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Medizin-Uni Wien: Anti-Handy-Studien vermutlich gefälscht

An der ehemaligen Abteilung für Arbeitsmedizin der Medizinischen Universität Wien (MUW) um den mittlerweile emeritierten Professor Hugo Rüdiger könnten zwei Studien zur Schädlichkeit von Handy-Strahlung gefälscht worden sein.

MUW-Rektor Wolfgang Schütz sprach in einer Aussendung am Freitag von “gravierenden Verdachtsmomenten”, er werde die Herausgeber der beiden Journale, in denen die Studien veröffentlicht worden waren, informieren. Rüdiger wies die Anschuldigungen weitgehend zurück.

An der Anfang 2007 unter Kritik geschlossenen Klinischen Abteilung für Arbeitsmedizin wurden – auch unter Beteiligung externer Wissenschafter – im Jahr 2005 und 2008 (Erscheinungsdatum, Anm.) zwei Arbeiten veröffentlicht, in denen eine Erbgut-schädigende Wirkung von Mobilfunk-Strahlung an bestimmten Zellen beschrieben wird, heißt es in der Aussendung der Universität. Die Statistik der Daten seien von anderen Forschergruppen angezweifelt worden. Der Rektor habe deshalb eine unabhängige statistische Begutachtung angeregt, diese habe den Verdacht ergeben, dass die Daten nicht experimentell gemessen, sondern “fabriziert” worden seien.

Der Verdacht werde durch die Tatsache “wesentlich erhärtet”, so die Aussendung weiter, dass eine in beiden Arbeiten aufscheinende Autorin und Mitarbeiterin Rüdigers gestanden habe, dass “ihre gesamte Vorgehensweise auf die Erzeugung vorgefasster Resultate angelegt war”. Die Mitarbeiterin habe ihr Arbeitsverhältnis zur MUW unmittelbar darauf gekündigt.

Da sich bis jetzt nicht alle Autoren zur Rücknahme beider Arbeiten bereit erklärt hätten, werde vom Rektor der MUW als erste Maßnahme ein Schreiben an die Herausgeber der beiden Journale gesandt. Darin mache Schütz darauf aufmerksam, dass den Publikationen “mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein schweres wissenschaftliches Fehlverhalten” zugrunde liege.

Rüdiger verwehrte sich gegen die Vorwürfe, dass die Studien gefälscht seien. “Es ist unglaublich, ich bin fassungslos”, so der Wissenschafter. Er räumte ein, dass es bei der 2008 veröffentlichten Studie – “aber nur bei dieser” – insofern Probleme gegeben habe, als die sogenannte “Verblindung” nicht mehr gegeben war. Im Detail hatte besagte Mitarbeiterin 2006 den Code geknackt, mit denen die Proben aus wissenschaftlichen Objektivitätsgründen für die Experimentatoren verschlüsselt waren.

Obwohl das nichts daran ändere, dass die Daten “richtig zustandegekommen” sind, habe er, Rüdiger, sich gegenüber Schütz ursprünglich bereits erklärt, die Publikation zurückziehen zu lassen oder mit einem entsprechenden “erratum” zu versehen. “Als ich allerdings erfahren habe, dass der Leiter der von Schütz eingesetzten Kommission für die Begutachtung ein Jurist der Mobilfunk-Industrie ist, habe ich die Objektivität der Kommission in Frage gestellt und das Einverständnis zur Rücknahme zurückgezogen”, so der Forscher.

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