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Misshandlungsverdacht nach Fenstersturz von zehnjährigem Mädchen

Eine Verzweiflungstat steckt offenbar hinter dem Sturz eines zehnjährigen Mädchens aus dem Fenster eines Wiener Wohnhauses am Samstag. Ein Passant entdeckte das am Sims im dritten Stock hängende Kind und konnte es gemeinsam mit einem Polizisten noch rechtzeitig auffangen.

Das im Appartement der Mutter alleine eingesperrte Mädchen aus Bulgarin wollte laut Polizei flüchten. “Sie wollte aus der Wohnung, weil sie von der Mutter misshandelt wurde”, erzählte sie den Beamten nach ihrer Rettung.

Eine Ärztin entdeckte am Körper der Zehnjährigen ältere Hämatome, die auf “eine in den letzten Tagen mehrfach durchgeführte Misshandlung” hindeuten, sagte Oberstleutnant Knut Pewal, Leiter des Kriminalkommissariats Mitte, am Montag zur APA. Das Krisenzentrum des Jugendamts hat der Familie aus Bulgarien noch am Samstag das Sorgerecht entzogen.

Der Verdacht werde überprüft. “Den kann man im Moment nicht dementieren, aber auch nicht bestätigen”, so Jugendamtssprecherin Gabriele Ziering zur APA. Das Mädchen soll diese Woche voraussichtlich noch im Krankenhaus bleiben, damit die Ärzte die Verletzungen genau ansehen und feststelle können, woher sie tatsächlich stammen. Die Mutter hatte wildes Spielen der Kleinen als Ursache angegeben.

Laut den bisherigen Ermittlungen dürfte die Mutter das Mädchen allerdings mehrmals misshandelt haben, auch der Onkel soll laut Aussagen des Mädchens involviert sein. Die Beschuldigten dementieren die Vorwürfe. Ihr sei “nur ab und zu die Hand ausgerutscht”, erklärte die Mutter der Polizei. Der 15-jährige Halbbruder der Frau bestreit das Kind geschlagen zu haben.

Beide werden wegen Quälens oder Vernachlässigens von Kindern und wehrlosen Personen angezeigt, so Pewal. Das Jugendamt untersucht derzeit die familiäre Situation der Zehnjährigen und deren Vorgeschichte. “Wir sind in Kontakt mit der Mutter”, so Ziering. Das geschwisterlose Mädchen selbst werde im Spital von einer Psychologin betreut.

Bei dem Sturz aus dem Fenster wurde die kleine Bulgarin zum Glück nur leicht verletzt, sie erlitt Prellungen am linken Arm und eine leichte Gehirnerschütterung. Der 15-jährige Halbbruder ihrer Mutter, der während der Arbeitszeit der Frau auf das Mädchen aufpassen sollte, hatte das Kind gegen 8.00 Uhr schlafend in der Wohnung in der Rainergasse in Wien-Wieden eingesperrt. Er wollte seine Halbschwester besuchen und verließ ohne seiner Nichte etwas zu sagen das Appartement.

Knapp drei Stunden später entdeckte ein Passant die schreiende Zehnjährige am Fenster hängend. Das Mädchen versuchte vergeblich zurück in die Wohnung zu klettern. Der Mann holte einen Polizisten zu Hilfe, beim Auffangen des Kindes erlitt er selbst Prellungen.

Nach dem Vorfall habe das Krisenzentrum des Amts den Eltern kurzfristig das Sorgerecht entzogen, so Ziering. Dies geschehe dann, “wenn man vermuten kann, dass es zu Hause zu einer Gefahr kommen könnte”. Genau untersucht wird vom Jugendamt auch der Fenstersturz: “Ein Kind einsperren ist eigentlich ein Wahnsinn”, urteilte die Sprecherin. “Was ist, wenn es brennt.” Die Mutter und ihr Halbbruder wurden laut Polizei auch wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht und Freiheitsentziehung angezeigt.

Zu ihrer Familie darf die Kleine nicht zurückkehren, solange das Jugendamt den Misshandlungsverdacht überprüft. “In dieser Zeit wird sie sicher nicht nach Hause gehen”, so Ziering. Werde sie aus dem Krankenhaus entlassen, übernehme ein Krisenzentrum vorläufig die Obsorge. Bisher hatte die Familie keinen Kontakt zum Jugendamt, die Zehnjährige und der Halbbruder der Mutter befinden sich laut Polizei erst seit fünf Monaten in Österreich. Die Mutter arbeitet bereits seit acht Jahren hier.

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