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Musterschüler mit Jagdinstinkt

Andreas Geritzer hat am Sonntag bei den 28. Olympischen Sommerspielen in Athen bereits die fünfte Medaille für Österreich geholt, die vierte aus Silber.

Der 26-jährige Burgenländer, der in Sydney als Fünfter eine Medaille noch knapp verfehlt hatte, holte im Laser-Bewerb hinter dem Brasilianer Robert Scheidt (BRA) die Silbermedaille. Für Scheidt war es der zweite Olympiasieg nach 1996. Bronze ging an den Slowenen Vasilij Zbogar.

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Erstes Statement von Andreas Geritzer: „Ich bin waschelnass, denn ich bin mit einigen Freuden gleich schwimmen gegangen. Ich habe bei dieser Wettfahrt meine Kontrahenten immer unter Kontrolle gehabt und bin ständig über die Windverhältnisse informiert gewesen. Der Start war sehr gut. Meine Kontrahenten waren außer Scheidt alle auf der schlechteren Seite. Am Ende habe ich mir ständig das Grinsen unterdrücken müssen. Ich werde diese Wettfahrt nie vergessen. Ich war noch nie so nervös in meinem Leben.“

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel: „Andreas Geritzer hat seine sportlichen Qualitäten im Segeln auch bei diesen Spielen unter Beweis gestellt. Sein zweiter Platz reiht sich in die Erfolgsgeschichte des österreichischen Wassersportes ein. Im Namen aller Österreicherinnen und Österreicher möchte ich zu dieser hervorragenden Platzierung gratulieren.“

Sport-Staatssekretär Karl Schweitzer: „Der Erfolg des sympathischen und routinierten Andreas „versilbert“ weiter das österreichische Team in Athen.“

Andreas Geritzer hat in Athen eine olympische Silbermedaille gewonnen, ist damit aber noch lange nicht an seinem Ziel angekommen. Es lautet, immer besser zu werden, die Sommerspiele 2004 waren eine wichtige Station auf dem Weg dorthin. Der 26-jährige HAK-Absolvent, der in Wien geboren wurde und in Neusiedl lebt, tauschte schon in frühester Kindheit auch im Winter das Segelboot mit den Ski. Der Laser ist seine Bootklasse. „Ich habe nie eine über die andere gestellt, aber wenn ich meine anschaue, dann weiß ich, warum ich Laser segle“, lautet die Liebeserklärung des Vorzeigesportlers.

Mit dem kraftvollen Element Wasser kam Andreas Geritzer bereits als Zweijähriger sehr intensiv in Verbindung, als er sich wegen einer chronischen Bronchitis nach ärztlicher Anordnung viel auf einem Boot am Meer aufhielt. Er hat sich sofort in das Salzwasser und die Meeresluft verliebt, die Leidenschaft für den Segelsport erwachte im Volksschulalter, als sich auch das Talent bemerkbar machte. Auf der Alten Donau absolvierte er seinen ersten Segelkurs, mit der Übersiedlung nach Neusiedl trat er dem Union Yacht Club Neusiedlersee bei, dem er immer noch angehört.

Als Achtjähriger hat „Anderl“ – dieser Spitzname ist ihm bis heute geblieben – seinen ersten Wettkampf auf der Alten Donau bestritten. Als für die Sommerspiele 1996 in Atlanta die Laserklasse ins olympische Programm aufgenommen wurde, hat der Wahlburgenländer, der sich seine Sporen erst im Optimist, dann im Europe verdiente, im Jahr 1994 den Umstieg vollzogen. 1995 feierte er mit dem Jugend-Europameistertitel den ersten großen Erfolg. 1997 nahm ihn Trainer Steven Johannessen unter seine Fittiche, Andreas’ Vater Eduard Geritzer hatte den Norweger in Spanien kennen gelernt und nach Österreich gelotst.

Die sportlichen Erfolge des großen Hundefreundes („Basco ist immer dabei, wenn es geht“) und Kaiserschmarren-Fans stellten sich sofort ein. 1998 wurde Geritzer in seinem Heimrevier, dem Neusiedlersee, EM-Dritter, 2000 errang er bei den Olympischen Spielen in Sydney den fünften Platz, 2002 kam in Marseille der ISAF-Vizeweltmeistertitel dazu und nun segelte er bei den Sommerspielen in Athen zur Silbermedaille.

Zu den wichtigsten Menschen im Leben von Andreas Geritzer zählen seine Wiener Freundin Angela, die er vor sieben Jahren in La Rochelle kennen gelernt hat, sowie Johannessen. „Am Anfang hatte er Angst vor mir, aber nun nicht mehr“, erinnert sich der sympathische Norweger, der bereits damals wenige, aber noch lange Haare und einen Bart hatte, während er heute auf beides verzichtet.

Geritzer und Johannessen, das ist eine ganz besondere Beziehung, die weit über das Trainer-Athleten-Verhältnis hinausgeht, aber von großem Respekt, großem Vertrauen und einem großen Maß an Liebenswürdigkeit und tiefster Sympathie geprägt ist. „Er war ein Bursch, als ich ihn kennen gelernt habe, und er ist immer noch ein Bursch, nur älter“, sagt der Coach und lächelt still in sich hinein. Geritzer ist ein Musterschüler, zielstrebig und mit einer gesunden Portion Ehrgeiz ausgestattet.

Irgendwann will sich Geritzer mit einer Weltumseglung noch einen ganz privaten Traum erfüllen. Die kurzfristigen Pläne klingen nicht weniger aufregend. Im Herbst werden er und Steven in einer Männerrunde zu einer Kanutour mit Fischen und Jagen nach Norwegen aufbrechen – mit Lagerfeuerromantik und Übernachtungen in Blockhütten, fernab der Zivilisation. Im Jänner steht dann wieder das erste Trainingslager in Brasilien auf dem Programm. Weil der nächste Schritt auf dem Weg ans Ziel immer der wichtigste ist.

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