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Mit Sobotka untergehen

©APA/GEORG HOCHMUTH (Symbolbild)
Gastkommentar von Johannes Huber. Der Nationalratspräsident steht für Zustand und Zukunft der nicht mehr ganz neuen Volkspartei.

72 Prozent der Befragten erklärten jüngst bei einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts OGM für die Austria Presseagentur, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka kein Vertrauen zu schenken. Nur 16 Prozent gaben an, es zu tun. Das muss man sich einmal vorstellen: Sobotka ist eine bekannte Persönlichkeit. Seine Partei hat bei der letzten Wahl 37,5 Prozent erreicht und hält in Umfragen noch immer deutlich mehr als 20 Prozent. Das bedeutet, dass er nicht nur in der gesamten Bevölkerung unten durch ist, sondern auch bei einem erheblichen Teil der ÖVP-Anhängerschaft.

Das Problem ist, dass der 66-Jährige Nationalratspräsident kein Problembewusstsein hat: Er beschädigt das Amt und die Würde des Hohen Hauses. Er ist nicht überparteilich, sondern agiert im Sinne seiner Partei und denkt daher auch nicht im Entferntesten daran, den Vorsitz über den ÖVP-U-Ausschuss abzugeben. Selbst jetzt, da Ermittlungen wegen Amtsmissbrauch im Rahmen einer Personalentscheidung gegen ihn laufen, klammert sich an seinen Sessel. Natürlich: Es gilt die Unschuldsvermutung. Mit seiner Behauptung, dass es sich um eine politisch motivierte Angelegenheit handle, diskreditiert er jedoch die zuständige Staatsanwaltschaft. Ganz im Geiste von Ex-Kanzler und -ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Damit macht er alles nur noch viel schlimmer

Auch für seine Partei. Wobei: Sobotka steht für ihren Zustand und ihre Zukunft. Es scheint schon alles egal zu sein. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Selbst im äußersten Westen, wo Hoffnungsvolle vielleicht noch anständige Funktionäre vermutet hatten, zeigt man keinerlei Reue für die Machenschaften des Vorarlberger Wirtschaftsbundes. Inserate hatte dieser für eine Zeitschrift gekeilt und einen Teil der Erträge an die Landespartei weitergeleitet. Ein Tischlermeister behauptete dieser Woche, dass seine Innung auf „sehr penetrante Art drangsaliert“ worden sei, eine bezahlte Werbung zu schalten. Sich derlei zu entziehen, ist nicht einfach: Die ÖVP herrscht bis hinein in die Gemeinden. Unternehmen können da abhängig sein von wohlwollenden Politikern bzw. davon, bei diesen nicht in Ungnade zu fallen. Also lassen sie lieber ein paar Tausend Euro springen.

Kurz-Nachfolger Karl Nehammer setzt keinerlei Aktivitäten, in der Volkspartei aufzuräumen. Ihr Schicksal ist damit vorgezeichnet: Wenn sie nicht unverzüglich ein glaubwürdiges Paket zur Korruptionsbekämpfung präsentiert, ihre Kassen offenlegt und vor allem auch zu einem Straftatbestand illegale Parteienfinanzierung schreitet, wenn sie sich nicht von einem Mann wie Wolfgang Sobotka trennt, dann wird sie noch tiefer stürzen.

Nach unten gibt es keine Grenze. Das müsste sie wissen. 2016 erreichte ihr Kandidat bei der Bundespräsidenten-Wahl, Andreas Khol, gerade einmal 11,1 Prozent und damit Platz fünf in der Wählergunst. Nur Richard Lugner ist damals hinter ihm geblieben.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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