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Mattersburg-Bank: Doskozil räumt RMB-Überweisungsversuch ein

Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil
Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil ©APA
Der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ) hat eingeräumt, dass die Regionalmanagement Burgenland GmbH (RMB) versucht hat, kurz vor Schließung der Commerzialbank Mattersburg durch die Finanzmarktaufsicht Geld abzuziehen.
Doskozil wehrt sich gegen Vorwürfe

Der Transferversuch sei aber nicht gelungen, so Doskozil. Die ÖVP will dazu einen Sonderlandtag, die SPÖ spricht indes in der Causa von einem "ÖVP-Netzwerk".

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Berichte erst zurückgewiesen

Am Montagvormittag hatte Landeshauptmann Doskozil noch Berichte als "Lüge" bezeichnet, wonach die RMB, eine Tochtergesellschaft des Landes, noch vor der Bank-Schließung Geld abgezogen habe. Nach einem Gespräch mit dem RMB-Geschäftsführer am Nachmittag bestätigte Doskozil dagegen den Versuch der Behebung.

"Gerüchte bereits vor Schließung"

Am Tag der späteren Schließung habe es bereits Gerüchte über die Bank bzw. über eine Selbstanzeige von Direktor Martin Pucher gegeben, argumentierte Doskozil. In dieser Situation hätten Personen auch fünf bis zehn Mio. Euro aus der Bank abgezogen. Der RMB-Geschäftsführer, der sein Unternehmen zu vertreten habe und auch für Steuergelder verantwortlich sei, habe es dann in den Abendstunden ebenfalls versucht.

Sieben Fragen und Telefonprotokolle

Die burgenländische ÖVP hat indes sieben Fragen an Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Sollte sich der Landeschef nicht mehr so genau daran erinnern, mit wem er kurz vor der Schließung der Bank gesprochen habe, fordere man eine Offenlegung der Telefonprotokolle Doskozils und seines Teams für den 13. und 14. Juli, so ÖVP-Klubobmann Markus Ulram.

Doskozil erfuhr persönlich von Schließung

Die ÖVP will im Hinblick auf Medienberichte wissen, warum der Landeshauptmann verschwiegen habe, dass er persönlich von Ex-Bankvorstand Martin Pucher von der bevorstehenden Schließung der Bank erfahren habe, so Ulram. Außerdem interessiert die Volkspartei, was Doskozil in der Zeit nach Erhalt der Information über die Schließung der Commerzialbank von Pucher (am 14. Juli, Anm.) zu Mittag bis Mitternacht getan habe.

Ulram warf weiters die Frage auf, ob der Landeshauptmann das RMB oder andere Institutionen bzw. Personen nach dem Gespräch mit Pucher über die Schließung der Commerzialbank informiert habe. Die ÖVP erkundigt sich in ihrem Fragenkatalog auch noch, welche Unternehmen und Institutionen im Naheverhältnis des Landes versucht hätten, vor der Schließung der Bank Geld in Sicherheit zu bringen.

Weitere Rücktritte ausgeschlossen?

Das Interesse der ÖVP gilt auch eventuellen Konten der SPÖ Burgenland bei der Commerzialbank. Ferner wird Doskozil gefragt, ob er ausschließen könne, dass weitere SPÖ-Politiker aufgrund des Skandals zurücktreten müssten. Und schließlich will man vom Landeschef wissen, ob dieser als Finanzlandesrat über die Finanzabteilung den Prüfauftrag an die TPA Wirtschaftsprüfungs-GmbH erteilt habe.

Noch am Dienstag soll es einen neuen Antrag auf einen Sonderlandtag zur Causa Commerzialbank Mattersburg geben, kündigte ÖVP-Klubobmann Ulram in Eisenstadt an. Zuvor soll es noch Gespräche mit den anderen Oppositionsparteien - FPÖ und Grüne - geben. Ein Sonderlandtag sei ein gutes Mittel, um für Klarheit zu sorgen, meinte Ulram.

