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Letzte Sondierungsgespräche in Wien: Was bisher geschah

Die Sondierungsgespräche befinden sich in der Zielgeraden.
Die Sondierungsgespräche befinden sich in der Zielgeraden. ©APA/AFP/JOE KLAMAR
Am heutigen Freitag gehen die letzten Sondierungsgespräche in Wien über die Bühne, bereits nächste Woche könnte mit den Koalitionsverhandlungen begonnen werden. ÖVP und Grüne geben sich noch schweigsam.

ÖVP und Grüne treffen am Freitag ein letztes Mal zusammen, um die mögliche Aufnahme von Koalitionsverhandlungen zu sondieren. Drei Runden sind in Prinz Eugens Winterpalais in der Wiener Himmelpfortgasse angesetzt, die erste um 10:00 Uhr, die zweite um 13:30, die letzte um 19:00. Ob sich die Parteichefs Sebastian Kurz und Werner Kogler danach gleich öffentlich festlegen werden, ist offen.

Zeit wäre längstens bis Sonntag, denn dann tagt ab 12 Uhr der erweiterte Bundesvorstand der Grünen. Nur dieser ist in der Ökopartei zur Entscheidung befugt, ob Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden. Die ÖVP braucht keinen Vorstandsbeschluss, Kurz will sich aber intern beraten. Seine Entscheidung dürfte er Anfang kommender Woche bekanntgeben.

Chronologie der Gespräche über die neue Regierung

Vor diesen großen Runden der Sechserteams hatte Kurz - nachdem ihn der Bundespräsident am 7. Oktober mit der Regierungsbildung beauftragte - die Parteichefs aller Parlamentsparteien zu Vier-Augen-Gesprächen geladen. Die FPÖ hatte sich eigentlich gleich am Wahltag aus dem Spiel genommen, stieg auch nicht in die Sondierungen ein - aber hat wiederholt angeboten einzuspringen, wenn Kurz keinen anderen Partner findet. SPÖ und NEOS wollten nach ersten Gesprächen nicht weiter parallel sondieren - aber sie wären zu Koalitionsverhandlungen bereit.

Auf intensive Sondierungen haben sich die beiden großen Wahlsieger ÖVP und Grüne eingelassen. Die Grünen werden am Sonntag im Erweiterten Bundesvorstand entscheiden, ob daraus Koalitionsverhandlungen werden. Kurz kann diese Entscheidung alleine - ohne Parteigremien - treffen.

Die bisherigen Schritte zur Bildung einer neuen Regierung

29. 9. Nationalratswahl: Die ÖVP (71 Mandate) legt stark zu - und hat eine Mehrheit mit der SPÖ (40), der FPÖ (31) und den Grünen (26), auch ohne NEOS (15 Mandate). Die FPÖ verliert massiv, Parteichef Norbert Hofer spricht sofort von der Opposition. Die SPÖ, die ebenfalls verliert, zeigt sich offen für Regierungsverhandlungen - und die Grünen betonen weiter die Distanz zur ÖVP.

30. 9. ÖVP-Chef Sebastian Kurz vermutet, "dass es dieses Mal etwas herausfordernder werden könnte". Politologen sind sicher, dass die Koalition nicht vor der Steiermark-Wahl am 24. November steht.

1.10. Die Übergangsregierung bietet den Rücktritt an, Bundespräsident Alexander Van der Bellen betraut sie mit der Fortführung der Geschäfte. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hofft, dass die neue Regierung bis Weihnachten steht. Die Grünen halten es für möglich, dass es bis Ostern dauert.

1.10. Der ÖVP-Vorstand tagt - und zeigt keinerlei Präferenz für einen Regierungspartner. Der FPÖ-Vorstand suspendiert Heinz-Christian Strache - und nominiert Hofer als Dritten Nationalratspräsidenten. Die Grünen tagen hinter verschlossenen Türen.

