Lustenau und seine Fußballbegeisterung

Hunderte, ja gar tausende strömen an Wochenenden ins Reichshofstadion oder in die Holzstraße, um „ihren” Mannschaften auf die Beine zu schauen. Die Verbundenheit mit Grün-Weiß und Blau-Weiß lässt sich an den Mitgliederzahlen ablesen. Der in der zweiten Landesklasse, der siebthöchsten Spielklasse, spielende FC 07 empfängt regelmäßig bis zu 500 Zuschauer. Absoluter Spitzenwert im Vorarlberger Unterhaus. Die Austria, seit Jahren in der zweithöchsten Spielklasse Österreichs, kommt gar auf einen Schnitt von 3.400 pro Spiel, den höchsten der Liga. Zudem ist die Austria mit knapp 3000 Mitgliedern einer der Mitgliederstärksten Vereine Österreichs.
Kampfmannschaften auf Schiene
Sportlich sind die beiden Kampfmannschaften der Vereine bisher auf Schiene. Die Austria hat nach einem verpatzen Saisonstart eine Serie von 10 Spielen ohne Niederlage hingelegt, zudem war man als einziger Vorarlberger Klub im Cup-Achtelfinale vertreten.
Der FC 07 hat die schwierige Situation nach dem Rückzug aus dem Profifußball in den Amateurbereich gut verkraftet und liegt momentan auf dem soliden 3. Platz der 2. Landesklasse.
Beiden gemeinsam ist eine große Kaderveränderung im Vergleich zu letzter Saison. Die Austria holte nach einem verkorksten Frühjahr zahlreiche neue Spieler, unter ihnen Ex-Innsbruck Torjäger Marcel Schreter und die Brasilianer Galvao und Jailson, die für frischen Wind auf den Seiten sorgen.
Die Situation beim FC ist noch drastischer, verließen doch alle Profis den Verein. Die erste Mannschaft setzt sich heuer aus dem Amateurteam der letzten Saison zusammen, der Großteil der Spieler kommt aus dem eigenen Nachwuchs. Hinzu kommen ein bis zwei gestandene Spieler wie Christian Swoboda, Ex-Profi bei beiden Lustenauer Vereinen. Auch der Trainer der ersten Elf ist neu. Mit Christian Köll hat ein ehemaliger FC-Profi und Akademie Trainer sowie profunder Kenner des Vorarlberger Fußballs die sportlichen Geschicke des Vereins übernommen.
Holpriger Saisonstart der Damen und Amateurteams
Was bei den Herrenmannschaften nahezu undenkbar wäre, hat bei den Damen bestens geklappt. Seit dem Jahr 2012 gibt es eine Spielgemeinschaft zwischen der Austria und dem FC, dieses Jahr wurde diese um den FC Höchst erweitert. Der Saisonstart der ersten Damenmannschaft in der 2. Liga Mitte/West missglückte allerdings. Nach acht Spieltagen steht der vorletzte Platz. Etwas besser aus den Startlöchern gekommen sind die Damen 1b. Sie belegen derzeit den guten 2. Platz in der Landesliga.
Auch nicht gerade berauschend läuft es für die zweiten Mannschaften bei den Herren. Während das 1b des FC in der untersten Liga im Mittelfeld platziert ist, findet sich das 1c der Austria in den unteren Tabellenregionen wieder. Die Amateure der Austria zeigen in der Vorarlbergliga nach schwachem Saisonstart aufsteigende Form. Interessant ist die Situation in der zweiten Landesklasse, wenn es zu Derbys zwischen dem FC und der dritten Mannschaft der Austria (1b) kommt.
Finanziell (wieder) auf gesunden Beinen
Finanzielle Sorgen um Lustenaus Fußballvereine muss man sich (nicht mehr) machen. Während die Austria seit Jahren als einer der wenigen Vereine in Österreichs Profifußball auf finanziell gesunden Beinen steht und seit 1994, dem Aufstieg in den Profifußball, die Lizenz immer ohne Auflagen bekommt, sieht es beim FC erst seit ein paar Wochen wieder rosig aus. „Seit Anfang Oktober sind alle Verbindlichkeiten gedeckt und der FC ist endlich wieder schuldenfrei”, sagt ein erfreuter Omer Rehman, Sprecher eines Vierergremiums, das den FC nach dem notwendigen Rückzug aus dem Profigeschäft übernommen hat. „Die Ausgleichsquote wurde schneller als erwartet erreicht. Viel dazu beigetragen hat die „Mission 1907″, bei der Spenden von Privaten und auch Sponsoren gesammelt wurden.”
Der FC 07 wird seit heuer von einem mehrköpfigen Vorstand geführt. Günther Kremmel, Günther Fitz, Ecki Hämmerle, Kurt Isele und der Sprecher des Gremiums, Omer Rehman sind dem FC seit vielen Jahren eng verbunden und standen für einen Neubeginn.
Einer der Hauptverantwortlichen für die ausgezeichnete Stellung der Austria österreichischen Profibusiness ist Präsident und „Mr. Austria” Hubert Nagel. Der Macher und Ideengeber der Grün-Weißen bekleidet seit 1997 das Präsidentenamt und sorgt gemeinsam mit den Vizepräsidenten Rainer Bösch, Christian und Konrad Ortner und Edi Riedmann sowie allen Helfern und Helferinnen, die die Austria unterstützen, für das Wohl des Vereins.
