"Luxus-Alpe": Eigentümer wehrt sich - was wir nach einem Blick in Pläne, Protokolle und Akten wissen
Die Wogen gehen hoch, sprichwörtlich, denn auch der auf der Alpe Krähenberg errichtete Weiher soll laut Bericht der "Vorarlberger Nachrichten" so nie bewilligt worden sein.
Millionenschwere "Alpen-Villa"?
Genau wie zahlreiche Zimmer, Bäder und Räumlichkeiten in der millionenschweren "Alpen-Villa", die nicht den Einreichungen entsprechen würden. Die Behörden sind nun am Zug, VOL.AT hat exklusive Einblicke in den Bauakt, Pläne, Verhandlungen und Protokolle erhalten.
Vom Löschteich zum Weiher
Eigentümervertreter Dr. Wilhelm Klagian äußert Unverständnis über die aufkeimenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bauten.

Angesprochen auf den Weiher, zeigt sich der Wirtschaftsanwalt überrascht: "Der Bauherr musste laut Baubescheid für die Sicherstellung der Löschwasserversorgung sorgen, wofür mit Genehmigung des Amtssachverständigen Dr. Hellfried Niederl am Standort des alten Alpgebäudes ein Löschteich – heute Biotop – angelegt wurde. Es gibt keine Vorschrift, die bestimmt, dass ein Löschteich hässlich sein muss."

Auch im VOL.AT vorliegenden Baubescheid vom 18. Juli 2012 findet sich die Auflage, "die ausreichende Löschwasserversorgung durch die Eigentümer zu gewährleisten."


Die Installation des Teichs, Weihers oder eben Löschwasserreservoirs würden auch Änderungen in den Lageplänen belegen, wie Klagian weiter ausführt: "Der Lageplan vom 21. Mai 2012 mit dem Vermerk 'Änderungen laut Herrn Niederle', entstand, weil der Landschaftsschutzanwalt diese Änderung wünschte. Da der Baubescheid vom 18. Juli 2012, das heißt zwei Monate später ausgestellt wurde, gibt es nicht zwei unterschiedliche Lagepläne, sondern nur einen gültigen, den späteren."

Verwehren möchte sich der Eigentümervertreter auch der Tatsache, dass laut VN wohl bei der aktuellen Begehung am 13. Februar 2024, im Zuge der vom Landesvolksanwalt ins Rollen gebrachte Überprüfung, zum ersten Mal Vertreter der Behörden vor Ort gewesen seien. Wie auch Auszüge aus dem Bautagebuch untermauern würden, denn mit dem damaligen Bürgermeister Konrad Stadelmann sei das höchste Organ der kommunalen Baubehörde mehrmals auf der Alpe gewesen.


Lagepläne, die nicht der Lage entsprechen?
Im Zuge der Berichterstattung und der behördlichen Prüfung steht außerdem im Raum, dass das Gebäude, im Speziellen der Wohntrakt, nicht an der im Dokument ausgewiesenen Stelle errichtet worden sei und auch nicht den in der Baueingabe angegeben Maßen entsprechen würde.

Für den Juristen, der den Noch-Eigentümer Richard Morscher vertritt, ebenfalls nicht nachvollziehbar. "Das Gebäude entspricht in den Abmessungen exakt, nämlich bis auf 2 cm, der Baubewilligung vom 18. Juli 2012 und befindet sich zur Gänze auf der als Freifläche Landwirtschaft gewidmeten Fläche. Am 13. Mai 2013 erfolgte die Schnurgerüstabnahme."

Zudem sei dies alles im Wissen und nach Bewilligung der Gemeinde Sibratsgfäll unter dem damaligen Bürgermeister Konrad Stadelmann vollzogen worden. Laut der VOL.AT vorliegenden Verhandlungsschrift der Gemeindevertretungssitzung vom 14. Mai 2012 erfolgte die Umwidmung in Freifläche Landwirtschaft einstimmig.

Also auch mit der Stimme des aktuellen Bürgermeisters Martin Bereuter, damals ebenfalls Mitglied der Gemeindevertretung. "Das damalige Widmungsverfahren ist ja grundsätzlich zu begrüßen. Das reale Gebäude und die uns vorliegenden Pläne zeichnen meiner Meinung nach ein anderes Bild, zumal die vorliegenden Pläne auch nachgereicht sein könnten und nicht korrekt gezeichnet sein könnten. Das klären aber nun Juristen. Wir versuchen natürlich, die Gemeinde Sibratsgfäll schadfrei zu halten", informiert das Gemeindeoberhaupt. Ob hier Verstrickungen oder Seilschaften vorhanden seien, könne er weder ausschließen noch bestätigen – es könne angesichts der Situation aber vermutet werden.

Kritikpunkt: Unbewilligter Luxus-Innenausbau oder angemessener Wohntrakt für Bauer, Senner, Jäger und Eigentümer?
Laut Landesvolksanwalt Klaus Feurstein würden die ihm vorliegenden Pläne einen Innenausbau von rund 200 Quadratmetern Wohnfläche ausweisen. Geworden sind es dann fast 400 Quadratmeter, die außerdem nicht dem Zweck dienen würden, den eine ausgewiesene Alpe mit landwirtschaftlicher Ausrichtung benötige.

