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„Meinen Mut musste ich zuerst entdecken“

Schauspielerin Julia Koch, u.a. bekannt aus dem Kino-Film „Was hat uns bloß so ruiniert“, spricht mit W&W über die Zeit in einer „alternativen“ Schule, ihre Heimat-Definition und was sie ihrem 16-jährigen Ich raten würde.
Schauspielerin Julia Koch
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Julia Koch

WANN & WO: Du bist in Höchst und Altach aufgewachsen, hast zwischenzeitlich in Los Angeles gewohnt und hast jetzt deinen Lebensmittelpunkt in Wien. Was bedeutet Zuhause für dich?

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Julia Koch: Mittlerweile ist sowohl Wien als auch Vorarlberg mein Zuhause. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich in der „großen Stadt“ wirklich wohl gefühlt habe, aber jetzt kann ich sagen, dass beide Orte für mich meine Heimat sind.

WANN & WO: Wie hast du deine Kindheit und Jugend hier in Vorarlberg in Erinnerung?

Julia Koch: Meine Kindheit war wunderschön. Mit meinen zwei jüngeren Geschwistern habe ich wahnsinnig viel erlebt und auch der Besuch einer „alternativen“ Volksschule war für mich ein Segen. Es stand kein großer Notendruck im Vordergrund, sondern Kreativität und Kind-sein. Mit dem Wechsel ins Gymnasium hat sich das dann schlagartig geändert. Die fixen Strukturen dort waren am Anfang sehr schwer für mich zu ertragen. Meinen Mut musste ich erst entdecken. Dabei hat mir dann mein Umzug nach Wien und die Schauspielerei geholfen. Ich hatte das Gefühl auf der Schauspielschule zum ersten Mal wieder so frei zu sein, wie damals in meinen unbeschwerten Kindertagen.         

WANN & WO: Stand für dich schon immer fest, dass du Schauspielerin werden möchtest?

Julia Koch: Soweit ich mich zurückerinnern kann, ja. Bereits bei meinem ersten „Casting“ in der Volksschule damals für das Stück „Der alte Garten“ von Marie Luise Kaschnitz, konnte ich mir eine Hauptrollen sichern. Seit diesem Zeitpunkt war mein Berufswunsch klar.        

WANN & WO: Denkst du, dass du eher die Willensstärke deines Vaters oder die Geduld deiner Mutter geerbt hast?

Julia Koch: Ich glaube, da hatte ich Glück und habe von beiden was mitbekommen. Ist in meinem Job auch von Vorteil (lacht).

WANN & WO: Du standest in den letzten Jahren immer wieder für verschiedene TV-Produktionen vor der Kamera. Zuletzt mit Laura Bilgeri beim Landkrimi „Das letzte Problem“. Dafür habt ihr in Zürs gedreht. Wie war es für dich, im Ländle vor der Kamera zu stehen?

Julia Koch: Ehrlich gesagt, habe ich gar nicht wirklich gemerkt, wo wir drehen, da wir viel im Hotel waren. Für mich war das Besondere an diesem Dreh, im Dialekt zu spielen.  

WANN & WO: Ist dir das schwer gefallen?

Julia Koch: Nein, im Gegenteil. Vorarlbergisch ist ein persönlicher Teil von mir. Im Dialekt zu sprechen hilft, der Rolle nah zu sein und mich authentisch beim Spiel zu fühlen.

WANN & WO: Gibt es für dich eine Rolle, die du niemals annehmen würdest?

Julia Koch: Wie heißt es so schön: Sag niemals nie (grinst). Ich denke, mit einer Rolle, die ein sehr veraltetes Frauenbild darstellt, würde ich mir sehr schwer tun. Zum Glück sind solche Rollen aber mittlerweile eher selten geworden.  

WANN & WO: Würdest du dich selbst also als Feministin bezeichnen?

Julia Koch: Definitiv, ja.

WANN & WO: Neben deinem Hauptberuf vor der Kamera, schreibst du auch leidenschaftlich gern und hast deinen eigenen Blog. Wann hast du die Liebe zum Schreiben für dich entdeckt?

Julia Koch: Schon früher als Kind habe ich meine kreative Ader entdeckt. Damals habe ich viel gezeichnet und gemalt. Irgendwann hat sich das dann in Form von Schreiben geäußert. Ich glaube mit meinem Blog wollte ich mir meine eigene Plattform schaffen, um mich auszurücken, ohne mich hinter einer Rolle zu verstecken. Einfach nur ich, meine Erlebnisse, meine Geschichten und meine Erinnerungen.            

