GÖTZIS Der französischen Autorin und Schauspielerin Yasmima Reza (geb. 1959 in Paris) gelang 1994 mit dem Theaterstück „Kunst“ ein oft gespielter Welterfolg. Der wohlhabende Hautarzt Serge (Luc Feit) hat ein großes Bild gekauft; es ist schneeweiß, aber auch noch mit weißen Linien, um die Riesensumme von über 200.000 Euro… Sein Freund Marc (Leonard Lansink) ist schockiert, nennt diese Aktion Scheiße und hat keinerlei Verständnis für Serge. Auch Yvan (Heinrich Schafmeister), der eher sanfte Dritte im langjährigen Freundschaftsbund, versteht diesen Bilderkauf nicht. Man würde sich nun von Reza eigentlich geschliffene Diskussionen über die oft gelästerte „Moderne Kunst“ und deren horrende Preise und das vielfache Unverständnis von „normalen“ Betrachtern wünschen. Doch die Autorin lenkt ziemlich bald ab, es folgt eher ein langer, aufwändiger Seelenstrip der drei Männer mit etlichem hysterischem Gelächter, Schlägerei, Wut und Weinkrämpfen; das weiße Bild war nur ein Auslöser, ein Blick auf manch tiefenpsychologischen Unrat des Trios (s. Williams, Miller etc.). Rezas Stückbezeichnung „Komödie“ ist deshalb nicht zwingend. Regisseur Fred Berndt (Produktion des Euro-Studio Landgraf) setzte auf bisweilen quirliges Tempo. Das Schauspieler-Trio war exzellent – der sensible Bildkäufer Serge (Luc Feit), der attackierende, eher mürrische Marc (Leonard Lansink mit TV-bekannter „Wilsberg“-Gestik ) und der vermittelnde Yvan (Heinrich Schafmeister). Dieser populäre TV-Star brillierte sehr komödiantisch, aber etwas zu hysterisch-clownesk.
„Kunst“, ein Diskutierstück
Die Autorin Yasmina Reza regt zweifellos weltweit immer wieder zu Diskussionen über die umstrittene „Moderne Kunst“ an, die so gar nichts mehr mit den lieb gewonnenen „Alten“ Meistern zu tun hat, als man den Bildinhalt des Künstlers noch „verstand“. Nun – der berühmte Kunst-Revolutionär Marcel Duchamp (1887-1968) meinte: „Die Betrachter machen die Bilder.“ Und Meister Picasso behauptete etwa: Wir können weder einen singenden Vogel, eine Blume in ihrer Pracht oder die Nacht in ihrer Stille verstehen. „Aber wenn es um ein Bild geht, denken die Leute, sie müssen es verstehen.“ Ja, Kunst, oder was man darunter verstehen kann, und ihre Rezeption durch den Betrachter wird wohl nie zu ergründen sein. Rezas Stück animiert jedenfalls zum Weiterdenken und Diskutieren.
SCH