Auf ihrer ersten Zinssitzung in diesem Jahr am Donnerstag in Frankfurt hatte die EZB ihre Schlüsselsätze nicht verändert und den an der Börse maßgeblichen Einlagensatz, den den Banken erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Liquidität parken, bei 4,00 Prozent belassen.
Zugleich versprühte sie Zuversicht, dass die Inflation wieder zu ihrer Zielmarke von 2,0 Prozent zurückkehren werde. An der Börse wird bereits auf eine erste Zinssenkung zu Frühlingsbeginn spekuliert.
Erste Zinssenkung wohl im April oder Juni
Der nächste Schritt werde eine Zinssenkung sein und er sei in Reichweite, schrieb der Notenbankchef der Slowakei, Peter Kazimir, in einem Meinungsbeitrag auf der Internetseite der slowakischen Notenbank. "Ich bin zuversichtlich, dass der genaue Zeitpunkt, ob im April oder im Juni, für die Auswirkungen der Entscheidung zweitrangig ist", führte er aus. "Das Letztere scheint wahrscheinlicher zu sein, aber ich werde keine voreiligen Schlüsse über den Zeitpunkt ziehen", so Kazimir. Laut ihm ist Geduld nötig. "Es wäre riskant, aufgrund kurzfristiger Überraschungen überhastet zu handeln, ohne mehr Klarheit hinsichtlich der mittelfristigen Entwicklung zu haben."
Sein portugiesischer EZB-Ratskollege Mario Centeno bevorzugt einen frühen Schritt nach unten. "Wir können später und stärker oder früher und schrittweise reagieren", sagte Portugals Notenbankchef der Nachrichtenagentur Reuters. "Ich befürworte vollkommen Szenarien des Gradualismus, denn wir müssen den Wirtschaftsakteuren Zeit geben, sich an unsere Entscheidungen anzupassen." Einig waren sich die Währungshüter darin, dass die jüngste Inflationsentwicklung zuversichtlich stimme.
Risiko einer zu frühen Zinssenkung
Wenige Euro-Wächter erwarten derzeit eine erste Zinssenkung bereits im März. Dagegen scheint der Juni für viele ein möglicher Zeitpunkt zu sein. Dies hatten auch Insider unlängst angemerkt. Die Diskussionen unter den Währungshütern dürften sich daher vor allem darum drehen, ob womöglich schon der April als Zeitpunkt in Frage kommen könnte. Für Kazimir sind beispielsweise die Risiken einer verfrühten Senkung viel größer als die eines etwas späteren Handelns. Sein Ratskollege Centeno hingegen warnte davor, sich geldpolitisch bis zur letzten Minute bedeckt zu halten.
Gute Nachrichten zur Inflationsentwicklung
Aus Sicht von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos wird die rückläufige Inflation über kurz oder lang den Weg frei machen für eine Kurswende. "Es gibt gute Nachrichten zur Inflationsentwicklung und das wird sich früher oder später in unserer Geldpolitik widerspiegeln", sagte der Stellvertreter von EZB-Präsidentin Christine Lagarde dem spanischen Radiosender RNE.
An der Börse wird die Wahrscheinlichkeit mit 80 Prozent veranschlagt, dass die Euro-Notenbank im April erstmals wieder die Zinsen senken wird. Ein solcher Schritt im Juni gilt sogar als sichere Wette mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 Prozent.
(APA)