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Ludwig wird überschätzt

©APA/HANS KLAUS TECHT
Gastkommentar von Johannes Huber. Wenn einer die SPÖ retten kann, dann am ehesten der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser.

Was die SPÖ seit Wochen und Monaten liefert, ist eine Zumutung für die Österreicherinnen und Österreicher: Während sie von Zukunftsängsten und finanziellen Nöten geplagt werden, hat die Partei nichts anderes zu tun, als eine Debatte über ihre Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner zu führen. Mag sein, dass diese von politischen Mitbewerbern gerne befeuert wird, entscheidende Beiträge liefern aber Genossen wie der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil oder der ehemalige Landeshauptmann der Steiermark, Franz Voves.

Voves hat unlängst in der „Kleinen Zeitung“ gemeint, der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig sei der Einzige, der die Partei noch auf Platz eins oder zwei bringen könne bei der kommenden Nationalratswahl. Das ist ziemlich heftig. Es heißt im Umkehrschluss, dass sie ohne Ludwig eher nur Dritte werden würde. Zumindest nach Einschätzung von Voves.

Wie auch immer: Wichtig für Land und Leute wäre, dass die SPÖ ihre Führungsfrage endlich klärt und sich der Lösung von Problemen zuwendet. Illusionen sollte sie sich dabei keinen hingeben: Mit Rendi-Wagner würde sie auf Glück setzen. Sie würde kein Profil zeigen und davon ausgehen, dass sie am Ende des Tages einfach gewählt wird, weil die ÖVP unten durch ist und die FPÖ irgendwann schon noch über sich selbst stolpert; durch eine Ibiza-Affäre oder so etwas.

Mit Ludwig wäre das nicht viel anders. Ihm wird zugutegehalten, dass er in der Coronapolitik einen Kurs gewählt und gehalten hat. Es gibt Leute, denen dieser viel zu hart war, andere zollen für die Konsequenz jedoch Respekt. Im Übrigen verhält sich Ludwig unauffällig, setzt keine großen Akzente, ist dabei, die Sache mit der Wien-Energie, die er im vergangenen Sommer viel zu lange der Öffentlichkeit vorenthalten hat, zu verdauen.

Ein Wahlergebnis, das ihn für die Bundesparteispitze und als Spitzenkandidat empfehlen würde, hat er nicht vorzuweisen: Nicht nur gemessen an den SPÖ-Verlusten bei der Gemeinderatswahl 2015 hat er beim Urnengang 2020 einen bescheidenen Zugewinn von zwei Prozentpunkten auf 41,6 Prozent zusammengebracht. Vielmehr noch war das mager, wenn man bedenkt, dass die FPÖ damals fast 24 Prozentpunkte verloren hat.

Was möglich ist, wenn es andere Parteien zerreißt, zeigt in der SPÖ am ehesten der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, der an diesem Wochenende seine dritte Landtagswahl schlägt: 2013 sind die Freiheitlichen abgestürzt, sind Tausende Wähler von ihr zur SPÖ gewechselt oder zurückgekehrt. 2018 sind die Grünen abgestürzt, sind Tausende Wähler von ihr zur SPÖ gewechselt oder zurückgekehrt. In Summe hat die Partei unter Kaiser also sowohl Mitte-Rechts als auch Mitte-Links gepunktet.

Im Unterschied zu Doskozil kann Kaiser nicht nur Wähler auf dem Land ansprechen, sondern auch in den Städten. Er hat die nötige Breite, kann mit sehr unterschiedlichen Typen respektvoll und auf Augenhöhe reden. So einen Mann bräuchte die SPÖ, um Erste werden und das Kanzleramt zurückerobern zu können.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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