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Michael Walchhofer: "Rücktritt wäre einfachste Lösung"

Skirennläufer Michael Walchhofer hat die Enttäuschung nach der Olympia-Abfahrt, in der er nur Zehnter geworden war, schnell verdaut. Der Salzburger bestreitet am Freitag mit dem Super-G seinen zweiten Bewerb bei den Olympischen Spielen in Kanada und hat da von der Papierform her sogar die größere Chance auf eine Medaille als in der Abfahrt. Der 34-Jährige über Rücktrittsgedanken, seine Motivation und Ziele.

Frage: Haben Sie den Schock nach der Abfahrt schon verdaut?
Walchhofer: “Ja, es ist relativ schnell gegangen. Sicher, im Ziel war ich natürlich schon enttäuscht. Das ist eine Fahrt gewesen, auf die ich schon im Sommer hingearbeitet habe. Und dann hat es einfach nicht funktioniert, es hat nicht gepasst. Wichtig ist, dass man so was gleich wegsteckt und wieder nach vorne schaut. Ein Sportler muss sich immer gleich wieder aufrichten und schauen, dass er sofort das Kommende angeht.”

Frage: Bei wem haben Sie Trost gefunden?
Walchhofer: “Trösten in dem Sinn hat es nicht gebraucht, es ist das Umfeld genauso enttäuscht gewesen wie ich. Es ist nicht nur der Sportler allein, der hart daran arbeitet, sondern auch die ganzen Trainer und Serviceleute, und alle waren natürlich schon ein bisserl enttäuscht. Aber alle sind wir es auch gewöhnt, dass wir eigentlich wieder nach vorne schauen müssen. Die Familie hat es nicht so tragisch genommen, es ist wichtig für einen Sportler, wenn man eine Familie hat, und die nicht so große Erwartungen in einen hat.”

Frage: Wie wichtig war es, die Fahrt zu analysieren?
Walchhofer: “Das hat mich auf jeden Fall interessiert, wie das zustande gekommen ist. Das Gefühl hat mich nicht getrügt. Mir hat gleich jeder gesagt, dass ich oben eh noch schnell gewesen bin. Aber mein Gefühl hat mir was anderes gezeigt, und das war ja dann in der Analyse zu sehen. Es ist vom Start weg schon nicht ganz optimal gelaufen, das hat sich leider so ins Ziel runtergezogen. Ich bin von oben bis unten nicht wirklich genial gefahren.”

Frage: Im Ziel äußerten Sie Rücktrittsgedanken. Wo stehen Sie jetzt?
Walchhofer: “Wenn man so gefragt wird, ob man es jetzt lässt, hat man schon oft den kurzen Gedanken, dass es ja am praktischsten wäre, wenn man jetzt den Hut auf das Ganze draufhaut und zurücktritt. Aber der Typ bin ich doch nicht. Ich möchte schon immer wieder versuchen, nach vorne zu schauen und es wieder besser zu machen. Ein Rücktritt wäre die einfachste Lösung.”

Frage: Sie führen im Super-G-Weltcup und haben ein Rennen gewonnen…
Walchhofer: “… ja, auf dem Papier bin ich sicher im Super-G ein Favorit, aber die Erwartungen sind von vorne herein im Super-G eher gedämpfter gegenüber der Abfahrt. In der Abfahrt habe ich mir sicher sehr, sehr viel ausgerechnet und es ist nichts gegangen. Im Super-G rechne ich mir eigentlich nicht so viel aus, vielleicht geht dann was.”

Frage: Wieso waren die Erwartungen in der Abfahrt größer als im Super-G, obwohl die Saisonergebnisse was anderes zeigten?
 Walchhofer: “Ich bin ein ausgezeichneter Abfahrer. Ich habe das im Training gezeigt, dass ich immer um den Sieg mitfahren kann. Und auch im Weltcup sind die Hoffnungen schon in der Abfahrt gelegen. Es hat
nicht zu hundert Prozent funktioniert. Im Super-G eben schon – aber überraschenderweise natürlich.”

Frage: Auch wenn Sie die Abfahrt priorisieren, eine Super-G-Medaille darf es doch auch sein, oder?
 Walchofer: “Auf jeden Fall, ja. Positiv ist, dass ich in der Abfahrt eigentlich auch immer schon die erste Fahrt super hinbekommen habe (Training/Anm.). Das zeichnet mich heuer sicher aus, dass ich das Gelände sehr gut lese und auf Anhieb meistens eine passable Fahrt hinbekomme. Das ist im Super-G auch sehr wichtig. Aber trotzdem, mein Steckenpferd ist die Abfahrt. Dadurch sind wahrscheinlich auch Hoffnung, Erwartung und Druck größer gewesen.”

Frage: Was werden Sie im Super-G anders machen als in der Abfahrt?
Walchhofer: “Wichtig ist sicher für mich, dass ich lockerer herangehe an das Ganze. In der Abfahrt habe ich es natürlich ein bisserl erzwingen wollen. Es hätte vielleicht auch eine Silbermedaille nicht gereicht. Ich habe eigentlich gewinnen müssen, und so was funktioniert einfach nicht.”

Frage: Ist der Druck nun noch größer geworden?
Walchhofer: “Anders auf jeden Fall und kleiner nicht. Wenn du eine Medaille machst in der Abfahrt, dann bist du schon viel entspannter, gelöster. Alle sind wir zufriedener. Von dem her wäre es schon viel
einfacher gewesen.”

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