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Masern-Impflicht: Niederösterreich und Steiermark dafür, Wien dagegen

Die Landeshauptleute der Steiermark und Niederösterreich sind für die Masern-Impfpflicht.
Die Landeshauptleute der Steiermark und Niederösterreich sind für die Masern-Impfpflicht. ©APA
Die Landeshauptleute Johanna Mikl-Leitner (Niederösterreich) und Hermann Schützenhöfer (Steiermark) sprachen sich am Freitag für eine verpflichtende Masern-Impfung aus. Gesundheitsministerin Zarfl will hingegen mehr Aufklärung.

Die beiden VP-Landeshauptleute Johanna Mikl-Leitner (Niederösterreich) und Hermann Schützenhöfer (Steiermark) haben sich im "Ö1-Morgenjournal" des ORF-Radios ausdrücklich für eine Impfpflicht gegen Masern ausgesprochen. Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl verwies auf die Empfehlungen des obersten Sanitätsrats und will die Aufklärung forcieren.

Niederösterreichs Landeshauptfrau Mikl-Leitner, derzeit Vorsitzende der Landeshauptleute-Konferenz, sagte dem ORF: "Masern können lebensgefährlich sein und deswegen trete ich auch ein für eine verpflichtende Masernimpfung." Die Regeln könne man über den Mutter-Kind-Pass vorschreiben. "Es geht hier um eine Entscheidung der Vernunft." Der steirische Landeschef Schützenhofer betonte: "Wir müssen die Schwachen in unserer Gesellschaft, und das sind die Kinder, schützen, und wir müssen alle davor schützen, angesteckt zu werden." Man habe geglaubt, Masern seien überwunden, aber "es ist nicht überwunden".

Masern-Impfpflicht für Gesundheitspersonal

Gesundheitsministerin Zarfl verwies auf die laufende Novellierung des Epidemiegesetzes, das eine Masern-Impfpflicht für im Gesundheitsbereich tätiges Personal vorsieht. Was die Durchimpfungsraten in der Bevölkerung betrifft, bezog sie sich gegenüber dem ORF auf Erfahrungswerte aus anderen europäischen Ländern, wo jene am erfolgreichsten seien, "die viele Möglichkeiten vorsehen", um versäumte Impfungen nachzuholen. Schweden beispielsweise habe eine der höchsten Impfraten EU-weit, aber keine Pflicht. Auf Basis dieser Evidenz, so Zarfl, wolle die Übergangsregierung auf verstärkte Aufklärung und Erinnerung setzen. Schließlich erhielten 95 Prozent der Kinder in Österreich noch die erste Teilimpfung gegen Masern, die zweite - notwendige - werde dann aus verschiedensten Gründen nicht mehr so häufig absolviert.

Die Gesetzesnovelle sieht auch vor, dass vor dem Eintritt in den Kindergarten oder die Volksschule überprüft wird, ob Kinder die im Impfprogramm vorgesehenen Impfungen erhalten haben. Ist dies nicht der Fall, ist ein neuerliches Arztgespräch vorgesehen, erläuterte Zarfl. Empfehlungen des Sanitätsrats für weiterführende Verschärfungen oder Verpflichtungen lägen nicht vor.

Wien und Kärnten gegen Impfpflicht

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ist weiterhin gegen eine Impfpflicht, wie am Freitag auf APA-Anfrage bekräftigt wurde. Der Ressortchef hat bereits wiederholt betont, nichts von "Zwangs- und Strafsystemen" zu halten. Er sei jedenfalls dagegen, so lange nicht alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen ausgeschöpft würden, die Masernimpfung zu bewerben. In Sachen Bewusstseinsbildung gebe es nämlich noch "Luft nach oben", zeigte er sich überzeugt. In Wien gibt es lediglich für Gesundheitsberufe entsprechende Regelungen. Personen, die neu im Krankenanstaltenverbund angestellt werden, müssen etwa seit 2017 auch gegen Masern geimpft sein.

