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Michael Schade im Konzerthaus

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Es braucht keine stundenlangen Opernaufführungen, um alle Facetten des Lebens auf die Bühne zu bringen - wo wäre dies zutreffender als bei einem gelungenen Liederabend.

Michael Schade erfüllte am Dienstagabend jede Hoffnung, die das verzückte Publikum im prall gefüllten Mozartsaal im Wiener Konzerthaus an ihn gestellt hatte. Nach einem innig-miniaturisierten Konzert zwischen Liebesleid und Alterssorge, zwischen Mondnacht und Waldesgespräch gratulierte Schade dem Publikum dazu, dass es sich dem Liederabend-Publikumsschwund anderer Städten nicht anschloss, und rief, wie zum Trotz, in den Raum: “Das Lied ist nicht tot”.

Mit vergleichsweise hartem Klang am Steinway regte Malcolm Martineau zwar zum Sinnieren über den bevorstehenden Bösendorfer-Verkauf und die Diskussion über Klangeigenschaften verschiedener Pianofirmen an. Doch sonst gehörte der Abend ganz Schade: Der Tenor glänzte durch Liebe zum stimmlichen Detail und jenes Maß an schauspielerischer Feinarbeit, das jedes Lied erst zu einem abgeschlossenen Minidrama formt.

Ausgewählt hatte Schade eine Abfolge von Beethoven über Mozart bis Schumann, von Strauss bis Brahms. Die schöne Selektion mit einigen auch untypischen Highlights sorgte immer wieder für hinreißende Momente, und es begeisterte, mit welcher Hingabe und welchem augenzwinkernden Humor sich Schade dem Stoff widmete.

Doch bei aller Zustimmung: Der emotionale Gehalt der Lieder hat trotz der zeitlosen Allgemeingültigkeit von Liebe, Eifersucht, Hass natürlich doch etwas Überwutzeltes, nicht gerade Heutiges, darüber täuscht keine noch so gute Darbietung hinweg. Das Lied selbst war gestern, als Gegenprogramm zur übertriebenen Emotion der täglichen Arbeitshektik und als filigranes Kontra zum allgegenwärtigen Haudrauf-Humor, höchst lebendig. Das war nach rund zwei Stunden, mehreren Zugaben und dem euphorischen Applaus klar. Wenn man die Altersstruktur des Publikums betrachtet hat, fragt man sich jedoch, wie lange noch.

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