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Millionen-Deal im Bregenzerwald: Umstrittener estnischer Investor kauft sich in Schröcken ein

Estnischer Geschäftsmann mit guten Verbindungen nach Moskau
Estnischer Geschäftsmann mit guten Verbindungen nach Moskau ©VN | Canva
Ein Geschäftsmann aus Estland kauft mehrere Luxusapartments in einem Schröckener Großprojekt. Was wie ein gewöhnlicher Immobilientransfer wirkt, führt bei genauerem Hinsehen in die Nähe russischer Staatsbanken, dubioser Technologieexporte – und eines Korruptionsfalls mit Geheimdienstbezug.

Es hätte ein Vorzeigeprojekt werden sollen. Vollmundig wurde von den Initiatoren ein „Meilenstein im regionalen Tourismus“ versprochen. Auf dem Gelände des ehemaligen Hotels Widderstein sollte binnen drei Jahren eine Ferienanlage mit über 50 Apartments und einem Hotel mit mehr als 130 Zimmern entstehen. Gesamtvolumen: Rund 60 Millionen Euro.

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Das war im September 2018. Sieben Jahre später ist davon wenig geblieben. Im Gegenteil: Das ambitionierte Vorhaben geriet rasch ins Stocken. Der ursprünglich geplante Eröffnungstermin zur Wintersaison 2021/22 verstrich, die Bauarbeiten zogen sich hin – und die Gemeinde Schröcken beklagte zunehmend mangelnde Transparenz seitens der Betreibergesellschaft. Beim zentralen Hotel- und Gastronomiebereich wurde der Bau gestoppt. Aktuell wird dieser Gebäudeteil zum Verkauf angeboten. Eine Fertigstellung wäre, falls rasch ein Käufer gefunden wird, wohl frühestens 2028 realistisch.

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Käufer mit fragwürdiger Vergangenheit

Veräußert wurden lediglich die Luxus-Appartements. Unter den neuen Eigentümern: teils ausländische Investoren mit fragwürdigem Ruf, wie aktuelle Recherchen im Grundbuch zeigen.

In Schröcken groß investiert hat ein Unternehmer aus Estland, dessen Name im Zusammenhang mit einem russischen Korruptionsfall auftaucht. Der Käufer von fünf Luxusappartements für fünf Millionen Euro war im europäischen Finanzwesen tätig. Seine Bankkarriere endete allerdings abrupt. 2011 wurde der Mann in Estland wegen Beihilfe zur Bestechung verurteilt. Laut Transparency International und führenden estnischen Medien agierte er als Mittelsmann für die russische Staatsbank "Bank of Moscow". Für einen sechsstelligen Euro-Betrag sollten einem estnischen Geheimdienstmitarbeiter demnach sensible Bankdaten entlockt werden. Die Justiz sah den Versuch der Einflussnahme auf den estnischen Bankensektor jedenfalls als erwiesen an. Auf VN-Anfrage bestätigt der Investor die Vorgänge im Wesentlichen, verweist aber darauf, dass er „die Angelegenheit mittlerweile als abgeschlossen“ betrachte.

In dieses Objekt (hier ein Rendering) investierte der estnische Ex-Banker ©Arlberg Alpin Apart Plus Errichtergesellschaft mbH

Wieder in den Schlagzeilen

Schlagzeilen machte der Käufer auch in jüngerer Vergangenheit. Eine von ihm kontrollierte Firma mit Sitz in Estland spielte laut einer Investigativrecherche des öffentlich-rechtlichen litauischen Senders LRT eine zentrale Rolle bei der Organisation von mehr als 60 Technologielieferungen nach Russland in den Jahren 2022 und 2023 – und dies trotz EU-Sanktionen. Bei den exportierten Wasserfiltrationssystemen handelte es sich demnach um sogenannte Dual-Use-Güter, die auch militärisch genutzt werden könnten.

Gegenüber den VN widerspricht der Investor der medialen Darstellung in seiner Heimat. Man habe sich stets an geltendes EU-Recht gehalten und weder er noch sein Unternehmen würden strafrechtlich verfolgt. Vielmehr kooperiere man vollumfänglich mit den Behörden, aber ausschließlich im Status eines Zeugen. Zudem habe man Ausfuhren nach Russland mittlerweile aus strategischen Gründen vollständig eingestellt.

Zu seinen Absichten mit dem Immobilienkauf in Schröcken erklärte der Este auf VN-Anfrage, man habe gezielt nach alpinen Standorten mit Entwicklungspotenzial gesucht – besonders solchen, die noch nicht überbewertet seien. Die Apartments in Schröcken sollen künftig touristisch vermietet werden, vor allem während der Skisaison. "Derzeit handelt es sich um unser erstes und einziges Investment in Österreich. Langfristig hoffen wir, unser Immobilienportfolio in der Region schrittweise auszubauen", so der Investor.

Gemeinde: Keinen Einfluss auf Käufer

In Schröcken selbst ist von alldem wenig bekannt. Auf Anfrage der Vorarlberger Nachrichten teilte Bürgermeister Stephan Schwarzmann aus Schröcken mit, dass die Verkaufsabwicklung der Apartments ausschließlich über den privaten Projektbetreiber laufe. Die Gemeinde habe keinen Einfluss auf die Auswahl der Käufer und sei über deren wirtschaftliche Hintergründe nicht informiert.

Bürgermeister Stephan Schwarzmann ©VN/Lerch, Strauß

Das Apartmentkonzept von "The Heimat" richtet sich ausdrücklich auch an Kapitalanleger. Neben reinen Zweitwohnsitzen werden sogenannte "Investorenwohnungen mit Eigennutzung" sowie Apartments mit "Ferienwohnungswidmung" angeboten. Je nach Modell sind Eigennutzung von sechs bis acht Wochen pro Jahr möglich, der Rest wird durch einen professionellen Betreiber touristisch vermarktet – inklusive Renditeversprechen und Full-Service-Angebot.

Hoffen auf rasche Lösung für Hotelbereich

Besonders wichtig ist der Gemeinde laut Schwarzmann eine rasche Lösung für den Hotel- und Gastronomiebereich, der sich noch immer in der Ausbauphase befindet. Der Bau dieser touristischen Infrastruktur war von Anfang an ein verbindlicher Teil des Gesamtdeals. Die Genehmigung der Apartments sei nur unter der Voraussetzung erfolgt, dass auch Hotelbetten und Gastronomie für Tagesgäste realisiert werden. Entsprechend drängt man auf zügige Verkaufsverhandlungen – aktuell gibt es jedoch keine konkreten Interessenten. Selbst bei einem baldigen Eigentümerwechsel sei mit einer Inbetriebnahme vor 2028 kaum zu rechnen.

Das Vertrauen in großvolumige Investorenprojekte ist in Schröcken inzwischen deutlich gesunken – diese Modelle werde heute nicht mehr verfolgt, so der Bürgermeister.

(VOL.AT)

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