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Messie-Tagung in Wien

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Die Sigmund Freud Privatuniversität arbeitet an einem Messy-House-Index: Alleine in Österreich leben etwa 30.000 Menschen in vermüllten Wohnungen.

30.000 Menschen in Österreich leiden Schätzungen zufolge am Messie-Phänomen. Betroffene überfüllen ihre Wohnung mit Gegenständen – Zeitungen, Müll oder Sammlerstücken – bis sie sich kaum mehr bewegen können. Die zweite deutschsprachige Messie-Tagung am 9. und 10. November in der Wiener Sigmund Freud Privatuniversität versucht der psychischen Störung auf den Grund zu gehen. Man befinde sich nach wie vor in der Erkundungsphase der Erkrankung, so Rektor Alfred Pritz zur APA.

Nach wie vor sei kein spezifischer Auslöser bekannt, so Pritz. Ziel der Forschungen sei daher auch die Abgrenzung von anderen Erkrankungen. Das bisherige Ergebnis: Das Messie-Leiden hat sehr wohl eine eigenständige Struktur, gekennzeichnet durch Verlustängste, oft auch depressive und zwanghafte Impulse. Gearbeitet wird an der Privatuniversität derzeit unter anderem an einem Messy-House-Index, bei dem eine Bewertungsmethode für den Zustand von vollgeräumten Wohnungen gefunden werden soll.

Messies sammeln in der Regel wertlose Dinge und leiden dann darunter, dass sie diese nicht wegwerfen können, erklärte Pritz. Viele sammeln Zeitungen, es gebe aber auch Betroffene die Gitarren oder Glaskugeln anhäufen. Virtuelle Messies wiederum können sich nicht von SMS oder E-Mails trennen. Noch relativ unbekannt sei das sogenannte „Animal-Hoarding“, das Horten von Tieren. Dabei gebe es Fälle, wo in einem Bauernhof an die 60 Hunde und 40 Katzen gefunden werden, berichtete der Rektor. Entdeckt werden diese Vorkommnisse meist nur dann, wenn die Polizei bzw. das Veterinäramt einschreite.

Bei der Behandlung sei mittlerweile klar, dass es keine allgemeingültige Therapie gebe, betonte Pritz. Jeder Messie habe seine eigene Geschichte, daher gehe die Hilfe individuell zugeschnitten von einem einfachen „Ich helf’ dir aufräumen“ bis hin zu Gruppentherapien und Selbsthilfegruppen. Das Schlimmste sei, dass Betroffene sozial verarmen und aus Scham niemanden mehr in ihre Wohnung lassen.

Auch mit Angehörigen von Betroffenen beschäftigt sich die Tagung. „Am schwierigsten haben es natürlich die, die Partner haben“, erzählte Robert Gruber, der eine diesbezügliche Selbsthilfegruppe der Universität leitet. Eine Patentlösung gebe es nicht, jedes Paar müsse seinen eigenen Weg finden, so Gruber. Funktionieren könne beispielsweise das Überlassen eines Raums, in der der Messie tun und lassen könne was er wolle. Die Partnerin müsse sich darum kümmern, dass das „Problem“ nicht auf die restliche Wohnung ausufere.

Wichtig für die Behandlung sei auf jeden Fall eine Krankheitseinsicht, betonte Gruber. Dies sei aber oft schwierig, da Betroffene sich in ihrem Chaos meist wohl fühlen würden. Eine Möglichkeit, die derzeit gerade getestet werde, sei die Konfrontation mit anderen Messie-Wohnungen.

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