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Lesen mit Kopfhörern immer häufiger

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Den mp3-Player anstecken, ein neues Kapitel draufspielen und ab ins Flugzeug - so sieht Literaturkonsumation schon heute für manche Leute aus.

In Zukunft könnte das zur Selbstverständlichkeit werden. „Hörbuchzapfsäulen“ mit denen man an öffentlichen Plätzen gegen Münzeneinwurf „Literatur tanken“ kann, werden schon seit einigen Jahren auf den großen deutschen Buchmessen vorgestellt – bis sie wirklich auf Bahnhöfen und Flughäfen aufgestellt werden, wird es aber wohl noch ein wenig dauern. Hörbücher auf dem mp3-Player sind dagegen jetzt schon alles andere als eine Seltenheit. Der Download-Vertrieb boomt, bis 2010 sollen im deutschsprachigen Raum die Hälfte aller Hörbücher als reine Dateien im Internet verkauft werden, so das Ziel der Internetportale.

Die einzelnen Verlage setzen unterschiedlich stark auf das Internet. Laut einer Aussendung der Frankfurter Buchmesse zum diesjährigen Hörbuch-Schwerpunkt, stehen derzeit etwa 8.000 deutschsprachige Hörbücher im Internet zur Verfügung, zusätzlich noch etwa 20.000 englischsprachige, die auch über den größten deutschen Anbieter, audible.de, bezogen werden können. Während dabei etwa der Reisehörbuchverlag Geophon bereits weit über 30 Prozent mit virtuellen Hörbüchern umsetzt, erreicht der Marktführer Hörverlag mit seinem Portal claudio.de, nur unter fünf Prozent seines Gesamtumsatzes.

Wer nach ungekürzten Hör-Fassungen von Romanen sucht, ist aber auch jetzt schon häufig auf das Internet angewiesen. Der Trend geht zum Einsatz des Gesamttextes für den Download und nur einer Auswahl für die CD-Produktion. Vor allem das Portal audible.de erwirbt so immer mehr Exklusivrechte für vollständige Hörbücher und erreicht mit fünfstelligen Verkaufszahlen bei manchen Titeln bereits deutlich mehr Käufer als der Buchhandel mit der gekürzten CD-Fassung. Laut Hörbuchhandlungs-Inhaber Thomas Rubik würde sich ein Download-Angebot für einen Buchhändler aber schon wegen des Paragrafendschungels im Internetgeschäft nicht auszahlen. „Da ist rechtlich haarklein festgelegt, ob man das Titelbild dazustellen darf, oder gar das Begleitheft als pdf“, so Rubik. Noch sei der Download-Handel jedoch noch keine Konkurrenz, sondern eine sinnvolle Ergänzung, weil sich das angesprochene Publikum kaum überschneide.

Alles andere als sinnvoll für den Handel ist die wachsende Download-Piraterie. „Heiße“ Titel, wie der neue Harry Potter fanden sich etwa schon Tage vor dem offiziellen Verkaufsstart als riesige Download-Mengen auf diversen einschlägigen Seiten. Im Vergleich zur Musik seien die Einbußen durch illegale Downloads dennoch gering, sind sich Experten einig. Einerseits könne man auf den Erfahrungen der Musikindustrie aufbauen, andererseits sei es leichter, gezielt ein Hörbuch-File zu stören, weil die Konsequenzen für den Hörer gravierender sind. „Wenn da ein Track kaputt ist, ist das wesentlich schlimmer, als bei Musik,“ argumentiert Rubik.

Wer für den akustischen Literaturgenuss partout nichts bezahlen will, kann außerdem immer noch auf diverse Gratis-Portale ausweichen. Auf Seiten wie vorleser.net, werden meist ältere Texte ohne Lizenzkosten angeboten, teilweise mit prominenten Sprechern und orchestraler Musik besetzt – und wenn nicht gratis, dann zu sehr günstigen Preisen. Wenn mit solchen Angeboten Bekanntheit und Beliebtheit des Hörbuches noch weiter gesteigert werden, dauert es möglicherweise auch bis zu den „Hörbuchzapfsäulen“ nicht mehr lange. Die vielen Menschen, die ihre täglichen Wege mit Kopfhörern bestreiten, sind dann vielleicht gerade dabei, zu lesen.

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