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Mehr Idealismus als Geld

Bregenz (VN) -  Olga Sutterlüty war maßgeblich am Aufbau der ersten Kranken­pflegeschule in Vorarlberg beteiligt.

Olga Sutterlüty ist eine wache alte Dame. Neunzig Jahre konnten zwar ihren Körper beugen, nicht jedoch ihren Geist und die Liebe zum Leben. Für das, was der gebürtigen Bregenzerwälderin wichtig war, hat sie stets kämpft. Noch mit 81 stemmte sich Olga Sutterlüty verbissen gegen die Folgen eines Schlaganfalles. Auch, als es darum ging, die erste Krankenpflegeschule im Land einzurichten, blieb sie, allen Problemen zum Trotz, dran. Und kann heute mit der Abgeklärtheit ihres hohen Alters sagen: „Der Einsatz hat sich gelohnt.“

 

Rehkitz im Krankenbett

Olga Sutterlüty bewerkstelligt den Alltag nach wie vor weitgehend selbst. Sie pflegt den kleinen Garten auf dem Balkon ihrer Wohnung im dritten Stock eines Mehrparteienhauses in Bregenz. Kocht, geht in die Stadt und zu Veranstaltungen, die sie interessieren. Wie die Ausstellung über den Pionier der Unfallchiurgie, Lorenz Böhler. Ihn hat die Krankenschwester von ihrer Tätigkeit im „Böckle“ noch persönlich gekannt.

Olga Sutterlüty holt ein Fotoalbum hervor. Ein Bild zeigt ein Rehkitz mit verbundenen Beinen in einem Krankenbett. „Auch Tiere wurden damals behandelt“, erzählt sie mit versonnenem Lächeln. Als Unterstützung bei der Gründung einer Krankenpflegeschule gefordert war, arbeitete Sutterlüty im Spital in Bludenz. Doch sie musste nicht lange überlegen. „Wir brauchten eine eigene Schule“, kommt es mit fester Stimme.

 

Kursräume in Wohnungen

Denn die nächste war in Innsbruck. Vele Absolventinnen blieben gleich dort. „Das Land bezahlte die Ausbildung und hatte nichts davon“, schildert Olga Sutterlüty die Situation. Weil die Lehrschwestern aus Tirol nicht nach Vorarlberg kommen wollten, fragte das Land bei der Diözese um Lehrpersonal an. Olga Sutterlüty, die dem Werk der Frohbotschaft angehört, nahm die Herausforderung an. Am 25. Jänner 1965 startete der erste Kurs. Die Kursräume über sieben Wohnungen verteilt, der Lehrsaal im Hof der Pfarre St. Gallus untergebracht.

Das Essen für die 12 Schülerinnen musste vom Stadtspital mit einem Handkarren ins Feldmoos transportiert werden. „Es war eine turbulente Zeit“, resümiert Sutterlüty. Maria Hagleitner pflichtet ihr bei. Sie betreut Sr. Olga heute nicht nur stundenweise, sondern half auch beim Aufbau der Schule. Hagleitner, die in der Schweiz eine wesentlich bessere Pflegeausbildung genoss als sie damals in Österreich geboten wurde, ließ sich erst nach gutem Zureden durch ihren Vater überreden, an der Schule in Bregenz als Lehrschwester anzufangen. „Dass die Maria mit ihrem Wissen eingestiegen ist, hat den Laden gerettet“, formuliert Olga Sutterlüty salopp.

 

Um jeden Schilling gebettelt

Das größte Problem sei das fehlende Geld gewesen, so Hagleitner. Um jeden Schilling habe man betteln müssen. Als irgendwann an Weihnachten die Kasse einmal endgültig leer war, platzte den Frauen der Kragen. Von da an gab es zumindest die finanziellen Mittel. Der Rest musste mit Idealismus bewältigt werden. „Hätten wir den nicht gehabt, wären wir vermutlich davongelaufen“, meint Maria Hagleitner rückblickend.

1972 ging die jetzige Gesundheits- und Krankenpflegeschule in Betrieb. „Eine riesige Erleichterung“, wie Olga Sutterlüty konstatiert. Bis 1980 leitete sie die Schule, dann folgte ihr Hagleitner nach. Sr. Olga arbeitete noch bis 1995 ehrenamtlich mit. „Sie war uns eine große Stütze“, sagt Hagleitner. Bereut hat Olga Sutterlüty den Schritt von der Praxis in die Theorie nie. „Ich empfand es immer als schön, lernhungrige junge Menschen auszubilden.“

 

Zur Person

Olga Sutterlüty Geboren: 21. November 1920 in Großdorf

Wohnort: Bregenz

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