SPÖ geht von "ÖVP-Netzwerk" aus

In der Causa Commerzialbank Mattersburg schießt sich die SPÖ derweil auf ein mutmaßliches "ÖVP-Netzwerk" rund um die Bank ein. SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst formulierte am Dienstag mehrere Fragen in Richtung Volkspartei und forderte Landesparteiobmann Christian Sagartz, der auch Bezirksparteichef der ÖVP in Mattersburg ist, zum Rücktritt auf.

Seit kurzem wisse man, dass es bereits in den 1990er-Jahren "Machenschaften und Malversationen vom Herrn (Martin, Anm.) Pucher gegeben hat - damals noch als Geschäftsstellenleiter einer kleineren Bank der Raiffeisenbank", so Fürst. Als Raiffeisen die Bank habe prüfen wollen, sei den Revisoren "der Prüfungszutritt verwehrt" worden.

Damals habe man Pucher absetzen wollen. Dagegen ausgesprochen habe sich "mit größter Vehemenz" ein damaliger ÖVP-Funktionär, der jetzt noch nach wie vor als Vorsitzender des Aufsichtsrates fungiere. "Offensichtlich hat es damals schon dieses ÖVP-Netzwerk gegeben, das den Martin Pucher und seine Machenschaften auch geschützt hat. Hätte man damals schon adäquat reagiert, hätten wir uns vielleicht viel Leid ersparen können", meinte Fürst.

Vermutlicher Schaden: Rund 690 Mio. Euro

Momentan gehe man Medienberichten zufolge von einem Schaden von rund 690 Mio. Euro aus. Die Frage sei: "Wie kommt es soweit?" Im Aufsichtsrat der Commerzialbank - dem obersten Kontrollgremium - säßen "vorwiegend ÖVP-Funktionäre". Der Co-Vorsitzende sei "ein hochrangiger ÖVP-Wirtschaftsbund-Funktionär". In dem Gremium säßen ferner ehemalige oder aktuelle ÖVP-Gemeinderäte aus dem Bezirk Mattersburg.

Er wolle nun wissen: "Wer ist dieses Netzwerk und wer hat davon profitiert?" Die Frage sei auch: "Haben die ÖVP-Aufsichtsräte von der Sperre durch die Finanzmarktaufsicht im Vorfeld gewusst und haben sie Geld abgezogen? Wann und wie viel Geld?", so Fürst. Die ÖVP im Bezirk Mattersburg habe 3.100 Euro von der Commerzialbank erhalten. Es stelle sich die Frage: "Was war die Gegenleistung?"

Ulram schließt ÖVP-Beteiligung aus

Auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass die ÖVP in die Geldbewegungen kurz vor Schließung der Bank involviert gewesen sei, sagte ÖVP-Klubobmann Ulram: "Klares Ja. Die ÖVP war in keinster Weise hier involviert." Ob er auch ausschließen könne, dass von der ÖVP nahestehenden Personen Insiderinfos geflossen seien? Die Volkspartei habe niemand in den Aufsichtsrat entsandt, so Ulram. Ob "jemand im Aufsichtsrat oder der Vorsitzende" Geld verschoben habe, könne er "so nicht beantworten", stellte der Klubobmann fest.

"Tatsache ist, jede einzelne Person, die sich irgendwo etwas zuschulden kommen hat lassen, muss selbstverständlich - egal, wer das ist - Konsequenzen daraus tragen. Das ist völlig klar", sagte Ulram. "Zum heutigen Stand meines Wissens" könne er "ausschließen, dass ein ÖVP-Politiker einen Goldbarren erhalten hat". Die Volkspartei habe alle Geld- und Sachleistungen offengelegt, die sie in den vergangenen fünf Jahren erhalten habe: "Da reden wir von einem sehr kleinen Betrag, von rund 6.585 Euro gesamt."

(APA)

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