Auch Kärntens Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) bleibe dabei, dass sie gegen eine allgemeine Impfpflicht bei Masern sei, sagte eine Sprecherin auf APA-Anfrage. Man setze stattdessen auf Aufklärung. In den Krankenhäusern des Landes sei der volle Impfschutz allerdings Voraussetzung für eine Anstellung.

Haslauer gegenüber Impfpflicht eher skeptisch

Skeptisch bezüglich einer Impfpflicht äußerte sich gegenüber dem ORF das Büro von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (VP) - das Land Salzburg wolle mehr auf Aufklärung, Überzeugungsarbeit und positive Anreizsysteme setzen. Und auch die SP-geführten Bundesländer hätten eine eher skeptische bis ablehnende Haltung, hieß es.

Anders in Deutschland: Dort müssen ab März 2020 Eltern vor der Aufnahme ihrer Kinder in eine Kindertagesstätte oder Schule nachweisen, dass diese gegen Masern geimpft sind. Es sollen Strafen bis zu 2.500 Euro drohen.

Masernfälle steigen

Zarfl berichtete über die geplante Einführung des elektronisches Impfpasses, der ebenfalls eine Erinnerungsfunktion für versäumte Impfungen enthalten soll. Gerade sei dazu das Gesundheitstelematikgesetz auf den Weg geschickt worden - ein Pilotversuch sei für die zweite Jahreshälfte 2020 in Wien, Niederösterreich und der Steiermark geplant. "Wir erwarten, dass es dann zu einer Anhebung der Durchimpfungsrate kommt", sagte die Ministerin.

In ganz Österreich gab es heuer laut Gesundheitsministerium 148 Masern-Fälle (Stand 5. Dezember). Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es 77 Fälle, 2017 erkrankten 64 Personen und im Jahr davor waren es 21. Neue Fälle hatte es zuletzt in der Steiermark gehäuft gegeben. Rund zwei Dutzend nicht geimpfte Volksschüler in der Obersteiermark müssen wegen eines Masern-Falls etwa drei Wochen zu Hause bleiben.

Impfpflicht in neun europäischen Ländern

In neun europäischen Ländern besteht aktuell eine generelle Impfpflicht gegen Masern für Kinder und Jugendliche. Laut dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten ist sie in Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Frankreich, Ungarn, Italien, Polen, der Slowakei und Slowenien vorgeschrieben.

In Deutschland hat die Regierung im Sommer einen entsprechenden Gesetzesentwurf beschlossen. Dort sollen ab März 2020 Eltern vor der Aufnahme ihrer Kinder in eine Kindertagesstätte oder Schule nachweisen müssen, dass diese geimpft sind.


©APA

Österreich solle dem Beispiel Deutschlands folgen, erneuerte kürzlich die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) ihre Forderung nach einer Impfpflicht. Auch der Hauptverband der Sozialversicherungsträger tritt für eine verpflichtende Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln ein. Die Mehrheit der Österreicher steht Impfungen offenbar generell aufgeschlossen gegenüber. "Sehr positiv" sehen Immunisierungen 37 Prozent, "eher positiv" zusätzliche 46 Prozent, hat der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH) im Frühjahr erheben lassen. 13 Prozent sehen Schutzimpfungen hingegen "eher negativ", drei Prozent "sehr negativ".

Keine Impfpflicht in Österreich

In Österreich sind Impfungen gegen Masern/Mumps/Röteln Bestandteil des Impfplans, eine Verpflichtung besteht nicht. Es ist jederzeit möglich, eine versäumte Impfung nachzuholen. Impflücken gibt es laut Gesundheitsministerium vor allem bei den Geburtsjahrgängen 2008 bis 2010 und bei Erwachsenen, die in den 1990er-Jahren geboren wurden. Aktuell sei zudem ein Drittel der 15- bis 30-Jährigen kein zweites Mal geimpft - mehr als eine halbe Million Menschen. Die Anzahl der Geimpften reiche nach wie vor nicht aus, um Masern in Österreich auszurotten. Dazu sind Durchimpfungsraten von 95 Prozent mit zwei Dosen nötig.

(APA/red)

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