2.10. Hofburg-Gespräche: Bundespräsident Alexander Van der Bellen empfängt Kurz, Rendi-Wagner und Hofer. Der FPÖ-Chef zeigt Bereitschaft, die Situation unter Umständen "neu zu bewerten", sollte es für Kurz "unmöglich werden, eine Regierung zu bilden".

3.10. Van der Bellen empfängt Kogler und Meinl-Reisinger. Die NEOS-Chefin stellt fest: "Der Ball liegt nicht bei uns."

Auftrag der Regierungsbildung an Kurz

7.10. Van der Bellen erteilt Kurz den Auftrag zur Regierungsbildung. Der Bundespräsident sieht die drohende Klimakatastrophe "ganz oben auf der Agenda". Für den ÖVP-Obmann ist aber der "drohende Wirtschaftsabschwung" die größte Herausforderung, Klimaschutz kommt erst auf Platz vier.

8.10. Die Sondierungen im Winterpalais in der Wiener Himmelpfortgasse starten mit Vier-Augen-Gesprächen: SPÖ-Chefin Rendi-Wagner hat mit Kurz einen "freundlichen Austausch". FPÖ-Chef Hofer führt mit Kurz ein "sehr gutes Gespräch" über das Thema Sicherheit.

9.10. Kurz spricht (ziemlich lang) mit NEOS-Chefin Meinl-Reisinger und mit Grünen-Chef Kogler.

FPÖ will in die Opposition

10.10. Kurz "respektiert" die FPÖ-Entscheidung auf Opposition - und kündigt Treffen mit den anderen Parteien "in größerer Runde" an. Die FPÖ warnt daraufhin vor der "Linkswende im türkisen Mantel" - und teilt mit, für Sondierungen nicht zur Verfügung zu stehen.

11.10. Das SPÖ-Präsidium fixiert das Sondierungsteam: Parteichefin Rendi-Wagner, Rainer Wimmer (FSG-Chef), Doris Bures (Zweite Nationalratspräsidentin), Peter Kaiser (Kärntner Landeshauptmann), Michael Ludwig (Wiener Bürgermeister), Jörg Leichtfried (stv. Klubobmann).

12.10. Das ÖVP-Sondierungsteam steht: Parteichef Kurz, August Wöginger (Klubobmann), die Ex-Minister Elisabeth Köstinger, Gernot Blümel und Margarethe Schramböck, Kurz-Berater Stefan Steiner.

15.10. Kogler gibt das Grüne Team bekannt: Neben ihm Birgit Hebein (Wiener Parteichefin), Leonore Gewessler (Öko-Expertin), Rudi Anschober (OÖ-Landesrat), Alma Zadic (Ex-Liste JETZT-Abgeordete) und Josef Meichenitsch (Budgetexperte). FPÖ-Chef Hofer warnt Kurz vor einer "Linksregierung" mit der Grünen "Weltuntergangssekte" - und erneuert das Angebot, im Fall des Scheiterns der Verhandlungen die Lage neu zu bewerten.

16.10. Das NEOS-Sondierungsteam wird verraten: Parteichefin Meinl-Reisinger, Andrea Klambauer (Salzburger Landesrätin), Sepp Schellhorn (Wirtschaftssprecher), Nikolaus Scherak (Vizeklubchef), Nick Donig (Generalsekretär), Robert Luschnik (Bundesgeschäftsführer).

Nur ein Gespräch mit der SPÖ

17.10. Erste Sondierung ÖVP-SPÖ - und letzte, die SPÖ steht für weitere parallele Gespräche nicht zur Verfügung, nur für exklusive Koalitionsverhandlungen, teilt Rendi-Wagner mit. Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer hält solche "Ultimaten" für falsch.

18.10. Vormittags: Erste Sondierung ÖVP-Grüne - "respektabel" und positiv (Kogler). Nachmittags: Erste Sondierung ÖVP-NEOS - "intensiv, offen, vertrauensvoll" (Meinl-Reisiniger).

Kurz lobt alle Sondierungs-Akteure und kündigt weitere Runden mit Grünen und NEOS an.

