Seine Gegner in Serbien betrachten den 1941 im ostserbischen Pozarevac geborenen Milosevic auch als wahren Vater der im Vorjahr ausgerufenen Unabhängigkeit des Kosovo, was nach dem blutigen Krieg (1998-99) und dem Sturz seines Regimes ein Jahr später nicht mehr vermieden werden konnte.
In punkto Milosevic ist Serbien ein gespaltenes Land. Eine klare Distanzierung von seinem Regime und die ihm angelasteten Kriegsverbrechen ist nie erfolgt. Die Anhänger Milosevics in Belgrad, darunter auch Spitzenfunktionäre der seit knapp einem Jahr in Belgrad wieder mitregierenden Sozialistischen Partei (SPS), bestreiten nach wie vor entschieden jegliche Verantwortung des Ex-Präsidenten für den Zerfall Ex-Jugoslawiens und die darauffolgenden blutigen Balkankriege. Argumente für diese These finden sie unter anderem in der Tatsache, dass in dem zwischen 2002 und 2006 vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal gegen Milosevic laufenden Marathon-Prozess wegen Kriegsverbrechen in Kroatien, Bosnien und dem Kosovo kein Urteil verkündet wurde. Das Gerichtsverfahren wurde nach dem Tod des Haager Angeklagten in seiner Gefängniszelle nämlich eingestellt. Milosevic sei unschuldig, lautet die Devise seiner Fans.
“Slobodan Milosevic, ein Held unter den Helden, hat gezeigt, wie die Ehre des eigenen Landes und Volkes zu verteidigen ist. (…) Er kämpfte um die Wahrheit. Die Geschichte wird zeigen, dass Milosevic recht hatte”, sinnierte kürzlich wieder einmal Milutin Mrkonjic, einer seiner feurigsten Anhänger. Die Äußerung des derzeitigen Infrastrukturministers löste bei NGOs und kleineren Oppositionsparteien Unmut aus. Premier Mirko Cvetkovic meldete sich nicht zu Wort. Auch die Regierung distanzierte sich nicht vom Standpunkt ihres Mitgliedes. Denn ohne die Sozialisten ist in Serbien zur Zeit gar keine einigermaßen prowestliche Regierung möglich.
Die Grabstätte Milosevics im Garten seines seit Jahren leerstehenden Familienhauses in Pozarevac haben außer Mrkonjic heute, Mittwoch, auch Bildungsminister Zarko Obradovic sowie Energieminister Petar Skundric besucht. Eingetroffen sind auch Dutzende weniger bekannte, meist ältere Bewunderer aus dem ganzen Land. Die Sozialisten haben sie mit 15 organisierten Bussen anreisen lassen.
Die engsten Familienangehörigen Milosevics waren auch am Mittwoch nicht an der Grabstätte. Frau Mira Markovic und Sohn Marko leben seit Jahren in Moskau, wo sie vor drei Jahren auch russisches Asyl erhalten haben. In Serbien werden die beiden mittlerweile nur noch wegen Kleindelikte gesucht. Der Verdacht, dass Milosevics Frau hinter noch immer nicht aufgeklärten Morden an politischen Gegnern ihres Mannes in den späten 90er Jahren stecken dürfte, wurde nie fallengelassen. Eine Anklage gab es aber nie. Milosevics Tochter Marija war gleich nach der Festnahme ihres Vaters am 1. April 2001 nach Montenegro umgesiedelt. Sie soll Milosevic nie verziehen haben, dass er sich hatte festnehmen lassen. Denn die Tochter hatte ihn noch kurz vor der Festnahme auf äußerst dramatische Weise aufgefordert, sich zu erschießen.
Vor einem Belgrader Gericht läuft seit einigen Monaten ein Verfahren wegen eines Hauses Milosevics in einem noblen Belgrader Stadtviertel. Dieses hatte er inmitten der NATO-Luftangriffe auf die damalige Bundesrepublik Jugoslawien, im Frühjahr 1999, zum Spottpreis von umgerechnet 1.000 Euro gesetzeswidrig erworben.