Zuletzt zeichnete sich im 35-köpfigen obersten ORF-Gremium eine türkis-grüne Mehrheit für TV-Chefproducer und ORF.at-Geschäftsführer Roland Weißmann ab. Er dürfte deutlich über 20 Stimmen bekommen. 18 Stimmen sind für eine Mehrheit nötig. Tritt das ein, muss der langjährige ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz seine Amtszeit mit 31. Dezember beenden.
Die ORF-Wahl im LIVE-Blog
Prantner: Danke ging an ORF-Stiftungsrat
Als erster Kandidat trat Thomas Prantner nach seinem Hearing vor die Medien. Er habe dem Stiftungsrat für die Möglichkeit gedankt, "mein Reformkonzept präsentieren zu können und zum Hearing eingeladen worden zu sein", sagte er vor Journalisten. Das Hearing sei eine "einmalige Gelegenheit" gewesen, er habe konkrete Vorschläge für eine Strukturreform gemacht. Es sei auch eine Chance gewesen, Themen wie Regionalisierung und Nachhaltigkeit medial zu positionieren.
Beim Hearing habe eine "sehr angenehme Atmosphäre geherrscht". Darauf angesprochen, dass derzeit Roland Weißmann als fix gesetzt gilt, und er keine Chance mehr habe, sagte Prantner: "Chancen hat grundsätzlich jeder, der antritt. Schauen wir mal, wer wen wählt." Gefragt nach der kolportierten türkis-grünen Mehrheit für Weißmann meinte er: "Für diese Voraussagen sind nicht die Akteure verantwortlich, sondern die Medien." Gefragt, ob er sich Chancen auf einen Direktorenposten ausrechne, blieb er vage. "Alles offen", meinte er. "Jetzt warten wir mal ab, wer Generaldirektor wird und wie die Direktionsstruktur aussieht."
ORF-Wahl laut Lederer "offen"
Auf dem Weg zum Hearing im Stiftungsrat waren zuvor mehrere "Freundeskreisleiter" vor die wartenden Journalisten getreten. "Das Original ist besser als die Kopie", warb SPÖ-"Freundeskreisleiter" Heinz Lederer für den amtierenden Generaldirektor Wrabetz. Er hofft, noch unabhängige Stiftungsräte für Wrabetz gewinnen zu können. Den Ausgang der Wahl sah er als "offen" an, "auch wenn die Auguren sagen, dass es in die eine Richtung geht". Er dankte den Bewerbern für die vielen Einzelgespräche und Präsentationen in der Öffentlichkeit. Dafür müsse man ihnen Lob zollen.
Lederer äußerte Enttäuschung über die "Feigenblatt-Politik der Grünen", auch wenn sie sich noch nicht offiziell geäußert hätten. Der Generaldirektor habe ein "riesiges Machtpotenzial und ich hoffe, dass man verantwortungsvoll damit umgeht", so Lederer, der sich auch Beinfreiheit für die am 16. September zu wählenden Direktoren wünscht. "Solange es nicht anders im Gesetz verankert ist, ist der Generaldirektor für alles und jeden verantwortlich."
Vor ORF-Wahl: Screenshot mit Weißmann und Fleischmann
Auch Lothar Lockl, der für die Grün-nahen Stiftungsräte spricht, zeigte sich kurz. Es gebe tolle Konzepte und man warte nun die Sitzung ab, meinte Lockl. Zu einem türkis-grünen Deal wollte sich Lockl nicht äußern. Thomas Zach, Leiter des bürgerlichen "Freundeskreises" zeigte sich abwartend und verwies auf die im Gesetz vorgeschriebenen Prozesse. Zu einem aufgetauchten Screenshot einer Skype-Videokonferenz der ÖVP-nahen Stiftungsräte, die sowohl Gerald Fleischmann, Medienbeauftragten im Kanzleramt (ÖVP), als auch Weißmann zeigen, wollte er keinen Kommentar abgeben. Zuvor hatte es geheißen, sie wären nie zeitgleich bei einem Treffen der bürgerlichen Stiftungsräte gewesen.
Weißmann und Wrabetz nicht die einzigen Kandidaten bei ORF-Wahl
Zur Auswahl stehen neben dem ÖVP-Wunschkandidaten Weißmann und Amtsinhaber Wrabetz auch ORF-1-Channelmanagerin Lisa Totzauer, ORF-Technik-Vizedirektor Thomas Prantner sowie Harald Thoma, Geschäftsführer der Pocketfilm Media Entertainment GmbH. Die Mitglieder des Stiftungsrats wählen in nicht geheimer Abstimmung und werden von Regierung, Parlamentsparteien, Bundesländern, ORF-Publikumsrat und Zentralbetriebsrat beschickt. Abgesehen von wenigen Ausnahmen sind sie in parteipolitischen "Freundeskreisen" organisiert.
Bürgerliche sollen bei ORF-Wahl hinter Weißmann stehen
16 der insgesamt 35 Gremienvertreter gelten als ÖVP-nahe, dazu kommen zwei bis vier weitere türkisnahe unabhängige Stiftungsräte. Die Bürgerlichen werden am Dienstag dem Vernehmen nach geschlossen für Weißmann votieren. Die Grünen, denen drei Stiftungsräte im obersten ORF-Gremium nahe stehen, dürfen sich für die Wahl von Weißmann laut APA-Infos zwei von vier ORF-Direktoren - Programm und Finanzen - auf ihre Fahnen heften. Sie plädieren dabei für unabhängige und erfolgreiche ORF-Persönlichkeiten, wie aus dem Stiftungsrat zu hören war.
ORF-Wahl geht wohl nach 14:00 Uhr über die Bühne
Zuerst stehen heute Vormittag die nicht öffentlichen Hearings der fünf Kandidatinnen und Kandidaten im Stiftungsrat auf dem Programm. Im Anschluss - vermutlich zwischen 14 und 15 Uhr - erfolgt dann die offen abgehaltene Wahl. Sollte dabei keine Mehrheit zustande kommen, ist ein zweiter Wahlgang in Form einer Stichwahl nötig. Der frisch gewählte neue Generaldirektor gibt im Anschluss eine Pressekonferenz.
ORF-Chef startet nächstes Jahr
Die Ausschreibung für die vom neuen ORF-Generaldirektor vorgeschlagene Geschäftsverteilung erfolgt ebenfalls am Dienstag, die Wahl der Direktoren sowie der neun Landesdirektoren findet am 16. September statt. Die fünfjährige Amtsperiode des neuen ORF-Chefs und seines Teams beginnt am 1. Jänner 2022.
(APA/Red)