19.10. Kurz bittet um "etwas Geduld", man werde "sicherlich die nächsten Wochen noch brauchen" für die Sondierungsphase.

Kurz und Kogler haben es in der Hand

21.10. Vier-Augen-Gespräch Kurz und Kogler - kein Kommentar danach

22.10. 2002 war die innerparteiliche Haltung der Grünen zu den Sondierungen mit der ÖVP "viel kritischer", sagt EU-Delegationsleiterin Monika Vana. Der Grüne Klub wählt Kogler wird zum Klubobmann, Sigrid Maurer zur Stellvertreterin.

23.10. Konstituierende Sitzung des Nationalrates: FPÖ-Chef Norbert Hofer wird zum Dritten Nationalratspräsidenten gewählt.

24.10. Zweite und letzte Sondierung ÖVP-NEOS: Auch NEOS stehen nur noch für echte Regierungsgespräche zur Verfügung. Kurz bestätigt: "Der Fokus liegt nun auf den Gesprächen mit den Grünen."

25.10. Für die SPÖ sei der Weg in die Opposition der "einzig gangbare", sagt EU-Delegationsleiter Andreas Schieder. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl drängt: Kurz soll die "Sondierungstaktiererei" beenden und sich zu Koalitionsverhandlungen mit den Grünen bekennen. Kurz teilt mit: Noch vier Runden mit den Grünen, Ende der Sondierungen am 8. November, "in den Tagen danach" Entscheidung über Koalitionsverhandlungen. Zweite Sondierung ÖVP-Grüne: Erste inhaltliche Punkte werden besprochen - aber keine Details verraten, weil Vertraulichkeit vereinbart wurde.

"Guter Austausch" zwischen ÖVP und Grünen

29.10. Zweites Vier-Augen-Gespräch Kurz/Kogler: "Wieder einmal ein guter Austausch" für Kurz. Kogler ist angetan vom neuen türkis-grünen Stil des respektvollen Umgangs miteinander.

30.10. Wiens Grünen-Chefin Birgit Hebein, vormals große Türkis-Grün-Skeptikerin, spricht davon, dass sich "die Bilder im Kopf verändern". In der Steiermark gibt es eine neue Affäre um neonazistische und antisemitische Texte in einem Liederbuch einer Burschenschaft - bei der FPÖ-Abgeordneter Wolfgang Zanger Mitglied ist.

31.10. Dritte Sondierung ÖVP-Grüne: Einigkeit über fünf "Herausforderungen" Klimakrise, Wirtschaftsabschwung, Migration, Bildung und Transparenz - aber weiter keine Details. Kickl will dem Bundespräsidenten die Möglichkeit nehmen, Minister abzulehnen.

3.11. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sieht zwischen Türkisen und Grünen "keinen grundsätzlichen Dissens" in der Migrationsfrage. Vierte Sondierung ÖVP-Grüne - Kurz lobt positive Atmosphäre und gute Gesprächskultur, Kogler spricht von "großem Respekt" und "gemeinsamem Bemühen".

Koalition in Vorarlberg

4.11. In Vorarlberg einigen sich ÖVP und Grüne auf die Fortsetzung der Koalition im Lande.

5.11. Vorarlbergs Grünen-Chef Johannes Rauch empfiehlt seiner Partei, auf Bundesebene in Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP einzusteigen. Fünfte Sondierung ÖVP-Grüne: Klima gut, aber noch unterschiedliche Positionen - und weiterhin keine Details

6.11. Rendi-Wagner rechnet zwar mit Türkis-Grün - aber für den Fall der Fälle nennt sie für die SPÖ zentrale Punkte bei Koalitionsverhandlungen, u.a. rasche Steuerreform, Klima-Milliarde.

7.11. Georg Willi, Grüner Bürgermeister in Innsbruck, verlangt für den Fall der Koalition nicht nur das Umwelt-, sondern auch das Finanzressort für die Grünen.

8.11. Sechste und letzte Sondierung ÖVP-Grüne

>>> Alles zur Nationalratswahl

(APA/red)

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