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Ludwig beim Wiener SPÖ-Parteitag: "Ich kann auch sehr ungemütlich werden"

Bürgermeister Michael Ludwig sparte am Landesparteitag nicht mit Kritik an der Regierung.
Bürgermeister Michael Ludwig sparte am Landesparteitag nicht mit Kritik an der Regierung. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Bürgermeister Michael Ludwig sparte beim Wiener SPÖ-Parteitag nicht mit Kritik an der ÖVP und FPÖ und drohte mit der "Kampfmaschine SPÖ Wien". Zudem kündigte er eine Klage gegen das Sozialhilfe-Gesetz an.
Landesparteitag der SPÖ
Landesparteitag der SPÖ

Bürgermeister Michael Ludwig hat in seiner ersten Rede als Vorsitzender am Landesparteitag der Wiener SPÖ in der Messe zu einem Rundumschlag gegen die türkis-blaue Bundesregierung ausgeholt und die Genossen auf Einigkeit sowie die Herausforderungen der Zukunft eingeschworen. Dazu will er die “Kampfmaschine SPÖ Wien” in Fahrt bringen, um den politischen Mitbewerbern zu zeigen, “was wir können”.

Zu Beginn der mehr als einstündigen Rede hob Ludwig die Einigkeit in der Partei hervor: “Wenn man in den Saal hereinkommt, merkt man schon die Kraft unserer Bewegung.” Er, Ludwig, habe in den vergangenen Monaten viele Gespräche geführt: “Wir haben – wie wir in Wien sagen – uns ausg’redt. Das war gut und wichtig.”

Kritik an türkis-blauer Bundesregierung

Ludwig ging in seiner Rede erwartungsgemäß auch mit der türkis-blauen Bundesregierung hart ins Gericht. Es dürfe keine Toleranz gegen Neofaschismus und Rechtsextremismus geben, mahnte er. “Wenn wir jetzt konfrontiert sind in einer Situation, wo man im Tagesrhythmus von sogenannten Einzelfällen hört, von der Nichtabgrenzung zum rechtsextremen Gedankengut”, so müsse man sich fragen, welche Konsequenzen daraus abgeleitet würden.

Dabei wies Ludwig auf die von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) errichtete “roten Linie” hin, auf die der Regierungschef fast täglich hinweise. Da stelle sich die Frage nach der Wirksamkeit dieser roten Linie, so Ludwig: “Das Machtwort, das der Bundeskanzler spricht, das offensichtlich verhallt.” Damit verknüpft sei auch die Frage: “Wer treibt wen? Die Bundesregierung die Rechtsextremen oder die Rechtsextremen die Bundesregierung?” Es bestehe Gefahr, dass sich das gesamte politische Spektrum aufgrund dieser Entwicklung immer stärker nach rechts entwickle, warnte er.

Kurz ging der Bürgermeister auch auf das Verhältnis der SPÖ zur FPÖ ein. Es gebe einen Kriterienkatalog auf Bundesparteiebene und einen “eindeutigen Beschluss der SPÖ Wien, dass mit dieser FPÖ in Wien keine Koalition einzugehen ist”. Weiter: “Ich gehe davon aus, dass wir derzeit keine Veranlassung haben, von diesem Beschluss abzugehen.”

Klage gegen Sozialhilfegesetz

Harsche Kritik gab es auch für das – von ihm als “hartherzig und unsozial” bezeichnete – neue Sozialhilfegesetz. In diesem Zusammenhang sicherte er der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner seine Unterstützung zu, über den Bundesrat gegen das Gesetz vorzugehen. “Ich werde gleich am Montag die sozialdemokratischen Bundesräte aus Wien zu mir bitten, dass wir uns da gemeinsam verständigen.” In Richtung Rendi-Wagner fügte er hinzu: “Du kannst sicher sein, wir stehen an deiner Seite, wie auch in allen anderen Fragen.”

Wie SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bereits zur “Krone” (Samstagsausgabe) sagte, werden die Sozialdemokraten noch vor dem Sommer eine Klage vor dem VfGH gegen das Gesetz einbringen.

Laut dem Salzburger Arbeits- und Sozialrechtler Walter Pfeil, den die SPÖ für das Hearing im Sozialausschuss nominiert hatte, verstößt die türkis-blaue Reform gleich gegen mehrere Grundsätze: Weder sichere sie “das Mindeste” (Untergrenzen für Arme sind keine vorgesehen), noch lasse das Gesetz den Ländern genügend Spielraum für die Umsetzung. Zudem hält er die geplante Schlechterstellung nicht Deutsch sprechender Bezieher für EU-rechtswidrig.