WANN & WO: Dein öffentliches Auftreten macht dich aber auch angreifbar. Hat dich das am Anfang Überwindung gekostet?

Julia Koch: Schon ein wenig, aber letzen Endes hat dann doch der Mut gesiegt.

WANN & WO: Neben persönlichen Erlebnissen und Rezepten teilst du auf deinem Blog auch Begegnungen mit anderen Menschen und Interviews. Hat dich eine Person besonders nachhaltig geprägt?

Julia Koch: Auf ihre ganz eigene Art und Weise hat mich jeder Einzelne inspiriert und geprägt. Aber tatsächlich gibt es eine Begegnung, die ich nie vergessen werde. In einem Kaffeehaus in Wien ist mir ein alter Mann aufgefallen, den ich so interessant fand, dass ich ihn unbedingt interviewen wollte. Aber leider habe ich mich nicht gleich getraut. Ich habe dann all meinen Mut zusammengenommen, am nächsten Tag an seinem Stammplatz auf ihn gewartet und ihn einfach angesprochen. Er hat daraufhin sofort meine Hand genommen und mir von sich erzählt. Man hat die Freude in seinen Augen gesehen. Er schien so glücklich, endlich jemandem von seinem Leben berichten zu können. So habe ich entdeckt, wie unglaublich spannend es sein kann, zu erfahren, was hinter fremden Gesichtern steckt.         

WANN & WO: Wenn du deinem 16-jährigen Ich einen Tipp geben könntest, was würdest du der Julia von damals jetzt sagen?

Julia Koch: Ich würde ihr sagen, dass es nicht nur in Ordnung ist, eigen zu sein, sondern sogar erstrebenswert. Dass es zwar viel Mut braucht, vollkommen zu sich zu stehen, aber es sich immer lohnt.

Julia Koch (Foto: Hannes Hagenauer) ©Hannes Hagenauer

Kurz gefragt:

High Heels oder Sneaker?
Lieber Sneaker.   

Das perfekte Date endet für mich mit ... ?
Dafür müsste ich erst wieder einmal eines haben (lacht). 

Welches Buch liegt momentan unter deinem Kopfkissen?
„Eine kurze Geschichte der Menschheit“ von Yuval Noah Harari. 

Wenn du nicht Schauspielerin geworden wärst, dann wärst du jetzt ... ?
... ziemlich sicher Schriftstellerin.   


Was ist dein Lieblingswort im Vorarlberger Dialekt?
Oh, da gibt es einige Wörter, die mir gefallen. Schesa (Kinderwagen) oder Kutza (Decke) zum Beispiel. Ich mag Wörter, die eigentlich nicht mehr so im täglichen Sprachgebrauch zu hören sind.

Hast du einen Trick zum Text lernen?
Ich lege ihn ganz klassisch unters Kopfkissen (grinst). 

Ein Spaziergang an der Donau, joggen durch L.A. oder entspannen am Alten Rhein? 
Entspannen am Alten Rhein.   

Was machst du als Erstes, wenn du nach Vorarlberg kommst?
Ich setze mich mit meinen Eltern an den Küchentisch und rede mit ihnen.

Was kochst du, wenn du Gäste hast?
Kürbislasagne. 

Was bedeutet „Lieblingsleben“ für dich? 
Dass man die Leidenschaft, die man in einem spürt, auch ausleben kann.   

Schokolade oder Gummibärchen?
Ganz klar Schokolade – die muss auch nicht vegan sein. Mein Favorit, wenn ich mir Schokolade gönne, ist die Sorte „Genüsse“ von Zotter. 

Ist der Oscar wirklich das Ziel eines jeden Schauspielers?
Ich würde sagen, nicht der Oscar direkt. Aber symbolisch steht er natürlich für die Krönung des eigenen Tuns und ist die höchste Auszeichnung, die man in unserem Beruf erlangen kann. Ich denke aber, ein solcher Preis sollte nie die Intention hinter der Schauspielerei sein. Für mich ist mein Job meine Leidenschaft.

Szene aus dem Kurzfilm "Batesian".

Zur Person

Name: Julia Koch
Geburtsdatum: 15. Februar 1980
Geburts-/Wohnort: Höchst/Wien
Familienstand: ledig
Hobbys: Schreiben, in den Bergen unterwegs sein

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