Livestream: Video-Rede von Selenskyj im Wiener Parlament

Eine Videoansprache von Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj ist am Donnerstag im Wiener Parlament vor Sitzungsbeginn des Nationalrats geplant. Wir zeigen die Rede ab 9.00 Uhr im Livestream.
FPÖ verurteilt Selenskyj-Rede im Wiener Parlament: Protest geplant
Bereits im Vorfeld wurde die Rede von FPÖ-Chef Herbert Kickl scharf kritisiert. Er sieht mit der Aktion die Friedens- und Neutralitätspolitik von Österreich völlig über Bord geworfen. Mit Selenskyj werde dem "Präsidenten einer kriegsführenden Nation" der Sitzungssaal des Nationalrats zur Verfügung gestellt, wetterte Kickl.
Die FPÖ werde keine Beitragstäterschaft zu diesem "Anschlag auf Österreichs Neutralität leisten". Ein - noch geheimer - Protest sei geplant.
Selenskyj wendet sich zum zweiten Mal an Österreich
Wenn der ukrainische Präsident am Donnerstag vor dem Nationalrat per Video spricht, ist es das zweite Mal, das sich Wolodymyr Selenskyj an Österreich wendet. Ende Juni hatte Selenskyj im Rahmen des 4Gamechangers-Festivals in der Wiener Marx Halle in einer Live-Schaltung zu österreichischem Publikum gesprochen. Dabei dankte er jenen, "die verstehen, wer an diesem Krieg schuld ist". Er verteidigte Sanktionen gegen Russland und warnte vor einem "Migrationstsunami" aus Afrika.
Selenskyj ist nach Kriegsbeginn in den Parlamenten von fast allen 27 EU-Ländern zu Wort gekommen. Nicht der Fall war dies bisher in Bulgarien, das in einer Dauerkrise steckt und am Sonntag zum fünften Mal innerhalb von zwei Jahren Parlamentswahlen abhält. In Sofia verhinderten pro-russische Parteien einen entsprechenden Vorstoß mit dem Argument, dass das bulgarische Parlament erst einmal eine Regierung wählen sollte. Auch im als Russland-freundlich geltenden Ungarn ist Selenskyj nicht ins Parlament eingeladen worden.
NEOS-Initiative vom März scheiterte am Widerstand der FPÖ
In Österreich war die NEOS-Initiative vom März des Vorjahres, Selenskyj zu einer Videoansprache einzuladen, am Widerstand der FPÖ gescheitert. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) war zwar bereit, Selenskyj in den Nationalrat einzuladen. Bedingung sei allerdings ein Einvernehmen unter den Fraktionen, wie er der APA sagte. Die SPÖ hatte sich nach ursprünglichem Zögern später nicht dagegen ausgesprochen.
Statt Selenskyj trat schließlich der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk Mitte Juni persönlich im Parlament auf. Stefantschuk plädierte in Wien vor Beginn einer Nationalratssitzung für eine EU-Annäherung seines Landes. Wenig später erhielt die Ukraine beim EU-Gipfel tatsächlich den EU-Beitrittskandidatenstatus.
Nun lud Sobotka Selenskyj formell zu einer virtuellen Rede im Parlament ein. Offiziell findet das Statement um 9.05 Uhr nicht im Rahmen der Nationalratssitzung, sondern bei einer "parlamentarischen Veranstaltung" im Vorfeld der Plenarsitzung statt. Danach können sich die Klubs zu Wort melden. Im APA-Interview betonte Sobotka, dass er kein "Störfeuer der FPÖ" erwarte. Er werde "Verbalangriffe" nicht akzeptieren, so Sobotka.
Kickl sprach von "Taschenspielertrick"
FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach von einem "Taschenspielertrick". Er kritisierte, dass dem "Präsidenten einer kriegsführenden Nation" der Sitzungssaal des Nationalrats zur Verfügung gestellt werde und kündigte Protest an. Die FPÖ werde keine Beitragstäterschaft zu diesem "Anschlag auf Österreichs Neutralität leisten".
Die FPÖ hat traditionell gute Beziehungen zu Russland, 2016 hatten die Freiheitlichen einen Freundschaftsvertrag mit der Kreml-Partei Einiges Russland abgeschlossen. Kickl wollte diesen 2021 nicht mehr verlängern. Obwohl dafür eigentlich eine Kündigungsfrist versäumt wurde, bestätigte der Einiges Russland-Funktionär Andrej Klimow auf APA-Anfrage, dass der Kooperationsvertrag trotz der versäumten Frist keine Gültigkeit mehr habe.
Hauptversammlung der RBI am Donnerstag
Fast zeitgleich mit Selenskyjs Rede beginnt am Donnerstag zudem die Hauptversammlung der Raiffeisen Bank International (RBI). Dort dürfte es um das umstrittene Russland-Geschäft der Bank gehen, das auch der Ukraine missfällt. Die Bank bekommt deswegen zunehmend Druck von der Europäischen Zentralbank (EZB). Selenskyj seinerseits hat in einem Erlass Sanktionen gegen die russische Leasingtochter der Raiffeisen sowie gegen den Vorstandsvorsitzenden der russischen Tochterbank von Raiffeisen, Sergej Monin, und dessen Vorstandskollegen Nikita Patrachin verfügt. Damit sind ihnen zehn Jahre lang Geschäfte in der Ukraine verboten. Außerdem wäre etwaiges Vermögen in der Ukraine einzufrieren.
Sowohl vor dem Parlament als auch vor der RBI-Zentrale sind Demonstrationen geplant. Während vor dem Hohen Haus linke Gruppierungen und Friedensaktivisten gegen die Rede des "ukrainischen Kriegspräsidenten" protestieren, gehen vor der Bank Ukrainer auf die Straße.
In Österreich fanden nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 rund 90.000 Ukrainer und Ukrainerinnen Zuflucht. Knapp 54.000 befinden sich laut Innenministerium Anfang März in der Grundversorgung.
Selenskyj per Video im Parlament
Als einer der letzten EU-Staaten bietet Österreich dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Gelegenheit, vor dem Parlament zu sprechen. Der Staatschef wird seine Rede per Video abhalten, danach ist eine Debatte vorgesehen.
Im Plenum, das sich direkt an die Veranstaltung mit der Selenskyj-Rede anschließt, wird Ukrainern dann ein unbeschränkter Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt ermöglicht. Zudem wird der Zugang zur Rot-Weiß-Rot-Karte ein weiteres Mal erleichtert, diesmal für Stammsaisonniers. Zu Beginn ist Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) Gast der Fragestunde.
Beschlossen wird zudem die am Mittwoch von ÖVP und Grünen in Aussicht gestellte Aussetzung der gestaffelten ersten Pensionsanpassung nach dem Pensionsantritt - die sogenannte Aliquotierung - für zwei Jahre, und zwar in einer Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG). Für Pensionisten wird es - ab Mai - leichter gemacht, zu einem Kredit zu kommen. Etabliert wird auch ein neuer Straftatbestand für "terroristische Drohungen".
(APA/Red)