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Laut Studie funktionieren Passivhäuser nur bei Zutun der Bewohner

Im Realen Vergleich brauchte Passivhaus mehr Heizenergie als Niedrigenergie-Haus.
Im Realen Vergleich brauchte Passivhaus mehr Heizenergie als Niedrigenergie-Haus. ©VOL.AT/Kuehmaier
Schwarzach - Ein Passivhaus kann die hohen Erwartungen nur erfüllen, wenn die Bewohner ihr Energieverbrauchsverhalten optimieren. Das ist eines der Ergebnisse aus einer Langzeit-Vergleichsstudie zu Passiv- und Niedrigenergiehäusern, die das Forschungszentrum Nutzerzentrierte Technologien der FH Vorarlberg und das Innsbrucker Wissenschaftsunternehmen alpS GmbH im Auftrag des Vorarlberger Baukonzerns Rhomberg durchgeführt haben.

Dass der Wohnkomfort in beiden Wohnformen hoch sei, habe sich bestätigt, informierte Rhomberg Bau in einer Aussendung.

Studie über fast drei Jahre

Für die Studie wurden zwei Gebäude – ein Passivhaus und ein Niedrigenergiehaus – des Wohnparks Sandgrubenweg in Bregenz von Juni 2010 bis März 2013 hinsichtlich Energieverbrauch und menschlichem Empfinden untersucht. Gemessen wurden etwa Heizwärmeverbrauch, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Kohlendioxidkonzentration, Luftstromgeschwindigkeit der Be- und Entlüftungsanlage, Beleuchtungsstärke und elektromagnetische Strahlung. Parallel dazu wurden die Bewohner in Fragebögen mehrfach zu Befinden und Verhaltensweisen befragt.

Passivhaus stark von Bewohnern abhängig

Kernergebnis sei der “signifikante Zusammenhang zwischen Technik und Nutzerverhalten, in dem großes Optimierungspotenzial steckt”, hieß es. Änderungen an den Einstellungen der Anlagen durch die Bewohner verursachten teils große Abweichungen von den im Energieausweis errechneten Werten, so Studienautor Guido Kempter von der FH Vorarlberg. Beispiel Heizwärmeverbrauch: Während beim Niedrigenergiehaus ein tatsächlicher Verbrauch von 38,4 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr gegenüber den errechneten 36,3 kWh/m2/a gemessen wurden, wichen die Ergebnisse des Passivhauses stark ab. Statt der geplanten 9,03 betrug der Heizwärmeverbrauch 39,9 kWh/m2/a – also mehr als im Niedrigenergiehaus, was laut Experten nicht ungewöhnlich sei.

Nutzerverhalten sorgt für Abweichung

Die Ursache dafür lag im Nutzerverhalten begründet. So heizten die Passivhausbewohner auch außerhalb der Heizsaison, zudem lagen die Innenraumtemperaturen über den geplanten Werten. “Die durchschnittliche Innentemperatur lag in den Passivhaus-Wohnungen mit 22,1 Grad deutlich über der angenommenen Soll-Temperatur von 20 Grad, was zu einem höheren Heizwärmeverbrauch führt”, erklärte Kempter. Pro Grad Temperaturerhöhung würden aber bis zu 15 Prozent mehr Energie verbraucht. Zudem wurden die Be- und Entlüftungsanlagen von den Passivhausbewohnern auf höherer Stufe betrieben, was den Heizwärmeverbrauch steigerte. Korrigiere man die real gemessenen Ergebnisse um das Nutzerverhalten, würden die Referenzwerte von rund 10 kWh/m2/a für Passivhäuser und 33 kWh/m2/a für Niedrigenergiehäuser erreicht.

Bewußtseinsbildung ist gefragt

Neben der technologischen Weiterentwicklung müsse auch an der Bewusstseinsbildung gearbeitet werden, schloss Hubert Rhomberg, Geschäftsführer der Rhomberg Gruppe. Die Technik müsse immer in Zusammenhang mit dem Menschen gesehen werden, der diese bediene. “Bauwirtschaft und Politik sind gemeinsam gefordert, hier das Bewusstsein zu schärfen und Aufklärungsarbeit zu leisten – ansonsten bringt die beste Passivhaustechnik nichts”, betonte der Bauunternehmer. Zudem dürfe es keine Optimierung um jeden Preis geben. “Die Energie, die man hineinstecken muss, um aus einem Niedrigenergiehaus ein Passivhaus zu machen, muss einen Sinn ergeben”, sagte Rhomberg. Oft müssten für das Ausschöpfen der letzten zehn Prozent des Energieeinsparungspotenzials neben Mehrkosten so viele Ressourcen aufgewendet werden, dass der ökologische Rucksack, den man sich dadurch auflade, in keinem Verhältnis zum Ergebnis mehr stehe.

(APA)

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