Ludwig: “Ich kann auch sehr ungemütlich werden”

In seiner Rede kritisierte Ludwig auch den Umgang der FPÖ mit den Medien, die von der Bundesregierung eingeführte Regelung für den Karfreitag und überhaupt die “unrichtigen Angriffe” der Bundesregierung auf Wien. Ebenso strich er die Wichtigkeit der Sozialpartnerschaft, der sozialen Gerechtigkeit und des respektvollen Umgangs der Menschen miteinander hervor.

Zum Abschluss gab er sich kämpferisch: “Wir haben schwere Monate vor uns.” Es gebe starke Signale, dass ÖVP, FPÖ und auch NEOS in Zukunft einen sozialdemokratischen Bürgermeister verhindern wollen würden. “Ich kann euch eines sagen: Ich kann auch sehr ungemütlich werden.” Vor allem dann, wenn es darum gehe, Angriffe gegen die Stadt abzuwehren. “Die SPÖ Wien ist eine Kampfmaschine”, motivierte er schließlich seine Parteifreunde – diese solle nun in Fahrt gebracht werden. Das solle aber nicht aus einem Selbstzweck passieren, sondern: “Weil es uns darum geht, dass wir die Zukunft unsere Stadt bestimmen wollen. Denn ‘Zusammen sind wir Wien'”, spielte er auf das Motto des Parteitags an.

Rendi-Wagner geht “Seite an Seite” mit Ludwig

SPÖ-Bundesvorsitzende Pamela Rendi-Wagner hat beim Landesparteitag der SPÖ Wien am Samstag die Bundesregierung erwartungsgemäß stark kritisiert. Im Hinblick auf die bevorstehende EU-Wahl warnte sie vor Rechtsextremismus und Populismus in Europa. Lob gab es für die Wiener Genossen, Bürgermeister Michael Ludwig sicherte sie ihre Unterstützung bei der Wien-Wahl 2020 zu.

“Die Sozialdemokratie ist eine Politik, die auch meinen persönlichen Lebensweg geprägt hat – ich bin im Gemeindebau in Favoriten groß geworden. Ja, da komme ich her”, erinnerte Rendi-Wagner bei ihrer ersten Rede als Bundesparteivorsitzende vor ihren Wiener Parteifreunden. Sie sei “persönlich” auf die Wiener SPÖ stolz und hob Wien als “weltoffen, produktiv und kinderfreundlich” hervor. Dass Wien die “höchste Frauenerwerbsquote, die niedrigste Frauenteilzeitquote und niedrigste Lohnschere in Österreich” habe, sei das Ergebnis “harter politischer Arbeit”. Im Ausblick auf die im kommenden Jahr anstehende Wien-Wahl sprach sie Ludwig Unterstützung zu: “Diesen Weg werden wir gemeinsam gehen, Seite an Seite”.

Kritik an Regierung auch von Rendi-Wagner

Ihre verhältnismäßig kurze Rede – ihr Vorredner Ludwig kam auf über eine Stunde – nutzte Rendi-Wagner auch für harte Kritik an der türkis-blauen Bundesregierung und bezeichnete das nun beschlossene Sozialhilfegesetz als “kaltherzig” und als “Schande für eines der reichsten Länder der Welt”. Gemeinsam mit den Bundesländern werde man alles dafür tun, um “dieses Sozialabbaugesetz zu Fall zu bringen”. Dabei schwor sie die Wiener Genossen auf ihr Vorhaben ein, über eine Drittelbeschwerde im Bundesrat eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof dagegen einzubringen.

Auch weiteren schwarz-türkisen “Vergehen” gegen traditionell sozialdemokratische Werte räumte sie in ihrer Rede Platz ein: “Der 12-Stunden-Tag, die Zerschlagung der Sozialversicherung, die Kürzungen beim AMS-Budget oder 1,50-Euro-Jobs” würden zeigen, dass die Politik der Bundesregierung “nicht im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist”, kritisierte sie. Scharfe Worte fand Rendi-Wagner aber vor allem für die FPÖ, die auf Bundesebene für die SPÖ kein Koalitionspartner sei: “Das verspreche ich euch.”

Kritik an Steuerpolitik in der EU

Im Hinblick auf die anstehende EU-Wahl im Mai bezeichnete sie den “wachsenden Rechtsnationalismus und Populismus” als “Seuche”, die um sich gegriffen hätte. Rechte Nationalisten würden “jeden Tag an einem Ziel arbeiten: Europa zu zerstören”, so die Parteichefin. Um die Zukunft Europas zu sichern, muss laut Rendi-Wagner in Europa die Frage der sozialen Gerechtigkeit geklärt werden: “Soziale Gerechtigkeit ist der Schlüssel für Wohlstand, Frieden und ein starkes Europa.”

Dabei kritisierte sie auch die Steuerpolitik in der EU. Auch große amerikanische Onlinekonzerne müssten Steuern zahlen, forderte sie. Abschließend warnte die SPÖ-Bundesvorsitzende: “Wir müssen diese Schieflage beseitigen oder die Schieflage wird Europa beseitigen.”

(APA/red)

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