leitner fest. Gefordert wurden einmal mehr härtere Strafen für Klimaaktivisten.

Windl hatte sich im Zuge von Protestaktionen am 20. und 21. November mit einer Mischung aus Quarzsand und Superkleber auf der Fahrbahn festbetoniert. Sie war daraufhin festgenommen und in die Justizanstalt Josefstadt überstellt worden. Einen von der Staatsanwaltschaft gestellten U-Haft-Antrag lehnte das Landesgericht Wien ab.

Keine U-Haft für Klima-Aktivistin

Die Staatsanwaltschaft wollte gegen diesen Beschluss Beschwerde einlegen, ein entsprechender Vorhabensbericht wurde im Weg der Fachaufsicht von den übergeordneten Behörden - der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien und dem Justizministerium - aber nicht genehmigt. Der Staatsanwaltschaft wurde die Weisung erteilt, vom Einbringen einer Beschwerde Abstand zu nehmen, das Thema U-Haft war für Windl damit vom Tisch.

Das Justizministerium stellte dazu bereits am Montagabend klar, das Weisungsrecht sei im Rahmen der Fachaufsicht über die Staatsanwaltschaften von der für Einzelstrafsachen im Justizministerium zuständigen Sektion V ausgeübt worden. Diese habe im konkreten Fall "eine Weisung zur Sachbehandlung erlassen". ÖVP-Generalsekretär Stocker unterstellte Zadić am Dienstag allerdings, sie habe die Beschwerde der Staatsanwaltschaft "daschlogn". "Nachdem Christian Pilnacek im U-Ausschuss angegeben hatte, Alma Zadić habe auf sein Verfahren Einfluss genommen, indem sie eine Weisung erteilt hätte, das Verfahren gegen ihn nicht einzustellen, ist es nun bereits der nächste Fall einer mutmaßlich politischen Intervention", stellte Stocker fest. Die Öffentlichkeit habe eine Antwort auf die Frage verdient, "wie viele Weisungen aus dem Justizministerium kommen. Daher muss Zadić die immer noch ausständigen Weisungsberichte für die Jahre 2021 und 2022 endlich vorlegen."

ÖVP verlangt "dringend Aufklärung", Justizministerium beruhigt

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker verlangte am Dienstag "dringend Aufklärung über die mutmaßlich ideologisch motivierte Intervention durch eine Weisung von Justizministerin Alma Zadić". Aus dem Justizministerium hieß es dazu gegenüber der APA, die Entscheidung habe die für die Fachaufsicht zuständige Sektion getroffen.

Stocker - selbst Jurist - glänze mit seinem Vorwurf, genauso wie die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, durch Unwissen, richtete die grüne Justizsprecherin Agnes Prammer den beiden Dienstagnachmittag via Aussendung aus. "Die für die Fachaufsicht zuständige Sektion hat lediglich die rechtsrichtige Ansicht des unabhängigen Gerichts bestätigt. Nicht mehr und nicht weniger", hielt Prammer fest. Bei dem "unwürdigen Schauspiel" gehe es lediglich darum, Zadić eine "politische Weisung" unterzujubeln und dadurch politisches Kapital zu schlagen. "Die ÖVP sollte einfach nicht von sich auf andere schließen", drehte Prammer, die sich von Stocker und Mikl-Leitner aufgrund der "peinlichen Entgleisung" eine Entschuldigung erwartet, den Spieß um.

Im Justizministerium war man am Dienstag darum bemüht, die Wogen zu glätten. "Das Landesgericht für Strafsachen Wien hat die beschuldige Klima-Aktivistin enthaftet und ihr Auflagen erteilt (gelinderes Mittel statt U-Haft). In der Folge war zu entscheiden, ob gegen diesen Beschluss des Gerichts ein Rechtsmittel zu erheben ist. Wie in diesen Fällen üblich, wird ein solches Vorhaben von allen Instanzen fachaufsichtlich geprüft. Im Rahmen der Fachaufsicht wurde entschieden, dass die Beschwerde nicht erfolgversprechend ist, weil die Entscheidung des Landesgerichts für Strafsachen Wien rechtlich zutreffend ist", wurde in einer der APA übermittelten Stellungnahme ausführlich dargelegt. Es handle sich "um eine rechtliche Facheinschätzung, die von der Sektion für Einzelstrafsachen im BMJ unter der Einbeziehung der Sektion für Strafrecht getroffen wurde". Wie gesetzlich vorgesehen, sei der Weisungsrat informiert worden, der sich in der nächsten Sitzung damit befassen wird.

"Die strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien haben mit dieser Entscheidung nichts zu tun", bekräftigte das Justizministerium. Diese würden "davon unbeeinflusst" selbstverständlich weitergehen.

FPÖ sieht "Klimaterroristen" von Justizministerin beschützt

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker sah in der Weisung indes den "eindeutigen Beweis, dass die Grünen der politische Arm der Klimaterroristen in unserem Land sind." Die Staatsanwalt ermittle gegen die "Letzte Generation" wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung, deshalb sei es durchaus legitim, die prominentesten Vertreter in U-Haft zu nehmen, so Hafenecker. "Solche Personen haben offenbar Narrenfreiheit in unserem Land, werden von der Justizministerin beschützt und als Dankeschön dann auch noch beim ORF in die Sendung "Im Zentrum" eingeladen." Die Attacken von Mikl-Leitner und Stocker auf die Justizministerin seien jedoch "nicht mehr als ein inszenierter Aufschrei", kritisierte Hafenecker. Die ÖVP habe es in der Hand, Neuwahlen auszurufen, offenbar sei das aber nicht möglich, "weil die ÖVP mittlerweile längst zu einer Klebe-Partei geworden ist. Nehammer, Sobotka und Co kleben an ihren Ämtern wie die Klimakleber an den Straßen in diesem Land - das ist nur mehr beschämend."

Für die SPÖ schadet das "aktuelle Regierungs-Hick-Hack" dem Ansehen der Justiz und zeige einmal mehr, wie wichtig ein unabhängige Weisungsspitze der Staatsanwaltschaft wäre, "damit der Anschein politischer Einflussnahme gar nicht aufkommen kann", fordert die rote Justizsprecherin Selma Yildrim. "Die türkis-grüne Regierung hat eine Reform angekündigt - passiert ist nichts, die Justiz wird in einen peinlichen Koalitionsstreit hineingezogen", so Yildrim in einer Aussendung. Bisher scheiterten die koalitionsinternen Verhandlungen vor allem an der Spitze der Generalstaatsanwaltschaft, an der sich die Grünen einen Dreier-Senat wünschen. Die ÖVP hätte hingegen gerne eine Einzelperson, den sogenannten "Bundesstaatsanwalt" bzw. die "Bundesstaatsanwältin".

Bisher scheiterten die koalitionsinternen Verhandlungen vor allem an der Spitze der Generalstaatsanwaltschaft, an der sich die Grünen einen Dreier-Senat wünschen. Die ÖVP hätte hingegen gerne eine Einzelperson, den sogenannten "Bundesstaatsanwalt" bzw. die "Bundesstaatsanwältin". Dass Zadić in der Diskussion um einen Bundesstaatsanwalt nicht müde werde, zu betonen, wie wichtig Weisungsfreiheit sei, und nun "völlig anders" handle, gehe sich "schlicht und ergreifend nicht aus", ergänzte auch FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan, der die Ministerin nun in Erklärungsnot sieht.

(APA/Red)

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