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Nach Ibiza-Affäre: Vier Regierungen in nur zwei Wochen

Mehrere Minister wurden angelobt und wieder entlassen.
Mehrere Minister wurden angelobt und wieder entlassen. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Nach der Ibiza-Affäre blieb in der österreichischen Regierung kein Stein auf dem anderen: Mit der nun folgenden Übergangsregierung gab es in den lezten 14 Tagen vier Regierungen.
Chronologie: Das löste die Ibiza-Affäre aus
Bierlein wird erste Bundeskanzlerin

Österreich erlebt mit der Bildung einer nun endgültigen Übergangsregierung die bereits vierte Regierung in nur zwei Wochen.

FPÖ-Minister gingen nach Ibiza-Affäre

Vor 14 Tagen wurde das Land noch von einer türkis-schwarzen Koalition regiert. Nach dem Bruch dieser infolge des Ibiza-Skandals und dem Ausrufen von Neuwahlen entstand zunächst eine de facto ÖVP-Alleinregierung unter Kanzler Sebastian Kurz.

In dieser ersten Übergangsregierung wurden die ausgeschiedenen blauen Regierungsmitglieder (Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Innenminister Herbert Kickl, Infrastrukturminister Norbert Hofer, Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, Verteidigungsminister Mario Kunasek und Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs) durch vier Experten bzw. gar nicht nachbesetzt. Der pensionierte OGH-Präsident Eckart Ratz wurde Innenminister, der frühere Sektionschef Walter Pöltner Sozialminister und der stellvertretende Generalstabschef Johann Luif Verteidigungsminister. Das Infrastrukturressort übernahm Austro-Control-Chefin Valerie Hackl. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) stieg zum Vizekanzler auf.

Expertenregierung durch Misstrauensantrag abgewählt

Diese Regierung wurde am Montag vom Parlament mittels Misstrauensantrag mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und JETZT abgewählt. Sie wurde daraufhin von Bundespräsident Alexander Van der Bellen entlassen und gleichzeitig mit der vorübergehenden Fortführung der Amtsgeschäfte wieder betraut. Der abgewählte Kanzler Kurz schied dabei ganz aus dem Amt aus. Löger machte neuerlich einen Karriereschritt – auch wenn nur für kurze Zeit – und wurde provisorischer Kanzler. Auf den Vizekanzler wurde verzichtet. Das war die zweite Übergangsregierung und insgesamt dritte Regierung seit der Ibiza-Affäre.

Nun steht die nächste Regierung ins Haus. VfGH-Präsidentin Brigitte Bierlein wurde zur Bundeskanzlerin designiert und bastelt nun an einer Beamtenregierung. Van der bellen nennt sie “Vertrauensregierung”.

VfGH-Nachbesetzungen erst unter neuen Regierung

Da Brigitte Bierlein Bundeskanzlerin wird, stehen im Verfassungsgerichtshof Nachbesetzungen an: Der Präsidentenposten ist vakant – und rückt jemand aus dem Haus nach, muss auch ein neues Mitglied gekürt werden. Man kann davon ausgehen, dass nicht Bierlein und die Übergangsregierung diese Entscheidungen treffen, sondern sie der neuen Regierung überlassen.

Zumal auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen vor Kurzem schon demonstriert hat, dass er sich an die langjährige Staatspraxis hält, in Übergangszeiten keine Ernennungen zu hohen staatspolitischen Posten vorzunehmen – als nämlich Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in letzter Minute versuchte, seinen Generalsekretär Peter Goldgruber noch zu befördern. Und VfGH-Mitglieder werden vom Bundespräsidenten ernannt.

Für den Gerichtshof ist die vorübergehende reduzierte Besetzung kein Problem: Vizepräsident Christoph Grabenwarter übernimmt interimistisch die Funktion des Präsidenten – und der VfGH ist auch mit 13 Mitgliedern funktionstüchtig. Wenn nötig, wird für Session eines der sechs Ersatzmitglieder herangezogen.

Ähnliche Situation bereits 2017/18

Eine ähnliche Situation gab es schon 2017/18: Damals ging Präsident Gerhart Holzinger altersbedingt in Pension – und die Nachbesetzung wurde, wie jetzt auch, durch eine von ÖVP-Chef Sebastian Kurz ausgerufene Neuwahl verzögert. Damals führte Bierlein als Vizepräsidentin interimistisch den Gerichtshof.

Erst Ende Februar 2018 entschied die neue türkis-blaue Regierung, dass Bierlein für zwei Jahre Präsidentin wird – denn Ende 2019 hätte sie mit Erreichen der Altersgrenze von 70 Jahren ohnehin den VfGH verlassen müssen. Die Regierung machte damals auch Grabenwarter zum Vizepräsidenten – mit der Option, dass er mit Bierleins Ausscheiden Präsident wird. Ob die nächste Regierung sich daran hält, wird man wohl erst Ende des Jahres wissen.

Offiziell werden die 14 Mitglieder und sechs Ersatzmitglieder des VfGH von der Bundesregierung (Präsident, Vizepräsident, sechs Mitglieder und drei Ersatzmitglieder), Nationalrat und Bundesrat (sechs Mitglieder und drei Ersatzmitglieder) dem Bundespräsidenten zur Ernennung vorgeschlagen. Dies ist im Bundes-Verfassungsgesetz geregelt.

In der Realität der Koalitionsregierungen ist das Vorschlagsrecht aber unter den jeweiligen Regierungsparteien aufgeteilt. Die als bürgerlich geltende Bierlein wurde 2003 von der schwarz-blauen Regierung zur Vizepräsidentin gekürt, 2018 machte sie die neue ÖVP-FPÖ-Koalition zur Präsidentin. Grabenwarter wurde 2005 – auf einem ÖVP-Ticket – von der Regierung als Verfassungsrichter vorgeschlagen.

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(APA/Red)

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