Montenegro wählt am 29. April neues Parlament
Premier Milo Djukanovic, Chef der regierenden Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS), und seine kleineren Bündnispartner blicken gemäß den jüngsten Umfragen einem weiteren überzeugenden Wahlsieg entgegen.
Die durch die Umbildung der einstigen Kommunistenpartei im Jahre 1990 entstandene DPS hat in der Tat noch keine einzige Parlamentswahl verloren. Der Opposition ist es auch dieses Mal nicht gelungen, ihre wechselseitigen Rivalitäten zu bewältigen und in größeren Bündnissen anzutreten. Dabei wird seit Jahren nach jeder Wahl gerade von der Opposition beteuert, dass man erst am nächsten Urnengang vereint teilnehmen wolle.
Eigentlich war die Wahlabhaltung erst im Herbst geplant. Angesichts der Wirtschaftskrise, von welcher auch das kleine Montenegro nicht verschont blieb, hat es sich die Regierung Anfang des Jahres anders überlegt und dem Parlament Ende Jänner seine Selbstauflösung vorgeschlagen. Die vorzeitigen Parlamentswahlen würden eine Beschleunigung der Reformen sichern. Eine vierjährige Amtsperiode würde der neuen Regierung auch ermöglichen, sich mit den Herausforderungen der Wirtschaftskrise voll auseinanderzusetzen und das Land auf den Beitritt in NATO und EU vorzubereiten, lautete die Begründung der Regierung.
Ministerpräsident Djukanovic, der seit zwanzig Jahren zur Führungsspitze Montenegros gehört, demonstrierte wieder einmal seine politische Weitsichtigkeit. Denn schon in wenigen Wochen dürfte sich das Land mit dem Konkursverfahren im größten Industriebetrieb, dem Aluminiumproduzenten KAP, der sich im Besitz des russischen Oligarchen Oleg Deripaska befindet, konfrontiert sehen. Das Unternehmen, auf welches etwa die Hälfte des montenegrinischen Exportes entfällt und das rund 4.000 Beschäftigte hat, verhandelt seit Wochen mit der Regierung über einen Hilfskredit im Wert von 20 Mio. Euro. Erst im Dezember hatte die Regierung mit einer 44-Mio-Euro-Spitze auch der zweitgrößten Geschäftsbank im Lande, der “Prva banka”, unter die Arme gegriffen. Nicht unbedeutend dürfte die Tatsache gewesen sein, dass ein Bruder des Premiers der größte Einzelaktionär der Bank ist.
Auch im Fremdenverkehr, einer weiteren wichtigen Einkommensquelle Montenegros, ist keine Erfolgssaison in Sicht. Der Bauboom an der montenegrinischen Adria-Küste ist vorerst passe, ebenso die Immobiliennachfrage. Dutzende Immobilienhändler, die ihre Geschäfte nach der Ausrufung der Unabhängigkeit Montenegros im Juni 2006 aufgemacht hatten, mussten sie wieder schließen. In der Hauptstadt Podgorica und in Budva, dem führenden Ferienort an der Adria, hat manche in den letzten Jahren errichtete Ferienwohnung noch keinen Käufer gefunden, obwohl man vor allem mit neureichen russischen Bürgern gerechnet hatte. Doch die Wirtschaftskrise macht sich auch in Russland spürbar. Das Ferienziel Montenegro, das mit “wilder Schönheit” Touristen anziehen möchte, hat andererseits noch viele Unzulänglichkeiten zu bewältigen.
Im Wahlkampf war das DPS-geleitete Wahlbündnis, zu welchem auch die Sozialdemokratische Partei (SDP) des Parlamentspräsidenten Ranko Krivokapic sowie zwei kleinere Parteien der bosniakischen und kroatischen Volksgruppe angehören, bemüht, die Aufmerksamkeit der Landsleute auf erfolgversprechende Themen zu richten. Der EU-Ministerrat dürfte schon im April den im Dezember gestellten EU-Beitrittsantrag Podgoricas annehmen, kündigte bei einem kürzlichen Besuch in Podgorica der tschechische Premier Mirek Topolanek an. Die Umfragen zeigen, dass der EU-Beitritt des Landes von einer riesigen Bürgermehrheit – 75 Prozent – unterstützt wird. Die Vergabe eines 2,7-Mrd.-Euro schweren Autobahn-Bauauftrages an eine kroatische Firma kurz vor dem Urnengang dürfte sowohl Anhänger wie auch Gegner der DPS freuen. Die Autobahn soll nämlich den Adriahafen Bar mit der Ortschaft Boljari an der Grenze zu Serbien verbinden.
Den Meinungsumfragen zufolge dürfte sich die von der DPS angeleitete Wahlkoalition “Für ein europäisches Montenegro” am Wahlsonntag sogar mehr als 51 Prozent der Stimmen sichern. Den Sprung ins Parlament werden demnach auch noch die Sozialistische Volkspartei von Srdjan Milic (proserbisch) mit 16,8 Prozent, die Neue Serbische Demokratie von Andrija Mandic (früher Serbische Liste) mit 12 Prozent sowie die proeuropäische Bewegung für Veränderungen (PZP) von Nebojsa Medojevic – 6,3 Prozent – schaffen. Recht gute Aussichten haben auch noch zwei kleinere Parteien und Bündnisse, darunter zum ersten Mal die Pensionisten- und Invalidenpartei, sowie Parteien der albanischen Volksgruppe, für die fünf Parlamentssitze gesichert sind. Stimmberechtigt sind rund 498.000 Bürger Montenegros, darunter auch 25.000 Bürger Serbiens, die einen ständigen Wohnsitz in Montenegro haben. Ihr Wahlrecht ist eigentlich ein “Überbleibsel” des einstigen Staatenbundes mit Serbien. Eine Regelung dieser Frage steht erst bevor.