“Warum sollte Kroatien gegenüber Slowenien nachgeben? Kroatien kann so lange auf den EU-Beitritt warten, wie es nötig ist”, sagte der kroatische Präsident Stjepan Mesic am Montagabend in einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen slowenischen Fernsehsender RTV Slovenija. Mesic äußerte sich, nachdem immer mehr EU-Politiker Kroatien zum Einlenken in dem Konflikt aufgerufen hatten.
Der kroatische Präsident warf dem Nachbarland vor, sich vor einem internationalen Schiedsspruch im Grenzstreit zu fürchten und erteilte einer Konfliktlösung durch den von der EU-Kommission vorgeschlagenen internationalen Weisenrat eine Absage. Ein “Politiker der allgemeinen Praxis” könne die Fakten im Grenzstreit nicht feststellen, sagte Mesic in Anspielung auf den finnischen Ex-Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari, der den Weisenrat anführen soll. “Wir haben solche Politiker der allgemeinen Praxis auf der einen und auf der anderen Seite. Wir brauchen nicht noch einen davon”, betonte Mesic. Der Weisenrat solle nur die Richtung hin zu einem Schiedsspruch im Grenzstreit weisen, nicht aber den Konflikt an sich lösen.
Wenn Slowenien einem internationalen Gericht nicht vertraue, dann solle man den Konflikt einfach auf Eis legen. “Soll ihn jemand nach uns lösen. Es hat keinen Sinn, Druck auf Kroatien auszuüben, damit es etwas akzeptiert, was nicht auf dem Völkerrecht beruht”, betonte Mesic. Dagegen sagte der slowenische Außenminister Samuel Zbogar in der Sendung, dass EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn den von ihm vorgeschlagenen Weisenrat keineswegs nur als Wegweiser zu einem Schiedsspruch sehe. Die EU-Außenminister unterstützten Rehns Vorschlag, weil sie eine rasche Lösung des Grenzkonflikts wünschen, sagte Zbogar.
Die beiden Staaten streiten seit der Loslösung von Belgrad im Jahr 1991 über die gemeinsame Grenze. Wichtigster Zankapfel ist die Adria-Bucht von Piran, die in Jugoslawien zur Gänze unter slowenischer Kontrolle stand. Kroatien beansprucht unter Berufung auf die UNO-Seerechtskonvention jedoch die Hälfte der Bucht für sich. Ljubljana wirft Zagreb auch vor, im Fall der Landgrenze den Status Quo des Jahres 1991 einseitig zu seinen Gunsten verändert zu haben. Nicht verschmerzt hat Slowenien, dass Kroatien im Jahr 2001 von einem fertig ausverhandelten Grenzabkommen wieder zurückgetreten ist. Als Zagreb der EU Dokumente präsentierte, in denen die umstrittenen Grenzgebiete als kroatisch auswies, legte Slowenien ein Veto gegen die EU-Beitrittsverhandlungen ein.
Indes nimmt innerhalb der EU der Druck auf Kroatien zu. So rief der deutsche Christdemokrat Elmar Brok Zagreb zur Einlenken auf. “Vielleicht hat Kroatien im Konflikt mit Slowenien Recht, aber Sloweniens Veto steht über dem”, sagte der einflussreiche EU-Abgeordnete nach Angaben von RTV Slovenija und der Zagreber Tageszeitung “Jutarnji list”. Solange sich Zagreb nicht mit Ljubljana verständige, werde es seine EU-Beitrittsverhandlungen nicht fortsetzen können, so Brok.
Kritische Worte fand auch der als Kroatien-freundlich geltende SPÖ-Europaabgeordnete Hannes Swoboda. Der Kroatien-Berichterstatter des Europaparlaments sagte RTV Slovenija, dass Zagreb auf seinem Weg in die EU viel mehr Probleme lösen müsse als den Grenzstreit mit Slowenien, etwa im Bereich der Zusammenarbeit mit dem Haager UNO-Tribunal oder dem Kampf gegen Korruption und Kriminalität. “Einige in Kroatien glauben aber, dass nur der Streit mit Slowenien den weiteren Fortschritt (Zagrebs in den EU-Verhandlungen) blockiert”, sagte Swoboda.