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Mängel in der Früherziehung

Seit März dieses Jahres liegt der Länderbericht der OECD (Europäische Organisation für Zusammenarbeit und Entwicklung) zur "Frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung vor".

Mit Spannung erwartet, fristet er seither sein Dasein versteckt in den Schubladen des Bildungsministeriums.

Dabei ist die Sache gar nicht so schlimm, Grund zur Zufriedenheit gibt es aber auch nicht, wie die Analyse von Martin Kranzl-Greinegger, der für die Fachzeitschrift „Unsere Kinder“ verantwortlich ist, zeigt. Ein eigenes Kapitel ist dabei die Situation in Vorarlberg. „Der Bericht schätzt Wert, was an mutigen Initiativen in Österreich vorhanden ist“, resümiert Martin Kranzl-Greinegger. Allerdings: Die Autoren der Studien betrachten doch erstaunt die nach wie vor starke Vermittlung des Familiensystems. Der Ansatz sei sehr konservativ. Österreich habe noch nicht kapiert, dass eine moderne Gesellschaft Frauen nicht auf das Zuhause reduziere und Männer auf den Erwerb.

Vorschule und Kindergarten sind Ländersache. Das heißt, es gibt neun verschiedene Systeme und je nachdem, in welchem Bundesland Eltern und Kinder leben, sind die Startbedingungen unterschiedlich. In Vorarlberg ist auffallend, dass es eine geringe Zahl von Kindergärten mit Dreijährigen gibt und nur wenige Tageseinrichtungen mit durchgehender Anwesenheit der Kinder. Unüblich ist die hohe Dichte an Spielgruppen. „Letzteres führt dazu, dass mehr Kinder zwischen null und drei Jahren in Betreuung sind“, erläutert Martin Kranzl-Greinegger, „es wird aber nicht erwähnt, dass diese nur zwei oder drei Vormittage und dann für etwa zwei Stunden geöffnet sind.“ Die Analyse zeigt: es gibt ein aufholbedürftiges System hinsichtlich der Quantität.

Außerdem macht es einen Unterschied, in welcher Gemeinde man lebt. In anderen Bundesländern ist das nicht so eklatant. In Wien etwa ist es problemlos möglich, Kinder außerhalb des Wohnbezirks in eine Betreuungseinrichtung zu geben. Auch die Schulsprengel sind faktisch aufgelöst.

Die OECD fordert von Österreich, mehr Geld in die Früherziehung zu stecken. Nur 0,43 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) werden für das Bildungssystem verwendet. Zum Vergleich: Frankreich, Dänemark, Schweden oder England geben dafür 3,8 Prozent des BIP aus. Die OECD fordert eine beträchtliche Steigerung des Ausgabenniveaus.

Ein weiterer Punkt betrifft die Professionalisierung und Qualität der Pädagogen. „Hinsichtlich der Bezahlung stehen sie nicht gut da“, merkt Martin Kranzl-Greinegger an. „Und anders als in anderen Ländern sind kaum Männer in diesem Bereich beschäftigt.“ Er zieht Parallelen zur Volksschule: Keine Möglichkeit für Karriere und Verdienst, deshalb uninteressant für Männer. „Eigentlich müssten die am besten ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen in der Früherziehung arbeiten. Was dort nicht geschieht in sozialer, emotionaler Kompetenz und an Lerneffekten, passiert nie wieder.“

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