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Mit dem Fahrradtaxi durch Wien: Polizei behält die Lenker gut im Auge

Georg Bacher und sein Fahrradtaxi am Wiener Heldenplatz.
Georg Bacher und sein Fahrradtaxi am Wiener Heldenplatz. ©Georg Bacher
Seit rund zwei Jahren ist Georg Bacher als Fahrradtaxler in Wien unterwegs. Im Interview mit VIENNA.at berichtet er, mit welchen (rechtlichen) Hürden er und seine Kollegen kämpfen müssen und warum manche Menschen Hemmungen haben, sich mit einer Rikscha befördern zu lassen.

In Wien gibt es rund 5.000 Taxis, etwa 160 Fiaker und ca. 30 Fahrradtaxis. Eines davon wird (bereits seit 2012) von Georg Bacher gelenkt. Im Einzelunternehmer-Kollektiv Freie Rikscha Fahrer Wien gilt Bacher als “Pionier”, die ersten Fahrradtaxis in Wien gab es aber schon lange, bevor er sich als “Freelancer” auf diesen Markt wagte: Faxi war das erste Unternehmen in Wien, das diesen Service angeboten hat. Organisiert sind die Fahrradtaxler, auch wenn sie sich untereinander größtenteils gut kennen, offiziell nicht. Bei der Wirtschaftskammer fallen die Fahrradtaxifahrer unter “Sonstiges Gewerbe”. Einen Vorteil gibt es: Es ist nichts reguliert- ein Umstand, der die motorisierte Konkurrenz – und auch die Fiaker-Fahrer – vermutlich ärgert. “Vielleicht stört sie das, dass wir so viel dürfen”, vermutet Bacher. “Und in ihrer Vorstellung nehmen wir ihnen ja auch die Fahrgäste weg.”

“Das Fahrrad hat in Wien ein schweres Standing”

Nicht nur die Taxler und Fiaker-Fahrer beäugen die Radtaxis kritisch, sondern auch die anderen Verkehrsteilnehmer: “Das Fahrrad an sich hat bei den Wienern ein schweres Standing”, meint Georg Bacher und sieht den Grund dafür darin, dass in der Verkehrsplanung der 50er-Jahre dem Auto viel mehr Platz eingeräumt wurde. Rikschas werden im Gegensatz zu Fahrrädern  nicht zuletzt wegen ihrer Größe von Autofahrern “respektiert”. “Wenn mal gehupt wird, dann ist man auch tatsächlich im Weg”, so Bacher. Er hält in solchen Situationen an oder weicht aus. Nicht so, wenn er auf zwei Rädern unterwegs ist: “Privat” bestehe er eher auf sein Recht auf der Straße, so Bacher.

Mit 20 km/h “entspannt” durch Wien fahren

Fahrten mit der Rikscha sieht er als eine entspannte und langsame Form der Fortbewegung:  “Man nutzt den Weg – und sieht, was zu sehen ist.” Dabei bringt seine 75kg schwere Rikscha doch eine beachtliche Geschwindigkeit zusammen: Bergab ist eine Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h möglich. “So schnell fahre ich aber nicht. Das ist zu gefährlich”, sagt Bacher. Außerdem sei er “materialschonend” unterwegs. Im Schnitt mit einer Geschwindigkeit von 15 bis 20 km/h. Apropos Material: Besonders anfällig sind bei den Fahrradtaxis die Speichen. Wenn man beispielsweise auf den Bordstein fährt, kann leicht eine brechen. Und dann ist die Fahrt sofort vorbei.

Die Rikscha von Georg Bacher ist übrigens mit einem Motor ausgestattet. Dieser erledigt in etwa die Hälfte der Arbeit: Das Fahrradtaxi wird zu 50 Prozent mit Muskelkraft und zu 50 Prozent durch den Motor bewegt. “Ohne Motor würde ich es auch nicht machen. Ich bin begeisterter Radfahrer, aber ohne Motor würde ich es nicht machen”, so Bacher. Er glaubt auch, dass die Vorstellung “da muss ein Mensch ziehen” eine der Hemmschwellen ist, die manch einen von der Nutzung des Fahrradtaxis abhalten mag. Andere Gründe sind Sicherheitsbedenken und die Vorstellung, dass es teuer sei. Mit einem Lachen kann er alle drei Gründe entkräften.

Wer nutzt die Fahrradtaxis?

