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Mit Sausgruber verlässt ein "Landesvater" die politische Bühne

Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber hat am Freitag mit der Ankündigung seines Rücktritts Freund und Feind überrascht. Dass der 65-Jährige nicht bis 2014 durchdienen würde, war klar - allerdings rechnete man mit seinem Abschied erst 2012 oder 2013.
Nach einer fast 40-jährigen Polit-Karriere verlässt Sausgruber seine Bühne mit viel allgemeiner Anerkennung und Respekt. Der in der Bevölkerung als “Landesvater” geltende Sausgruber gibt nun die Zügel in jüngere Hände.

Sausgruber ist beliebt

Sausgruber ist Umfragen zufolge der mit Abstand bekannteste und beliebteste Politiker im Ländle – was alles andere als Zufall ist. Werte, Denkweise und Auftreten des Landeshauptmanns scheinen zum westlichsten Bundesland zu passen: Vorarlbergs Regierungschef zeigt sich stets offen und freundlich, aber auch zurückhaltend. In der Sache ist Sausgruber durchaus hart, jedoch zu Kompromissen bereit. Seine Vision war und ist ein wirtschaftlich starkes Vorarlberg mit menschlichem Antlitz. Seine Kritiker im Ländle sprachen ihm freilich jegliche Fähigkeit zur Vision ab. Für sie war Sausgruber nicht Gestalter, sondern nur Verwalter.

Trotz aller Kritik von außen feierte Sausgruber als Parteichef und Landeshauptmann große Erfolge. Zwar musste er nach seiner ersten Landtagswahl als Spitzenkandidat 1999 den Verlust der absoluten Mehrheit hinnehmen und gemeinsam mit Hubert Gorbach regieren, bei den nächsten beiden Landeswahlen 2004 und 2009 sicherte er seiner Partei aber wieder die “Absolute”. Der Erfolg war dabei auf das Engste mit der Person von Sausgruber verbunden – angefangen vom auf ihn zugeschnittenen Wahlkampf bis hin zum Vorhaben, “jedem Vorarlberger einmal die Hand zu schütteln”.

“Politik der Mitte”

Den Kurs “seiner” ÖVP unterstrich Sausgruber stets als “Politik der Mitte” mit Schlagworten wie Familie, Eigentum, Leistung und Solidarität. Dabei konnte Sausgrubers “Mitte” mitunter einigermaßen breit sein. Sozial gab sich die Landes-ÖVP unter Sausgruber unter anderem im Kampf mit dem Bund um Pflege- und Familienleistungen oder indem sie die Tarife für Strom und öffentlichen Verkehr niedrig hielt. Als ziemlich weit rechts wurde sie hingegen von Beobachtern empfunden, als sie etwa 2008 gemeinsam mit der FPÖ ein Gesetz beschloss, das den Bau von Minaretten möglichst verhindern soll. Die Ausbootung der Vorarlberger FPÖ aus der Landesregierung infolge des “Exil-Juden”-Sagers von Parteichef Dieter Egger im Herbst 2009 sieht Sausgruber auch heute noch als richtig an (“Das würde ich wieder tun”).

In Wien ist Sausgruber für seine alemannische Liebe zu größtmöglicher Eigenständigkeit bekannt, als Verfechter der Rechte der Länder und des Subsidiaritätsprinzips. Sätze wie “Die sollen uns nicht beim Arbeiten stören, das ist, was wir von der Zentrale erwarten” fielen in beständiger Regelmäßigkeit. Im Interesse des Landes schreckte Sausgruber vor Klagen gegen den Bund nicht zurück. Als alemannische Eigenschaft gilt auch Sausgrubers tiefe Heimatverwurzelung. Ihm möglicherweise zugedachte Aufgaben in der Bundeshauptstadt hat er stets abgelehnt. Er fand sich aber regelmäßig in Verhandlungsteams der ÖVP wieder.

Landeshauptmann seit 1997

Sausgrubers Ernennung zum Landeshauptmann am 2. April 1997 war die beinahe logische Konsequenz einer politischen Bilderbuchkarriere: Seit 1972, nach seiner Promotion zum Doktor der Rechte und der Gerichtspraxis, steht Sausgruber im Landesdienst. Die politische Laufbahn begann drei Jahre später, als Sausgruber in seinem Heimatort Höchst (Bezirk Bregenz) in die Gemeindevertretung gewählt wurde.

1979 in den Vorarlberger Landtag gekommen, übernahm Sausgruber bereits 1981 das Amt des Klubobmanns der ÖVP-Fraktion. Seit Oktober 1986 ist Sausgruber Landesparteiobmann der Vorarlberger Volkspartei und hat dort das alleinige Sagen. Am 24. Oktober 1989 wurde er erstmals in die Landesregierung berufen, im Mai 1990 zum Landesstatthalter (Landeshauptmannstellvertreter) gewählt. Nach der Landtagswahl 1994 wurde er zum Nachfolger des damaligen Landeshauptmanns Martin Purtscher designiert. 1997 übernahm er den Sessel des Regierungschefs und wurde 1999, 2004 und 2009 als Landeshauptmann wiederbestellt. 2004 eroberte die ÖVP bei der Landtagswahl die fünf Jahre zuvor erstmals verlorene absolute Mandatsmehrheit zurück, 2009 wurde die “Absolute” in Stimmen und Mandaten verteidigt.

Sausgruber ist seit 1973 mit seiner Frau Ilga verheiratet, Vater zweier Söhne sowie einer Tochter sowie vierfacher Großvater. Als politisches Vorbild gibt er u.a. den Vorarlberger Alt-Landeshauptmann Ulrich Ilg an. Zum Ausgleich geht Sausgruber täglich joggen.

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