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Ludwig gegen Babler

©APA/ERWIN SCHERIAU
Gastkommentar von Johannes Huber. SPÖ: Der Wiener Bürgermeister zieht jetzt seine eigene Politik durch. Zumal vom Bundesparteivorsitzenden kaum noch etwas zu erwarten ist.

In der SPÖ läuft eine Spaltung: Immer mehr Genossinnen und Genossen geben die Bundespartei auf. Am deutlichsten und schon länger tut das der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Jetzt folgt ihm der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Bilder, die es von ihm und dem Bundesvorsitzenden Andreas Babler gibt, können nicht darüber hinwegtäuschen. Sie stammen aus dem Sommer. Ludwig war damals einfach nur froh, dass es mit Babler gelungen ist, Doskozil als Nachfolger von Pamela Rendi-Wagner zu verhindern. Mehr nicht.

Dann folgten ganz andere Signale. Erstens: Ludwig verabschiedete sich aus dem Bundesparteipräsidium. Zweitens: Ludwig setzte keine sichtbaren Konsequenzen für jene Funktionäre durch, die durch Beziehungen und Insiderwissen mit Kleingärten vermögender geworden sind, obwohl Babler das kritisiert hatte.

Drittens: Zuletzt zeigte Ludwig bildungspolitisch auf, stellte Noten und die Matura infrage und forderte einen runden Tisch. Nach den ernüchternden Ergebnissen der PISA-Studie könne man nicht zur Tagesordnung übergehen, erklärte er. Womit er recht hatte. Spannend dabei ist jedoch, dass er damit die Bundespartei vorführte: Von ihr kamen keine wahrnehmbaren Stellungnahmen zum Thema. Man weiß nicht einmal, wer sich in ihren Reihen ernsthaft um Bildungspolitik kümmert. Eine Sprecherin, ein Sprecher zum Thema? Unbekannt.

Viertens: Die Wiener SPÖ ist nicht glücklich über die Entwicklung der Bundespartei unter Babler. Dieser pflegt einen Konfrontationskurs mit Türkisen. Das kann man machen. Bloß: Wenn man als Sozialdemokrat 2024 Kanzler werden oder überhaupt in die Regierung zurückkehren möchte, dann geht das eher nur mit türkiser Unterstützung. Sprich: Daran müsste man schon heute arbeiten. Babler tut es nicht. Damit droht die Partei mit ihm weiter auf der Oppositionsbank zu verkümmern.

Die FPÖ von Herbert Kickl ist auf dem Weg zu Platz eins bei der Nationalratswahl, die voraussichtlich im September stattfinden wird. Die SPÖ liegt abgeschlagen dahinter und kommt nicht vom Fleck. Bei der jüngsten Erhebung für die Gratiszeitung „Heute“ haben sich nur 16 Prozent der Befragten zu ihr bekannt. Ähnlich viele bzw. wenige haben das auch unter Pamela Rendi-Wagner getan. In der Kanzlerfrage muss sich Babler überhaupt mit 13 Prozent begnügen. Zum Vergleich: Die Freiheitlichen halten als Partei 23 Prozent in den Rohdaten. In der Kanzlerfrage kommt Kickl auf 20 Prozent.

Was läuft falsch in der SPÖ? Bablers Problem ist vielleicht nicht, dass er einen linken Kurs fährt. Forderungen wie die Einführung einer Vermögenssteuer und eine Verkürzung der Arbeitszeit werden immerhin von einer deutlichen Mehrheit der Österreicher unterstützt. Das Problem ist, dass er sich in den ersten Monaten – inklusive Relativierungen - in viel zu vielen Details zu viel zu vielen Themen verloren hat; und dass ihm bis heute eine grundsätzliche Botschaft fehlt - eine Botschaft, die einer Masse vermittelt, dass er das Land in eine bessere Zukunft führen könnte.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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