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Mladic-Notizhefte aufgetaucht

Der des Genozids in Srebrenica angeklagte einstige bosnisch-serbische Militärchef Ratko Mladic befasste sich 1995 offenbar auch mit der Idee, den Bosnien-Krieg (1992-1995) auf anderen Wegen zu enden.
Dies ergibt sich aus seinen Notizheften, welche die serbischen Fahnder im letzten Dezember bei der Durchsuchung des Belgrader Familienhauses Mladic´ sicherstellten und dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im einstigen Jugoslawien zustellten. Die Belgrader Tageszeitung “Blic” bringt nun Zitate aus den Notizen Mladic´, in welche sie Einsicht bekommen hat.

“In den USA kann man einen Kongress-Mann und Senator wie einen Anwalt anheuern, damit er für dich arbeitet. Das müssen wir (tun). Wir haben dies nicht erprobt, so (wie jetzt, Anm.) kann der Krieg nicht beendet werden”, schrieb Mladic Anfang Februar 2005 in seinen Notizen über ein Gespräch mit einem in den USA lebenden bosnisch-serbischen Geschäftsmann. “Meine Frage – mit wie viel Geld kann man sie kaufen? Antwort (des bosnisch-serbischen Geschäftsmannes Branko Tupanjac): Anfänglich brauchen wir 10 Millionen Dollar.” “Wir brauchten 10 Millionen Dollar zu Beginn (des Krieges), damit konnten wir 100 bis 200 Kongress-Männer kaufen”, schrieb Mladic.

Das Gespräch drehte sich den Notizen Mladic´ zufolge auch um die Idee, die Grenzen in Bosnien-Herzegowina neu zu ziehen, und gegen Geld – die vom Haager Angeklagten angegebene Summe beläuft sich auf acht Milliarden Dollar – bosnische Serben aus den Regionen auszusiedeln, die Bosniaken und Kroaten zufallen würden. Diese würden aus den Regionen, die den Serben zufallen würden, vertrieben. “Serben würden die M. (steht für Muslime, Anm.) und Kroaten ausstäuben (Anm. vertreiben)”, schrieb Mladic. “Ich habe gerechnet, wenn man pro Kopf 15.000 Dollar bekommt – wer würde schon den Krieg führen. Einige Politiker dürften vielleicht unzufrieden sein”, steht es in den Notizen Mladic´.

Der serbische Arbeitsminister Rasim Ljajic, der in der Regierung für die Zusammenarbeit mit dem UNO-Gericht zuständig ist, bestätigte unterdessen, dass die Zitate aus den Notizheften Mladic´, welche die Belgrader Tageszeitung “Blic” veröffentlichte, seinen Erkenntnissen nach authentisch seien.

Der flüchtige Haager Angeklagte wird seit Jahren in Serbien vermutet. Bis Anfang 2006 lebte er dank eines Netzes von Helfern, die die Wohnungen, in welchen er sich versteckte, mieteten, an mehreren Adressen im Belgrader Stadtviertel Neu-Belgrad. Es ging dabei um die Wohnsiedlungen, in welchen vorwiegend einstige jugoslawische Offiziere wohnhaft sind. Die Belgrader Fahnder kamen vor drei Jahren dem damaligen Helfernetz auf die Spur. Neuere Erkenntnisse der Behörden über die Verstecke Mladic´ sind nicht bekannt. In Neu-Belgrad wurde im Vorjahr auch der einstige Präsident der Republika Srpska, Radovan Karadzic, festgenommen.

Der einstige Militärchef der bosnischen Serben wird sich vor dem Haager Gericht wegen des Massakers an rund 8.000 Einwohnern der muslimischen Enklave Srebrenica in Ost-Bosnien, aber auch wegen der fast dreijährigen Beschießung von Sarajevo zu verteidigen haben. Die einstige muslimische Enklave gehört seit dem Kriegsende der Republika Srpska an.

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