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Luxemburg deutet Einlenken im Steueroasen-Streit an, Wien nicht

Finanzminister Frieden für Änderung bei Informationspflicht.
Finanzminister Frieden für Änderung bei Informationspflicht. ©AP
Die Affäre um Steueroasen zieht immer weitere Kreise und zeigt erste Konsequenzen. Luxemburgs Finanzminister Luc Frieden deutete am Wochenende an, dass sein Land den Widerstand gegen einen automatischen Informationsaustausch über Anleger aufgeben und sein Bankgeheimnis lockern könnte. In Wien wurde dagegen erklärt, die Position Österreichs bleibe unverändert.
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Nach Informationen des “Focus” betreffen Daten auf einer dem Magazin zugespielten Festplatte zudem mehr als 100.000 Personen allein in Deutschland. Das Blatt berichtete, es habe Informationen über 260 Millionen Ein- und Auszahlungen in Steueroasen sowie Anfragen über Kontostände oder Kundenberatungen erhalten. Nach dem deutschen Finanzministerium forderte auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler, die Daten den Behörden zu übergeben.

“Verstärkte Zusammenarbeit”

“Wir wollen eine verstärkte Zusammenarbeit mit den ausländischen Steuerbehörden”, sagte der luxemburgische Finanzminister Frieden der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” (FASZ). Den internationale Trend gehe zu einem automatischen Informationsaustausch. Luxemburg ziele nicht auf Kunden, die Steuern sparen wollten, sondern werbe mit Stabilität, guter Beratung und internationalen Produkten. Bisher werden deutsche Anleger in dem Euro-Land pauschal und für die Behörden in der Bundesrepublik anonym besteuert.

Luxemburg ist seit der Zypern-Rettung und der Steueroasen-Affäre wieder ins Visier deutscher Politiker geraten. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß wies den Vorschlag Friedens am Sonntag zurück. “Dieses halbherzige Angebot ist kein Beitrag zur Problemlösung. Wenn der Informationsaustausch nur die Zinserträge umfassen soll, dann bringt uns das nicht viel weiter”, erklärte er. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte in der “FAS” auch ein härteres Vorgehen gegen Euro-Partner wie Österreich, die Niederlande und Irland.

Österreichs Position unverändert

Der Sprecher der österreichischen Finanzministerin Maria Fekter (V), Gregor Schütze, erklärte am Sonntag laut AFP trotz der neuen Luxemburg-Aussage, die Position von Österreich bleibe unverändert. “Es ist nicht gerechtfertigt, dass man ein kleines Land hier unter Druck bringen möchte für eine Tradition, die bei uns in der Bevölkerung gut verankert ist”, hatte Fekter bereits am Samstagabend in der “ZiB1” des ORF-Fernsehens gemeint. Und laut “ZiB20” sagte die Ministerin zudem: “Der Datenschutz ist doch in anderen Bereichen auch enorm wichtig – warum nicht hier? Warum wirft man ihn hier so einfach über Bord?” Sie sei “nicht an einem automatischen Informationsaustausch interessiert, der nur zu einem Datenfriedhof der Sonderklasse führt”, hatte Fekter dazu am Freitag in Brüssel erklärt.

“Focus” ist der “Süddeutschen Zeitung” (SZ) und dem “NDR” das dritte deutsche Medium, das nach eigenem Bericht einen umfangreichen Datensatz mit Informationen über die Nutzung von Steueroasen erhalten hat. Demnach ließ es die Daten von einem Kölner Computer- und Bankexperten prüfen. Die Zahl der in Deutschland betroffenen Nutzer von Steueroasen ist dem Bericht zufolge höher als bisher vermutet. Namen nannte das Magazin nicht. Zunächst war unklar, ob es sich um dieselben Daten handelt, die der “SZ” und dem NDR zugespielt wurden.

In den vergangenen Tagen berichteten Medien weltweit über ein Datenpaket über verschleierte Kapitalbewegungen in Steueroasen, das das Internationale Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) anonym erhalten hatte. In den ersten Berichten war von mehr als 130.000 Personen aus gut 170 Ländern die Rede. In mehr als 2,5 Millionen Dokumenten seien über 120.000 Briefkastenfirmen genannt, mit deren Hilfe Steuern vermieden würden.

Deutschland: Scharfe Debatte

In Deutschland pochen Vizekanzler Rösler und das Finanzministerium auf eine Übergabe der Daten an die Behörden, damit diese eventuelle Verfahren gegen Steuerhinterzieher einleiten können. “Die Steuerbehörden und Staatsanwaltschaften der Länder müssen prüfen, welche Rückschlüsse und Hinweise sich aus den aktuell veröffentlichten Materialien ergeben”, hieß es im Finanzministerium am Wochenende. Eine Unterstützung dieser Bemühungen würde man nachdrücklich begrüßen. Die “Focus”-Chefredaktion lehnt ebenso wie die “SZ” und der NDR eine Übergabe ab und beruft sich auf den Informantenschutz.

Unterdessen verschärft sich der Ton in der innerdeutschen Debatte, wer die Schuld an möglichen Steuerhinterziehungen trägt. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf den unionsgeführten Bundesländern Bayern und Hessen Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor. “Wir meckern über Steueroasen in Europa und haben sie in Wahrheit auch in Deutschland”, sagte Gabriel der “Bild am Sonntag”. “Es kann nicht so sein, dass Bundesländer wie Hessen und Bayern ungeniert mit wenig Steuerfahndern und seltenen Steuerprüfungen als besondere Art der Wirtschaftsförderung werben und so Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten.”

Zudem sieht Gabriel eine Mitverantwortung der Bundesregierung. “Angela Merkel und Wolfgang Schäuble sind scheinheilig, wenn sie jetzt so tun, als hätten sie von der Milliardenverschiebung nichts geahnt und gewusst”, sagte der Parteichef. Die Bundesregierung habe dies durch ein Steuerabkommen mit der Schweiz legalisieren wollen.

Der Bundesrat hatte das Abkommen mit der Schweiz gestoppt, das dem deutschen Fiskus nach Angaben der Bundesregierung durch eine pauschale Besteuerung von deutschen Vermögen in der Schweiz jährlich Milliardeneinnahmen beschert hätte. Der SPD-Chef forderte zudem, die Steuerfahndung dem Bund zu übertragen. Dies stößt bei mehreren Ländern auf Widerstand, die bisher diese Kompetenz haben.

(APA)

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