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Land Vorarlberg zieht die Förderbremse: "Für uns kann das existenzbedrohend werden"

Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) sorgt im Vorarlberger Profisport für Aufregung.
Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) sorgt im Vorarlberger Profisport für Aufregung. ©VOL.AT/Paulitsch/Stiplovsek
Mitten in der Ehrung der Vorarlberger Sportlerinnen und Sportler des Jahres 2024 ließ Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP) aufhorchen: Die Spitzensportförderung für Profiorganisationen soll künftig mit 100.000 Euro pro Jahr gedeckelt werden. Eine Ankündigung mit weitreichenden Folgen für den Vorarlberger Profisport, die sogar existenzbedrohend ist.
Von wegen sportlich spitze

Die Zahlen unterstreichen die Bedeutung des Sports in Vorarlberg: 963 Vereine mit 152.599 Mitgliedern – das entspricht einem Anteil von 38,2 Prozent der Bevölkerung und liegt damit klar über dem Österreich-Schnitt (33,2 Prozent). Dementsprechend hoch fällt auch das Sportbudget des Landes aus: Für 2025 sind 13,9 Millionen Euro vorgesehen.

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24.180 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger sind in einem Fußballverein, es ist die am weitesten verbreitete Sportart im Ländle. ©VN

Acht Vereine über der 100.000-Euro-Grenze

Ein Blick in die Transparenzdatenbank zeigt: Acht Vereine überschritten in der Saison 2023/24 die geplante neue Obergrenze von 100.000 Euro. Neben den vier Fußballklubs SCR Altach, Austria Lustenau, SW Bregenz und FC Dornbirn zählen dazu auch der Alpla HC Hard, Bregenz Handball, die Pioneers Vorarlberg sowie das Radteam Vorarlberg.

Die Gelder wurden unter dem Titel "Förderung des Mannschaftsspitzensports bei gesamtösterreichischen und internationalen Bewerben" ausbezahlt. Dahinter verbirgt sich aber nicht nur die zukünftig gedeckelte Strukturförderung, sondern auch die Förderung der Fahrtkosten, die unverändert bleibt. "Vereine erhalten zusätzlich rund 650.000 Euro an Fahrtkostenunterstützung pro Jahr", heißt es in einer Stellungnahme des Landes.

Der SCR Altach bekam in der Saison 2023/24 234.212 Euro an Spitzensportförderung. ©APA

Pioneers erhielten am meisten

Nach Auskunft des Landes waren die Pioneers Vorarlberg mit 247.700 Euro in der Saison 2023/24 überraschend Förder-Spitzenreiter unter den Vorarlberger Profiklubs. Dahinter folgte Austria Lustenau. Der Fußballklub aus Lustenau, der damals noch in der Bundesliga spielte, erhielt nach Angaben des Landes zwischen 1.7.2023 und 30.6.2024 insgesamt 242.444 Euro an Struktur- und Fahrtkostenförderung.

Der Alpla HC Hard durfte sich in der Saison 2023/24 über 188.240 Euro freuen. ©GEPA

Altach, SW Bregenz und Alpla HC Hard folgen

Der SCR Altach landete mit 234.212 Euro auf Platz drei. Dahinter folgten SW Bregenz (215.349 Euro) und der Alpla HC Hard (188.240 Euro).

Die Pioneers Vorarlberg erhielten zwischen 1.7.2023 und 30.6.2024 247.700 Euro an Struktur- und Fahrtkostenförderung. ©GEPA

Bregenz Handball und Radteam ebenfalls betroffen

Auch Bregenz Handball (183.980 Euro) und das Radteam Vorarlberg (146.710 Euro) lagen deutlich über dem künftigen Fördermaximum. Sie müssen ebenfalls mit erheblichen Kürzungen rechnen. Der FC Dornbirn erhielt in der Saison 2023/24 zwar auch 142.900 Euro, in der laufenden Saison liegen sie aufgrund des Abstiegs in die Regionalliga aber deutlich unter der zukünftigen Grenze.

Auf das Radteam Vorarlberg hat der Förderdeckel massive Auswirkungen. ©Stiplovsek

Neue Richtlinie gilt ab der kommenden Saison

Umgesetzt werden soll das Ganze bereits im laufenden Jahr, laut Information aus dem Büro von Sportlandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) tritt die neue Förderrichtlinie für Spitzensportmannschaften per 1.7.2025 in Kraft. Die Förderungen der Saison 2024/25 sind also noch nicht betroffen.

