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Marc Chagall starb vor 30 Jahren: Der Maler, der das Leben feiert

Der Künstler starb im biblischen Alter von 97 Jahren.
Der Künstler starb im biblischen Alter von 97 Jahren.
Zu seinem 30. Todestag wird Chagall mit Ausstellungen und Konzerten gewürdigt. Als Maler-Poet, Träumer und jüdisch-christlicher Vermittler bewegt der Maler seine Nachwelt.
Werke von Chagall

Chagall-Ausstellungen erreichen Rekordbesucherzahlen. Auch die in Brüssel hat gute Aussichten, in die Top-Liste der Blockbuster-Werkschauen zu kommen. Nur wenige Tage nach ihrer Eröffnung Ende Februar wird die Retrospektive in den Königlichen Museen der Schönen Künste bereits als Publikumserfolg gefeiert.

Warum die Besucher stundenlang Schlange stehen, um den Bilderkosmos des vor 30 Jahren am 28. März 1985 verstorbenen Künstlers zu sehen? Weil er die Menschen zum Träumen bringt, wie Chagall-Experte Jean-Louis Prat in Paris sagte. Der Künstler starb im biblischen Alter von 97 Jahren.”Chagall hat zeitlebens an die Schönheit des Lebens geglaubt. Er hat eine traumhafte und poetische Bilderwelt geschaffen, an der er den Betrachter teilnehmen lassen will”, erklärte der Kunsthistoriker. Prat ist Mitglied des Chagall-Comités in Paris. Der 74-Jährige kannte den Maler, der als Kind jüdisch-orthodoxer Eltern in der Nähe der weißrussischen Stadt Witebsk geboren wurde, und 1910 nach Paris kam.

Begraben in Südfrankreich

Marc Chagall habe zwei Weltkriege erlebt und eine Revolution. Dennoch war er ein Maler, der das Leben liebte und feierte, erklärte der Ex-Direktor der Fondation Maeght in Saint-Paul-de-Vence. Chagall hat in dem südfranzösischen Dorf bei Nizza die letzten 20 Jahre seines Lebens verbracht. Dort auf dem Friedhof ist der Maler, der zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts zählt, auch begraben – unter einer schlichten Steinplatte.

Liebespaare und Geiger, die durch die Luft fliegen, Blumen, Hähne, Kühe, Motive aus der Bibel und dem Zirku. Chagalls Bilderkosmos weist ins Surreale und gleicht einer kindlichen Welt voller Wunder und Farben. Doch hinter den dörflichen Szenen versteckt sich seine Sehnsucht nach seiner ursprünglich Heimat. “Damals hatte ich erkannt, dass ich nach Paris gehen musste. Die Erde, die die Wurzeln meiner Kunst genährt hatte, war Witebsk; aber meine Kunst brauchte Paris so nötig wie ein Baum das Wasser”, erklärte Chagall.

Reise durch eine Traumwelt

In Paris ließ er sich von den “ismen” zu Beginn des 20. Jahrhunderts inspirieren, wie dem Fauvismus, Kubismus oder Expressionismus. Aus ihnen nahm er einzelne Elemente in seine Bildersprache auf und entwickelte daraus sein eigenes poetisches Universum, dem er konsequent treu geblieben ist. Chagalls Welt sei vielseitig und nehme den Betrachter auf eine Reise durch eine Traumwelt mit, wie Prat meinte. Als “Dichter” wurde er damals auch von seinen Malerkollegen in Paris bezeichnet.

Chagall wanderte 1941 in die USA aus. Trotz der räumlichen Distanz bewegte ihn der Krieg in Europa sehr. In New York malte er eine Reihe von Bildern, auf denen er Zerstörung und Schrecken darstellt, darunter auch das Gemälde “Die Kreuzigung in Gelb”. Männer und Frauen fliehen vor dem Tod. In der Mitte der gekreuzigte Christus als Ausdruck menschlichen Leidens. In das Untergangs-Szenario setzt Chagall jedoch ein Zeichen der Hoffnung. Er malt neben das Kruzifix eine Thorarolle als Symbol für jüdisch-christliche Verbundenheit und Völkerverständigung. “Chagall habe die Hoffnung auf eine andere und bessere Welt nie aufgegeben”, erklärte Prat.

Glasmalerie in meditativen Blautönen

Im Jahr 1948 kehrte Chagall nach Frankreich zurück, wo er sich anderen Bildträgern widmete. Er schuf Entwürfe für Mosaike, Kirchenfenster und Tapisserien, wie derzeit in Nizza in dem ihm gewidmeten und 1973 eröffneten Museum zu sehen ist. Vor allem die Glasmalerei führte er mit seinen meditativen Blautönen zu neuer Blüte. Beispiele dafür finden sich in den Kathedralen in Metz, Reims und in der Fraumünsterkirche in Zürich, die den Meister der Farbe mit Gedenkkonzerten würdigt. Die einzige Kirche in Deutschland, für die Chagall Fenster schuf, ist die Stephanskirche in Mainz.

Chagall entdeckte die Glasmalerei erst spät im Alter von 70 Jahren. “Für mich stellt ein Kirchenfenster die durchsichtige Trennwand zwischen meinem Herzen und dem Herz der Welt dar”, wie er sagte. Marc Chagall, der Maler, der das Leben feiert.

(dpa)

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