Leserbrief: An die Steinewerfer im Glashaus

Wer wie ich die Entwicklung der Jugenderziehungsanstalt Jagdberg als Dorfbewohner persönlich mit erlebt hat, kann über die medialen Kommentarenur ungläubig den Kopf schütteln und staunen, wie Journalisten heute Meinungsbildung machen, ohne persönlich selber ernsthaft zu recherchieren.
Hauptsächlich aus Tirol wurden anfänglich Kinder in den Jagdberg eingewiesen, deren soziales Umfeld meist eine Tragödie darstellte, für die heute jeder Elternteil juristisch zur Verantwortung gezogen würde. Unsere Kinder in Schlins haben leider nur zu oft die völlig willkürlichen und „bandenähnlichen“ körperlichen Überfälle über sich ergehen lassen müssen. In vielen Polizeiakten der 50iger bis in die 70iger Jahre nachzulesen, da die Körperverletzungen auch zu Anzeigen führen mussten. Von den vielen Diebstahlopfern bei den Bewohnern und in den Dorfhäusern ganz zu schweigen.
Als Herr Manfred Schnetzer die Leitung und Führung des Heimes von Herrn Müller übernahm, war das auf jeden Fall kein Job um den man sich gerissen hat. Mühsam und mit größtmöglicher Umsicht für deren „Berufserfahrung“ hat er sich seine Erziehermannschaft, die noch kein so umfangreiches Ausbildungsangebot wie heute vorfand, ausgesucht. Und die Fluktuation war gerade am Anfang seiner Tätigkeit darum recht groß. Unter seiner Führung wurde das Heim überhaupt wohnenswert umgebaut und die Methodik in der Erziehung sehr erfolgreich einer zeitgemäßen und menschlichen Methodik angepasst.
In seinem Interview hat Herr Schnetzer sehr ehrlich und ohne Beschönigungen in die unprofessionell geführte mediale Diskussion eingegriffen. Wer kann es ihm denn verübeln? Ist hier jeder Mitdiskutant einmal Bewohner oder Erzieher im Jagdberg gewesen? Sicher nicht! Denn sonst könnten nicht derart weltfremde Kommentare geschrieben werden. Die unter Schnetzer geleistete Arbeit ist heute noch nicht hoch genug zu würdigen. Er und seine Erziehermannschaft haben es wahrlich nicht verdient ihre für die Gesellschaft schon damals so wichtige und überaus schwierige Arbeit von „jedermann“ aburteilen zu lassen. Keine Frage: Den wahren Opfern muss geholfen werden! Aber die plötzliche Vielzahl schadet nur den wirklich Betroffenen und beschädigt aber alle im Erziehungsbereich Tätigen nachhaltig und verhindert ganz sicherlich, dass die dringend notwendigen Personalressourcen in Zukunft überhaupt noch rekrutiert werden können. Wer mit solchen Steinen wirft, zerschlägt auch das sehr dünn gewordene Glas zur Bereitschaft am Dienst für die Gesellschaft!