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Meinl-Reisinger kritisiert "Raushalte-Verständnis" von Neutralität

Außenministerin Meinl-Reisinger bei der UN-Generalversammlung.
Außenministerin Meinl-Reisinger bei der UN-Generalversammlung. ©APA/AFP/CHARLY TRIBALLEAU (Archivbild)
Außenministerin Meinl-Reisinger erinnerte bei einer Podiumsdiskussion in Wien an Österreichs Beistandspflicht innerhalb der EU und warnte vor Russlands "hybrider Kriegsführung" durch Desinformation und Propaganda.
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Der Vertrag von Lissabon schreibt in Artikel 42 (7) vor, dass im Falle eines bewaffneten Angriffs auf ein EU-Mitglied alle anderen Staaten der Europäischen Union Beistand leisten müssen, so Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) am Montagabend in einer Podiumsdiskussion in Wien. Allerdings bleibt offen, in welcher Form dieser Beistand erfolgt, erklärte sie im Hinblick auf die österreichische Neutralität.

Meinl-Reisinger: Sicherheitspolitische Diskussionen werden sofort auf NATO-Beitritt reduziert

Meinl-Reisinger wurde im Bruno-Kreisky-Forum für den Internationalen Dialog von den Journalisten Raimund Löw und Cathrin Kahlweit zu verschiedenen Themen der Außenpolitik befragt. Die liberale Politikerin übte dabei Kritik an einem "Raushalte-Verständnis" von Neutralität - selbst in Fällen, wo ein "eklatanter Bruch der UN-Charta" vorliegt, wie etwa im Fall des Angriffs Russlands auf die Ukraine. Bezüglich der Frage eines Beitritts zum Nordatlantikpakt NATO, ähnlich wie die ehemaligen neutralen Länder Schweden und Finnland, erinnerte Meinl-Reisinger daran, dass "die Österreicher diesen Beitritt nicht wünschen". Gleichzeitig beklagte sie, dass in Österreich sicherheitspolitische Diskussionen sofort auf "Beitritt zur NATO Ja oder Nein oder Neutralität Ja oder Nein" reduziert würden.

Die Ministerin verwies in Bezug auf die NATO auch ein die "Brüchigkeit" bisheriger Sicherheiten angesichts der Politik von US-Präsident Donald Trump: "Eine Sache ist bei Trump sicher, dass vieles unsicher bleiben wird." Gleichzeitig habe der US-Präsident aber auch "einen Punkt, wenn es um die NATO geht, wenn es um Europa geht", meinte sie. Die Europäer könnten sich nicht "immer sagen, die USA werden sich schon um unsere Angelegenheiten kümmern": "Ich glaube, wir müssen schon aufwachen in Europa." Sie zeigte sich gleichzeitig zuversichtlich, dass die Risse zwischen den USA und Europa gekittet werden können: "Letztlich wird man draufkommen, dass wir viel mehr gemeinsame Interessen haben."

"Hybride Kriegsführung" Russlands durch Desinformation

Zur Desinformation und Propaganda Russlands betonte die Ministerin: "Der größte Fehler ist es, nicht dagegenzuhalten." Als Beispiel verwies sie etwa die wiederholten Attacken und Drohungen des russischen Ex-Präsidenten Dmitri Medwedew. Dieser hatte etwa Aussagen von ihr zum Anlass genommen, um Österreich im Falle eines NATO-Beitritts mit militärischer Gewalt zu drohen. "Das ist Teil einer hybriden Kriegsführung", stellte Meinl-Reisinger klar, es gehe nicht um ihre Person. Österreich sei "ein totaler Hub russischer Informationsmanipulation, weil wir auch so willfährige Propagandagehilfen haben", beklagte sie. Sie äußerte in diesem Zusammenhang den Wunsch, dass im Außenministerium ein Social-Media-Monitoring eingeführt werden sollte, um zu sehen, "was gerade an Narrativen unterwegs ist". Da müsse man "mit der Zeit gehen".

Palästina anerkennen, "sobald es Prozess zur Staatlichkeit gibt"

Zum Thema Nahost und Gaza-Krieg unterstrich die Ministerin, dass auf der Seite Israels zu stehen nicht das Gleiche bedeute, wie auf der Seite der israelischen Regierung. Die Sanktionsdiskussion in der EU habe die Position Europas in der Region eher geschwächt, gab sie zu bedenken. Österreich habe hingegen durch seine Positionierung erreicht, dass ihm in Israel "noch zugehört" werde. Zum Thema der Anerkennung eines Staates Palästina, die mehrere Länder jüngst vorgenommen haben, Österreich aber bisher ablehnt, sagte sie: "Sobald es einen Prozess hin zur Staatlichkeit gibt, wo ich auch weiß, was ich anerkenne, ist Österreich bereit, auch anzuerkennen." Sie beklagte antisemitische Attacken auf Jüdinnen und Juden in jüngster Zeit im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg: "Es zerreißt mir das Herz, dass Jüdinnen und Juden massiven Angriffen ausgesetzt sind und herhalten müssen für Kritik an den Entscheidungen der israelischen Regierung." Der "dünne Schutzwall der Zivilisation" werde nun durch den "Antisemitismus, der immer schon da war", durchbrochen.

(APA/Red)

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