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La Vérité - Leben und Lügen lassen: Kritik und Trailer zum Film

Ein renommierter japanischer Filmemacher, der sich mit zwei Leinwandlegenden zusammentut: Hirokazu Kore-eda ist bekannt für Filme wie "Shoplifters" und "Still Walking". Nun hat er erstmals in Europa gedreht und sich dafür Juliette Binoche und Catherine Deneuve vor die Kamera geholt. Es geht um ein einigermaßen chaotisches Familientreffen in der großen Pariser Villa einer Filmdiva. Verkörpert wird diese von Deneuve. Ihre Tochter (Binoche) reist extra aus New York an, um einen genauen Blick in die gerade erschienenen Erinnerungen der Mutter zu werfen. Dass diese es nicht so genau nimmt mit der Wahrheit, führt zu innerfamiliären Verwerfungen.

Wenn sich ein japanischer Kultregisseur mit den Schauspielerinnen Catherine Deneuve und Juliette Binoche zusammentut, um ihnen einen grimassierenden Ethan Hawke beizugesellen, dann erwarten einen 100 kurzweilige Kinominuten. "La Verite - Leben und lügen lassen" startet am 6. März in den heimischen Kinos.

La Vérité: Kurzinhalt vom Film

Seit ein paar Jahren schon zählt man den Japaner Hirokazu Kore-eda zu den großen und wichtigen Regisseuren des Weltkinos. Mit seinem 2018 in Cannes mit der Goldenen Palme prämierten und viel besprochenen "Shoplifters", dem so poetischen wie sozialrealistischen und ziemlich berührenden Blick auf eine Tokioter Patchwork-Familie, vermochte Kore-eda auch in Europa seine Bekanntheit noch einmal deutlich zu mehren. Nun hat der japanische Meister erstmals einen Film außerhalb seines Landes realisiert, erstmals in anderen Sprachen gedreht: Französisch und Englisch. Auch hier geht es um eine bunt zusammengewürfelte, diesmal in Paris angesiedelte Familie, zu der auch der US-Schauspieler Ethan Hawke ("Boyhood") gehört. Zum ersten Mal sind außerdem die französischen Filmgrößen Catherine Deneuve und Juliette Binoche zusammen in einem Kinowerk zu sehen.

Lumir (Binoche), die sich als Drehbuchautorin verdingt, ist mit Ehemann Hank (Hawke), der sich gerade so als Darsteller behauptet, und Tochter extra aus New York nach Paris gekommen, um einem besonderen Ereignis beizuwohnen: Lumirs Mutter (Deneuve) hat just ihre Memoiren veröffentlicht. Dass diese Fabienne, die ein Darstellerstar ist in ihrer Heimat Frankreich, es in den Erinnerungen nicht so genau nimmt mit der Wahrheit, das ist schnell Thema zwischen ihr und der Tochter. So behauptet Fabienne in den Erinnerungen, Lumir früher von der Schule abgeholt zu haben, woran sich diese partout nicht erinnern kann. Auch andere Passagen in den Memoiren scheinen eher der künstlerischen Freiheit als der Realität verpflichtet.

Ehemann Hank hält sich dezent im Hintergrund, darf aber den Wein auswählen fürs Abendessen in der Villa Fabiennes. Und auch die Schildkröte im Garten ist Thema: Es handle sich dabei, so erklärt man der verdutzten Enkelin, um ihren verzauberten Opa. Dass dieser irgendwann dann doch in Menschenform auftaucht, sich dem ohnehin elektrisierten Familienkreis anschließt, macht die Sache nicht eben einfacher. In einer Szene wirft Lumir ihrer Mutter vor, sie sei auch in Sachen Liebeskummer dereinst keine große Stütze gewesen. Woraufhin Deneuves Fabienne kühl erwidert: "Lieber etwas Vernachlässigung als ständige Einmischung...".

La Vérité: Die Kritik

Gäbe es einen Preis für die zurückhaltendste und zugleich charismatischste Interpretation einer Nebenrolle, sie gebührte ohne Zweifel Ethan Hawke. Sein Spiel in "La Verite" fasziniert. Egal, in welcher Einstellung: Fast immer hält sich Hawke am Rande des Geschehens auf, begleitet dieses aber mit wunderbar vielsagenden, teils grimassierenden Gesichtsausdrücken. Etwa, wenn Deneuve (deren Rolle hier ein wenig an ihren 2019er-Auftritt in "Der Flohmarkt von Madame Claire" erinnert) sich mal wieder in Egozentrismen und Eitelkeiten ergeht.

Nur einmal wirkt es so, als würde Hank nun doch endlich der Kragen platzen: Da mokiert sich die Hausherrin über "Schauspieler", die ja heutzutage sogar in Internetserien zu sehen seien. Wohl wissend, dass der amerikanische Herr neben ihr in genau so einer Serie zu sehen ist. Mit seinem lässig selbstironischen Spiel, dem grauen Bart und den Wuschelhaaren erinnert Hawke in "La Verite" an mehr als nur einer Stelle an Landsmann Jeff Bridges ("The Big Lebowski"). Auch Binoche fasziniert erneut; im zurückliegenden Sommer agierte sie in "Zwischen den Zeilen" (von Olivier Assayas), einem Film, der ein paar Parallelen aufweist zu Kore-edas "Verite".

Der Titel des Films lässt Substanzielles erwarten, immerhin handelt es sich bei verite um das französische Wort für Wahrheit. Wirklich Substanzielles aber sucht man in dieser, alles in allem leichtfüßigen und vergnüglichen Melange aus Drama und Komödie vergebens. Da nützen auch die, zuweilen wie schwere Regentropfen durchs Kinobild fallenden Klaviertöne wenig. Dafür beweist Kore-eda erneut einen feinen Sinn für Schauspielerführung; indes auch für Humor und Ironie. Etwa, wenn er Diva Deneuve (die diesen Herbst 77 wird) sagen lässt: "Ich hätte beinahe mit Hitchcock gedreht, leider ist er vorher gestorben."

Ohnehin handelt es sich bei "La Verite" um einen recht selbstreflexiven Film, zu dessen Themen nicht zuletzt das Filmemachen selbst gehört. Immer wieder gibt es Szenen, die Deneuve am Filmset zeigen (auch dort ganz die andere wild herumkommandierende Diva). Diese Film-im-Film-Momente gehören zu den schwächeren des 106-Minüters. Berückend indes die Szene, die en passant darauf verweist, dass sich hier ein japanischer Regisseur erstmals in Europa als Filmemacher versucht: Da sitzt Deneuve mutterseelenallein in einem asiatischen Imbiss. Melancholisch-sehnsüchtigen Blickes schaut sie auf die asiatische Familie am Nebentisch. Fast so, als würde sich der Japaner Hirokazu Kore-eda nach diesem Europatrip zurücksehnen in seine Heimat.

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(APA/Red)

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