Vereine leben von Ehrenamtlichen
Lustenaus Fußballbegeisterung und die Liebe zu den Vereinen ist ungebrochen. Das zeigt sich am deutlichsten bei der Anzahl der Ehrenamtlichen beider Klubs. Bei der Austria benötigt es pro Spieltag beispielsweise knapp 100 freiwillige Helfer und Helferinnen, beim FC sind es immerhin 8 bis 10 beim Match und um die 100 insgesamt, die bei Oktoberfesten oder Hallenturnieren aushelfen. Auch zum Schneeschaufeln sind schon Dutzende für ihren Verein eingesprungen. „Das macht die Begeisterung der Lustenauer für ihren Verein aus. Beide Vereine leben von Ehrenamtlichen, ohne sie wäre der Spielbetrieb nicht aufrecht zu erhalten”, so Vincent Baur, zusammen mit Daniel Ernemann, Doris Gozzi und Doris Schneider im Büro der Austria für organisatorische Aufgaben zuständig.
„Der Wert der Fans ist unermesslich”
500 Zuschauer in der zweiten Landesklasse beim FC. Absoluter Rekord. 5000 bei einem Spiel der zweiten österreichischen Liga bei der Austria. Manche Oberhausklubs staunen ab dieser Zahl. Fußball lockt die Menschen in Lustenau in die Stadien. „Der FC hat den Weg nach Hause in die Holzstraße gefunden, die Leute kommen wieder auf den „FC-Platz”, außerdem gutieren die Fans die Tatsache, dass die meisten Spieler aus dem eigenen Nachwuchs kommen”, so ein stolzer Omer Rehman. „Der Andrang im Herbst ist bisher mehr als zufrieden stellend. Trotz des schlechten Frühjahrs kommen die Austrianer scharenweise ins Stadion. Wir gehören seit Jahren zu den Zuschauermagneten Österreichs”, freut sich auch Austrias Vincent Baur.
Auch mit den eigenen Fanclubs sind beide Vereine sehr glücklich. „Unsere Fanclubs haben eine sehr positive Entwicklung gemacht, die Zahl an negativen Vorfällen ist sehr zurückgegangen, die Choreografien sind die besten der Liga. Sie beschäftigen sich stundenlang mit dem Gestalten dieser und opfern dafür einen Großteil ihrer Freizeit. Wir im Verein sind sehr stolz auf unsere Fans, ihr Wert ist unermesslich”, so Baur. Rehman schlägt in dieselbe Kerbe: „Die Mannschaft wird auf den Auswärtsspielen von mehr als 70 Leuten begleitet, es herrscht eine tolle Atmosphäre.”
Ziele der nächsten Jahre
Auf die Ziele der nächsten Jahre angesprochen, gab FC-Sprecher Omer Rehman ein mittelfristiges so wie ein langfristiges Projekt an. Mittelfristig soll mit eigenen Talenten, die durch erfahrene Spieler gezielt ergänzt und verstärkt werden, der Aufstieg in die erste Landesklasse erfolgen. Langfristig möchte sich der FC wieder in der Vorarlbergliga etablieren.
Bei der Austria sind die Ziele der nächsten Jahre klar definiert. Zum einen ist dies der Wiederaufstieg in die Bundesliga, zum anderen die Klärung der Stadionfrage mit Blick auf eine neue Heimstätte. Zudem steht bei den Grün-Weißen nächstes Jahr ein ganz besonderes Highlight an: Die 100 Jahr-Feier. Die Vorbereitungen auf die Feierlichkeiten sind bereits voll im Gange.
SC Austria Lustenau:
Gründung: Juni 1914
Mitglieder: ca. 3000
Erfolge:
– Vize-Amateurstaatsmeister 1930
– 9x Vorarlberger Landesmeister 1930, 1937, 1946, 1949, 1965, 1977, 1978, 1980 sowie 2005 (Amateure)
– 8x Vorarlberger Landescupsieger 1936, 1949, 1951, 1958, 1978, 1980, 1983 sowie 1999 (Amateure)
– Meister von Tirol und Vorarlberg 1977
– Meister der Regionalliga West und Aufstieg in den Profifußball 1994
– Meister der 2. Division und Aufstieg 1997
– Fußball-Bundesliga 1997/98 bis 1999/2000
– ÖFB-Cup-Finalist 2011
FC 07 Lustenau:
Gründung: September 1907
Mitglieder: ca. 400
Erfolge:
– 2x Vize-Amateurstaatsmeister 1929, 1937
– 16x Vorarlberger Landesmeister 1918, 1921-27, 1929, 1931-36, 1939
– 9x Vorarlberger Landescupsieger: 1925, 1927, 1934, 1935, 1938, 1946, 1994, 2000, 2001
– 4x Bodensee-Meister 1910, 1911, 1912, 1913
– 2x Meister der Arlbergliga 1958, 1959
– 2x Westkreis-Meister 1929, 1933
– 3x Meister Regionalliga West 2000, 2001, 2006