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McCarthys Debüt "Der Feldhüter" von 1965 erscheint erstmals auf Deutsch

"The Orchard Keeper" von Cormac McCarthy erscheint nun auf Deutsch
"The Orchard Keeper" von Cormac McCarthy erscheint nun auf Deutsch ©Rowohlt/AP
Aus seiner Feder stammt der Roman "No Country For Old Men" - seit dieser verfilmt wurde, hat der US-Autor Cormac McCarthy auch hierzulande an Bekanntheit dazugewonnen. "Der Feldhüter" ist unser Buch-Tipp der Woche.

Selbst wenn die Coen-Brüder den Roman gut für das Kino adaptiert haben, kann kein Bild mit der Wortgewalt des Schriftstellers mithalten. Man muss McCarthy gelesen haben. Mit “Der Feldhüter” erscheint heute das Debüt des mittlerweile 82-Jährigen erstmals auf Deutsch.

“The Orchard Keeper” erscheint als”Der Feldhüter”

“The Orchard Keeper” wurde am 1. Juni 1965 veröffentlicht, also vor mehr als 50 Jahren. McCarthy hat sein Debüt in einer ruralen Gegend, in den Hügel und Tälern bei Knoxville, angesiedelt. In der Stadt im Bundesstaat Tennessee war der Autor aufgewachsen, man spürt beim Lesen, wie vertraut ihm die Gegend ist. Zwischen den Weltkriegen, in der Zeit der Prohibition, entwickelt sich eine für McCarthy typische Geschichte um Menschen – jung und alt – in einer sich verändernden Welt, um Gewalttaten und deren Folgen, um Vergänglichkeit.

Drei Personen stehen im Mittelpunkt: der alte Eremit Arthur Ownby, der in einer halb verfallenen Hütte in einem verkommenen Apfelhain haust, der Bootlegger Marion Sylder und der heranwachsende John Wesley Rattner. Letzterer rettet den Whiskeyschmuggler das Leben, nicht wissend, dass dieser einst in Notwehr seinen Vater getötet und in einer Wassertränke versenkt hat – beobachtet von Ownby, einem Überlebenden jener Tage des “Wilden Westens” (in diesem Fall eigentlich Südens), als persönliche Freiheit noch nicht vom Staat reglementiert wurde.

Roman im Original schwer lesbar

McCarthy benutzt die Sprache und lokalen Dialekte von damals. Das schafft zwar zusätzlich Atmosphäre, die in der (sehr guten) deutschen Übersetzung von Nikolaus Stingl verloren geht, macht den Roman im Original allerdings auch zusätzlich schwer lesbar. Jeder Satz verlangt ohnehin Aufmerksamkeit. McCarthy setzt nie Anführungszeichen bei Dialogen, schwenkt mitten in einer Szene zwischen dem Jetzt und Erinnerungen der Protagonisten, springt von den Erlebnissen einer Person zur nächsten, ohne dass sofort klar wird, um wen es sich nun dreht. Und nicht zuletzt verwendet McCarthy eindrucksvoll die Natur und ihre Gewalten, die Jahreszeiten und die Tierwelt als Metapher. Nicht alles klärt sich auf, vieles bleibt umnebelt und mystisch.

Imitierte Cormac McCarthy William Faulkner?

In Kritiken zu “The Orchard Keeper” stößt man wiederholt auf den Hinweis, McCarthy habe sich bei seinem Debüt stark an William Faulkner orientiert und ihn imitiert. Das mag stimmen – und doch erkennt man bereits die lyrische Sprache des Autors. Das Genre des Country-noir hat zuletzt – etwa durch Erfolge wie Daniel Woodrells “Winter’s Bone” an Popularität gewonnen. Cormac McCarthy hat es geprägt und mitbegründet.

Es sind die Menschen im Grenzbereich zwischen Gut und Böse, die ihn interessieren. Biblische Motive findet man im Debüt ebenso wie später im postapokalyptischen, mit dem Pulitzerpreis gekrönten “Die Straße”. Der düstere Grundton ist bereits vorhanden, wenn auch die Gewalt keine so ausgeprägte und surreale Stellung einnimmt wie in “Die Abendröte des Westens”, McCarthys wichtigsten und besten Roman. Im Vergleich zu späteren Werken wirkt “Der Feldhüter” beinahe zart – und doch beklemmend.

Cormac McCarthy: “Der Feldhüter”, übersetzt von Nikolaus Stingl, rororo, 288 S., 15,50 Euro

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(apa/red)

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