Bacher, der derzeit eine Ausbildung zum Fremdenführer absolviert und sein Angebot dadurch ausbauen will, bietet Personentransport und Rundfahrten an, buchen kann man telefonisch oder online, wenn man ihn nicht gerade zufällig irgendwo in der Innenstadt antrifft. Ca. 20 Stunden pro Woche ist er unterwegs, viele seiner Fahrgäste seien “Wiederholungstäter”, beteuert er. Touristen kennen Fahrradtaxis bereits aus anderen Städten und “erwarten sich auch, dass es sowas gibt in Wien”, meint er. Noch gibt es aber keinen eigenen Rad-Taxi-Standplatz (siehe unten), an dem die Fahrradtaxis regelmäßig anzutreffen sind. Ein Problem, das nicht nur den Autoren von Reiseführern Kopfzerbrechen bereitet.

Wer mit einem Fahrradtaxi fahren will, findet einen Weg. Fahrgäste aus Qatar haben Bacher zum Beispiel einmal für eine Shopping-Touren gebucht. Er strampelte sie vom Hotel zu Prada, Chanel und Dior. Oft wird er auch für Hochzeiten engagiert. Gerne erinnert er sich an eine indische Hochzeit: “Da bin ich mit der Rikscha in die Halle reingefahren. Direkt auf die Tanzfläche und habe dort ein paar Runden gedreht.” Die Gäste haben gejubelt, die Stimmung war ausgelassen.

Zu den häufigsten Strecken, die er fährt, gehören die Verbindung zum Stephansplatz zum Kunsthistorischen Museum oder vom Stephansplatz zur Hofburg. Seiner Meinung nach sind solche Streckenlängen ideal für ein Fahrradtaxi, die Nutzung für längere Distanzen empfiehlt er nicht. Es ist jedoch auch schon vorgekommen, dass Touristen Entfernungen falsch eingeschätzt haben und “schnell” zu ihrem Kreuzfahrtschiff an der Anlegestelle Nussdorf gebracht werden wollten. Da ist dann nicht nur ein bisschen Geduld gefragt, sondern die Preise verändern sich auch entsprechend. Die Bestellung pro Stunde kostet 39 Euro, für Stadtrundfahrten verlang t er 29 Euro (30 Minuten) bzw. 45 Euro (60 Minuten). Bei Kurzstrecken bis ca. zehn Minuten zahlt eine Person fünf Euro, bis ca. zwanzig Minuten neun Euro.

Polizei straft Rad-Taxler regelmäßig

Großes Problem für die Rad-Taxler: In der Fußgängerzone dürfen die Fahrradtaxis nicht stehenbleiben. Genau dort, um noch genauer zu sein rund um den Stephansplatz, finden sie aber die meisten Kunden. Das Warten auf den Fahrgast gehört zum Geschäft dazu, wird aber erschwert, da es ständig Strafen von der Polizei gebe. 36 Euro kostet es, wenn man beim Stehen in der FuZo erwischt wird. Theoretisch wäre es möglich, schiebend auf Kundschaft zu warten, aber auch in Bewegung ist es schon zu Ermahnungen und Strafen gekommen. Eine Lösung müsse gefunden werden, “damit wir uns mehr auf unseren Job und die Fahrgäste konzentrieren können und nicht immer Strafen befürchten müssen”, findet Bacher. “Eine Interessensvertretung wäre gut”, meint er und hofft, dass es in Wien irgendwann einen offiziellen Standplatz für Rikschas gibt – am liebsten am Stephansplatz. Angedacht war übrigens ein fixer Standplatz im Rahmen der Umgestaltung der Mariahilfer Straße – umgesetzt wird dies jedoch vorerst nicht

Bei einem anderen Thema wird jedoch ein Auge zugedrückt: Fahrradtaxis gelten laut §2 Fahrradverordnung als mehrspurige Fahrräder. Nur bis zu einer Breite von 80cm darf man damit einen Fahrradweg benutzen. Bachers Fahrradtaxi ist knapp über einen Meter breit. Er bevorzugt den Radweg, ist nicht gerne auf der Straße unterwegs. Insbesondere am Ring oder am Gürtel, aber nicht nur: “Die Simmeringer Hauptstraße ist zwischen  17 und 19 Uhr kein Vergnügen”, meint er lachend. Die Wiener Polizei strafe die Fahrrad-Taxler nicht, wenn sie auf Radwegen unterwegs sind. In diesem Fall ist anscheinend allen Beteiligten klar, dass es an manchen Stellen in der Stadt die größere Strafe für alle Verkehrsteilnehmer wäre, wenn die Rad-Taxler sich ans Gesetz halten und ausschließlich auf der Straße radeln würden.

Mehr Infos zum Thema Fahrrad fahren in Wien finden Sie hier.
(SVA)

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