Verein Strukturförderung* Fahrtkostenförderung* Summe Herbst 23 / Frühjahr 24
Herbst 23 Frühjahr 24 Herbst 23 Frühjahr 24
Pioneers Vorarlberg€ 105.000,00€ 105.000,00€ 20.100,00€ 17.600,00€ 247.700,00
Austria Lustenau€ 105.000,00€ 109.444,00€ 16.200,00€ 11.800,00€ 242.444,00
SCR Altach€ 105.000,00€ 101.512,00€ 15.700,00€ 12.000,00€ 234.212,00
SW Bregenz€ 85.000,00€ 95.049,00€ 19.000,00€ 16.300,00€ 215.349,00
HC Hard€ 85.000,00€ 85.000,00€ 9.200,00€ 9.040,00€ 188.240,00
Bregenz Handball€ 85.000,00€ 85.000,00€ 5.900,00€ 8.080,00€ 183.980,00
Radteam Vorarlberg€ 32.500,00€ 32.500,00€ 6.710,00€ 75.000,00€ 146.710,00
FC Dornbirn€ 85.000,00€ 41.500,00€ 16.400,00€ -€ 142.900,00

Widerspruch zur Sportstrategie?

In der Zukunft müssen die Vorarlberger Spitzenklubs also mit deutlich weniger Geld planen, was durchaus im Widerspruch zur Sportstrategie des Landes steht: "Das Land Vorarlberg verfolgt mit seiner Sportstrategie die Vision, zum 'chancenreichsten Lebensraum für Kinder durch eine nachhaltige Sport- und Bewegungskultur' zu werden. Spitzensportmannschaften spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie machen den Sport für die Bevölkerung sichtbar und ermöglichen emotionale Erlebnisse aus nächster Nähe. […] Es soll erkennbar werden, dass in Vorarlberg sportliche Karrieren bis an die nationale und internationale Spitze möglich sind. Ein wichtiges Ziel der Mannschafts-Spitzensportförderung ist es daher, Anreize zu schaffen, damit Spitzenmannschaften auch Verantwortung für die Nachwuchsentwicklung übernehmen", schreibt die zuständige Landesrätin nämlich in einer Mail an VOL.AT.

Diese angesprochenen Anreize werden zukünftig also bei 100.000 Euro gedeckelt. Stellt sich die Frage, ob diese Verantwortung, die die Spitzenmannschaften für die Nachwuchsentwicklung übernehmen sollen, bei 100.000 Euro aufhört?

Sportlandesrätin Martina Rüscher ©Paulitsch

"Wir werden kämpfen müssen"

Auch von der zentralen Rolle, die Rüscher den Spitzensportmannschaften zuschreibt, merken diese nicht viel, sie wurden vielmehr vor vollendete Tatsachen gestellt. Auf einen Verein, wie etwa das Radteam Vorarlberg, hat diese Deckelung massive Auswirkungen.

"Für uns kann das existenzbedrohend werden, weil auch die Wirtschaft teilweise hinkt. Wir kennen die genauen Auswirkungen noch nicht, werden aber kämpfen müssen", meint Teammanager Thomas Kofler. "Wir haben keine zusätzlichen Einnahmen wie TV- oder Eintrittsgelder, bringen andererseits aber auch Wertschöpfung durch Veranstaltungen ins eigene Land zurück. Es ist kein Thema, einen Teil zum Sparkurs beizutragen, für uns ist das aber ein enormer Einschnitt, der bei uns zum Beispiel auch bis in den Nachwuchs hinuntergeht", ergänzt Kofler.

Die Förderungen für das Radteam wurden in der laufenden Saison umgestellt, sodass sie bei der Strukturförderung über den 100.000 Euro liegen und in der kommenden Saison mit weniger Unterstützung vom Land rechnen müssen.

Radteam Vorarlberg-Teammanager Thomas Kofler ©Hartinger

"Natürlich tut es weh, wenn man plötzlich weniger Geld bekommt"

"Natürlich tut es weh, wenn man plötzlich weniger Geld bekommt", meint Pioneers-Geschäftsführer Christian Gross. "Uns fehlen damit 110.000 Euro für die kommende Saison", bringt er es auf den Punkt. 210.000 Euro bekamen die Pioneers nämlich bislang an Strukturförderung pro Saison. "Das ist für den gesamten Sport schlecht", ist sich Gross sicher.

Rüscher: "Anpassungen waren notwendig"

"Im Zuge der notwendigen Budgetkonsolidierung sind wir auch im Sportbereich aufgefordert, Maßnahmen zu setzen. Im Rahmen der Mannschafts-Spitzensportförderung waren daher Anpassungen notwendig", nennt Rüscher den Grund für die Deckelung der Förderung, sehr zum Leidwesen der Profivereine.

"Kürzung kam sehr abrupt und fällt deutlich aus"

Außerdem heißt es aus dem Büro der Landesrätin: "Die Spitzensportmannschaften wurden über die Änderung der Strukturförderung im Vorfeld informiert." Für den SCR Altach kam diese Kürzung aber eher unerwartet. "Die Kürzung der Spitzensportförderung durch die Vorarlberger Landesregierung kam aus unserer Sicht sehr abrupt und fällt in ihrer Höhe deutlich aus", sagt Altach-Geschäftsführer Christoph Längle. Radteam-Manager Kofler ist derselben Auffassung: "Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt."

SCR Altach-Geschäftsführer Christoph Längle ist sich der aktuellen gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen und der angespannten budgetären Lage bewusst und nimmt die Entscheidung des Landes zur Kenntnis. ©Paulitsch

(VOL.AT)

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