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"Mein Leben ist es wert zu leben"

Bludenz - Sybille Grafl ist eine begeisterte Malerin. Mit Hingabe entwirft die geistig und körperlich behinderte junge Frau für das Sprungbrett Lädele der Caritas in Bludenz Kreuze, Keramikgeschirr, Weihwasserkessel, Kässpätzleschüsseln und Tonfiguren.

Auch Regenschirme, Polster und große Bilder schmückt sie aus. Doch Sybille Grafl weiß nicht nur mit dem Pinsel umzugehen. Sie kann auch Worten und Empfindungen Farbe verleihen. Viele Gedanken hat sie sich über ihren langen Aufenthalt an der Uniklinik Innsbruck gemacht, sie zu Papier bringen lassen und damit einen Preis gewonnen. Den kann Sybille Grafl heute im Landhaus für ihren Bericht „8+3 Wochen in der Uniklinik Innsbruck“ im Rahmen des Vorarlberger Chancenpreises in Empfang nehmen. „Ich finde es toll, dass ich den 2. Preis gewonnen habe“, sagt sie freudestrahlend.

Anderen Mut machen

Warum sie den Text diktiert hat? „Ich denke oft über die Zeiten in der Klinik nach und es war schön, aber auch weniger schön. Es war nie langweilig, es war immer was los. Einen Haufen Post habe ich bekommen. Meine Geschichte soll anderen Menschen, die diese schwere Operation noch vor sich haben, Mut machen und vor allem zeigen, dass man durch Angst und Schmerzen den Humor nicht verliert. Ich habe ihn nicht verloren.“ Vor 13 Jahren entschied sich Sybille Grafl für die Werkstätte der Caritas in Bludenz. Seit 10 Jahren ist sie nun schon im Sprungbrett Lädele in der Sturnengasse beschäftigt.

„Ich bin sehr selbstständig und kreativ geworden und kann Verantwortung übernehmen“, gibt sich die sympathische Frau selbstbewusst. Stolz ist sie außerdem auf das neue Buch „Sonnenschein und jeden Tag ein Glas Spezi“. Darin finden sich Bilder, Gedanken und Geschichten von Menschen mit Behinderung sowie verschiedenen Vorarlberger Literaten. „Es ist ein tolles Buch geworden und an meinem Arbeitsplatz erhältlich“, weiß Sybille Grafl auch im Verkauf, worauf es ankommt.

Offene Schilderung

Das Schreiben bedeutet ihr generell viel. Wenn sie neben der Arbeit noch Zeit findet, diktiert sie ihre Empfindungen frisch drauf los. „Manchmal sind es auch Texte für unsere Gottesdienste mit Caritasseelsorger Elmar Simma. Die lese ich dann vor“, erzählt Sybille stolz. Sehr ausführlich hat sie ihren Klinikaufenthalt beschrieben, bei dem ihre schiefe und dadurch schmerzende Wirbelsäule mittels Metallstäben begradigt wurde. Sie erzählt offen von ihren Ängsten, den Vorbereitungen, dem jungen hübschen Pfleger, den Komplikationen und der Freude, als sie endlich das Spital verlassen konnte. Doch auch nachher waren immer wieder Behandlungen notwendig.

Aber selbst in schwierigen Situationen hat Sybille Grafl die Lebensfreude nie verloren. „Trotz aller Schmerzen, Mühen und Tränen ist mein Leben wert zu leben“, lautet nicht nur der Schlusssatz ihres ausgezeichneten Textes sondern auch ihr Lebensmotto. „Und heute Abend hole ich mir meinen 2. Preis ab“, merkt sie schelmisch lächelnd an. Insgesamt werden 27 Preisträger ausgezeichnet.

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