"Die Ausführung der Innenräumlichkeiten erfolgte nach Vorlage der Pläne vom 1. Mai 2014 ohne Einspruch der Behörde. Anlässlich der Schlussüberprüfung wurde dies dann im schriftlichen Abnahmeprotokoll mit Unterschrift des Bürgermeisters als Baubehörde bewilligt", verweist der Dornbirner Jurist auf das auch VOL.AT vorliegende Abnahmeprotokoll.
Auch der Bauausschuss der Gemeinde Sibratsgfäll habe laut Klagian nach Vorlage der Deckpläne im Mai 2014 keinerlei Einwände gegen die Vornahme des großzügigen Innenausbaues vorgebracht.
Klagian blickt Prüfung gelassen entgegen und
verweist auf "Bescheid im Rechtssinn"
Klagian kann nachvollziehen, dass die hochwertigen Ausführungen in den Innenräumen zum in seinen Worten polemisch aufgeladenen Begriff "Luxus-Alpe" führen, befindet die Größe der Räumlichkeiten aber für angemessen: "Davon ausgehend, dass Bauer, Senner, Jäger und Eigentümer (mithin vier Familien) gleichzeitig das Gebäude bewohnen, ist die Gesamtfläche angemessen."

"Die Vorlage von Deckplänen im Zuge der Errichtung eines Bauwerkes oder gar erst nach Fertigstellung ist ein üblicher Vorgang, so auch hier. Diese wurden von der Behörde zur Kenntnis genommen und zuletzt genehmigt. Zu keinem Zeitpunkt stand ein Bauverbot im Raum", konstatiert Klagian und zeigt sich verwundert über die Gemeinde, die nun eigene Entscheidungen infrage stellen würde. Es läge nämlich sehr wohl ein „Bescheid im Rechtssinn“ vor, in Anbetracht der Unterschrift des damaligen Bürgermeisters in der Funktion als oberstes Organ der Baubehörde.

Landesvolksanwalt sieht Missstände in der Sibratsgfäller Verwaltung und keinen "Bescheid im Rechtssinn"
Dem widerspricht der Prüfbericht des Landesvolksanwalts Mag. Klaus Feurstein, der diese Unterschrift für nicht rechtskonform erklärt:
"Der Baubescheid wurde auf der letzten Seite (Seite 9) vor der Zustellverfügung mit den maschinenschriftlichen Worten 'Der Bürgermeister' versehen. Darunter befinden sich ein handschriftlicher Schriftzug, der aus zwei Zeichen besteht. Der Nachname des Bürgermeisters, der im Jahr 2012 Baubehörde war, besteht aus 10 Buchstaben ('Stadelmann'). Aus diesem Schriftzug ist der Buchstabe 'S' des lateinischen Alphabets zu erkennen. Das zweite Zeichen lässt sich nicht zweifelsfrei einem Buchstaben des lateinischen Alphabets zuordnen. Dieses zweite Zeichen besteht aus einer horizontalen, einer diagonalen und einer vertikalen Linie. Dieses zweite Zeichen könnte sowohl ein nachlässig ausgeführtes 11t' als auch das Rechenzeichen '+' darstellen. Wie im Sachverhalt bereits ausgeführt, wurde neben diesem Schriftzug der Stempel der Gemeinde Sibratsgfäll angebracht. Eine Beifügung des Namens des Bürgermeisters oder der unterfertigenden Person in Maschinenschrift, mit Stampiglie (Stempelaufdruck) oder leserlich in Handschrift, erfolgte nicht."
Der Prüfbericht des Landesvolksanwalts, der VOL.AT vorliegt, ortet jedenfalls mehrere "Missstände in der Gemeindeverwaltung" und sieht im Falle des Baubescheids keinen "Bescheid im Rechtssinn".
"Die Landesvolksanwaltschaft prüft mögliche Missstände in der Verwaltung, entweder aufgrund von Beschwerden oder von Amtswegen. Im vorliegenden Fall ist dies der Bürgermeister als Baubehörde bzw. die Gemeindevertretung der Gemeinde Sibratsgfäll", informiert Klaus Feurstein auf VOL.AT-Anfrage.

Prüfung obliegt nun den Behörden
In dem Prüfbericht an die Gemeinde Sibratsgfäll seien die ihrer Ansicht nach vorhandenen Missstände in der Verwaltung der Gemeinde Sibratsgfäll aufgezeigt und entsprechende Empfehlungen zur Behebung dieser Missstände erteilt worden. Die geprüfte Behörde habe nun zwei Monate Zeit, den Empfehlungen nachzukommen und die aufgeworfenen Fragen – auch Rechtsfragen – zu klären.
"Wir gehen davon aus, dass die zuständigen Behörden nunmehr prüfen, ob die bisherige Tätigkeit der Baubehörde im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen stand. Im Bericht, der den geprüften Verwaltungsorganen zugegangen ist, ist unsere Rechtsansicht ausführlich dargestellt, es liegt nun an den Behörden, hier eine abschließende Prüfung vorzunehmen", schließt der Landesvolksanwalt.
Damit bleibt es sowohl für die Eigentümer als auch für die Gemeinde spannend, ob und wie es auf der Alpe Krähenberg weitergeht, werden wohl die Gerichte zu klären haben. Und auch der angestrebte Verkauf wird sich angesichts der Diskussion wohl noch ziehen.
Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.
(VOL.AT)