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Lesen als Waffe gegen das Böse

&copy Rita Newman
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Die Warnschilder sind unmissverständlich: "Kinder verboten!", "Kinder unerwünscht!", "Keine Kinder!" Unmissverständlich ist auch die Botschaft des Kinderbuchs "Tintenherz".

Dass sich ausgerechnet die dahinter verschanzte ruppige Tante Elinor im Verlauf der Aufführung von „Tintenherz“ in das Herz des jungen Publikums spielt, ist ein Beweis für die Zauberkraft des Theaters. Doch eigentlich geht es in dem Kinderbuch-Bestseller von Cornelia Funke, dessen Dramatisierung von Ronald Kuste für das Theater der Jugend inszeniert wurde, um die magische Kraft des Vorlesens. Die Österreichische Erstaufführung wurde gestern, Dienstag, Nachmittag im Wiener Renaissancetheater umjubelt und steht – empfohlen für Kinder ab sechs Jahren – bis 10. November auf dem Spielplan.

Cornelia Funke ist die derzeit erfolgreichste deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin. Nach „Herr der Diebe“ (bereits verfilmt) hat das Theater der Jugend mit „Tintenherz“ (das gerade in Hollywood verfilmt wird) schon zum zweiten Mal einen Roman von ihr auf die Bühne gebracht. Es ist eine lohnende Aufgabe, die der Regie führende Schauspieler Kuste (er inszenierte bereits „Momo“ am Renaissancetheater) mit seinem Ausstatterteam Andreas Lungenschmid und Andrea Bernd auch gekonnt bewältigt. Er spart nicht mit dem Einsatz von Theatertricks, um die vom Bildschirm mit special effects verwöhnten Kids bei der Stange zu halten, setzt aber bei der Umsetzung der Bühnen-Bearbeitung von Robert Koall dennoch vor allem auf unmittelbare Darstellungskraft und den Zauber der dichterischen Fantasie.

Denn es ist schon verführerisch und gespenstisch zugleich, sich vorzustellen, man könne wie der sympathische Buchbinder Mo (geradlinig-treuherzig gespielt von Uwe Achilles) Dinge und Gestalten aus Büchern „herauslesen“, also den dichterischen Einfall zum tatsächlichen Leben erwecken. Verführerisch, wenn man, wie der böse Capricorn (ein wahrer Höllenfürst und am Ende so richtig schön ausgebuht: Justus Beckmann), seine Lektüre daraufhin gleich auf einschlägige gold- und geldträchtige Stellen wie in „Die Schatzinsel“ konzentrieren möchte. Gespenstisch, wenn man weiß, dass so üble Gesellen wie eben Capricorn und seine beiden finsteren Handlanger Basta und Flachnase (Nickel Bösenberg und Markus Schöttl) ebenso von Mo selbst aus dem „Tintenherz“-Buch „herausgelesen“ wurden wie der tragische Gaukler Staubfinger (Jürgen Schüller), der in seine heimatliche Geschichte wieder zurückgelesen werden will, selbst, wenn ihm dort ein bitteres Ende beschieden sein sollte.

Sympathieträger der zweistündigen Inszenierung ist – neben der energischen Tante (Maria Mallé), deren Empörungsausruf „Verflixte Kiste!“ immer wieder für Lacher sorgt – die Tochter von Mo, Meggie (Christina Schaefer). Sie wird am Ende sich, die Familie und die Freunde aus den Klauen des Bösen befreien, indem sie ein vom „Tintenherz“-Autor Fenoglio (Horst Eder) eilends geschriebenes neues Ende vorliest, ein Happy End. Denn auch die Tochter besitzt die imaginative Zauberkraft. Das ist wohl die pädagogische Botschaft dieses unterhaltsamen Nachmittags: Bücher lesen kann Leben verändern. Und die Resultate der nächsten PISA-Studie.

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