Kurz als Pfau: 155.940 Euro teure "Tier-Studie" veröffentlicht

Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will mit den durch das Finanzministerium veröffentlichten Studien der Meinungsforscherin Sabine Beinschab - insbesondere jene mit Tier- und Auto-Vergleichen von Politikern und Politikerinnen - nichts zu tun haben. Er habe diese weder beauftragen lassen noch davon Kenntnis gehabt, ließ er der APA am Donnerstag ausrichten. Bei SPÖ und NEOS sorgte der Inhalt der Studien für Unmut, die ÖVP müsse das dafür aufgewendete Geld zurückzahlen.
Das Finanzministerium hat am Mittwoch die Studien veröffentlicht, zu denen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Ermittlungen durchführt. Auf der Homepage findet man 22 Dokumente aus den Jahren 2016 bis 2019. In einer zur "Wirtschafts- und Budgetpolitik inklusive Erweiterungen" (Ab Seite 21) wurde 2017 u.a. auch untersucht, welche Tiere und Automarken mit Politikern und Parteien - darunter auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) - assoziiert werden.
Bundeskanzler Kurz will mit Tier-Studie nichts zu tun gehabt haben
Der frühere Kanzler ließ am Donnerstag gegenüber der APA ausrichten, dass er diese Umfragen weder beauftragt habe noch gewusst habe, dass es solche Umfragen gibt. Er habe - wie alle anderen Österreicher und Österreicherinnen auch - erst durch die Medienberichterstattung Kenntnis davon erlangt. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass diese Umfragen, die vom Finanzministerium im Jahr 2017 beauftragt worden seien, vor seiner Zeit als Bundeskanzler stattgefunden haben. Abgesehen davon wüsste Kurz - der sich derzeit im Ausland befinde - auch nicht, welchen Mehrwert er davon gehabt hätte, mit Eichhörnchen, Delfinen oder einem hinterhältigen Pfau verglichen zu werden.
Studien bisher unter Verschluss
Die Studien waren bisher unter Verschluss - obwohl nach diversen Medienberichten darüber immer wieder die Veröffentlichung gefordert worden war. Jetzt kam es dazu - im Zuge der Aktenlieferungen an den U-Ausschuss. Man habe über die Finanzprokuratur explizit bei der WKStA nachgefragt, ob sie einer Veröffentlichung zustimme. Diese Zustimmung sei nun erfolgt, deshalb habe man die Studien unverzüglich online gestellt, hieß es am Mittwoch aus dem Umfeld des Ministeriums.
Steuerzahler finanzierte ÖVP-Studien
Die vom Finanzministerium in Auftrag gegebenen Studien stehen im Zentrum der Ermittlungen der WKStA gegen die ÖVP, die zum Rücktritt von Kanzler Sebastian Kurz, Finanzminister Gernot Blümel und einiger Mitarbeiter geführt haben. Die WKStA ermittelt wegen des Verdachts, dass Vertraute von Kurz dessen politischen Aufstieg durch manipulierte Umfragen unterstützt und dafür aus Mitteln des Finanzministeriums bezahlt haben könnten. Hinweise darauf entnahmen die Ermittler sichergestellten Chats zwischen dem früheren Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, und der lange für die Tageszeitung "Österreich" tätigen Meinungsforscherin Beinschab. Die Ermittler glauben, dass Beinschab später in "Österreich" veröffentlichte Umfragen über Scheinaufträge an das Finanzministerium verrechnet haben könnte.
155.940 Euro für Tier-Studie
Das nun von Magnus Brunner geführte Finanzministerium hat nach Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen internen Untersuchungen gestartet, das Ergebnis wurde im Dezember bekannt gegeben. Die Untersuchungen der Internen Revision haben Unregelmäßigkeiten bestätigt. Besonders negativ aufgefallen ist der Internen Revision die Studie Beinschabs zur "Wirtschafts- und Budgetpolitik". Im September 2016 gestartet, hätte sie nur 34.680 Euro kosten sollen. Bezahlt wurden aber 155.940 Euro, weil bis Jänner 2018 neun zusätzliche Rechnungen gelegt wurden. Das betraf offenbar die "Erweiterungen" - mit den Tier- und Automarken-Fragen.
Keine Ausschreibung für Studien
Die Interne Revision sprach von einem "hohen Maß an Unregelmäßigkeit". Sie hat insgesamt 28 Studien, die von der Kommunikationsabteilung des Ministeriums in Auftrag gegeben wurden, überprüft, davon 13 von Beinschab. Ergebnis: in keinem einzigen Fall gab es eine Ausschreibung, in 26 Fällen fehlten die Studienergebnisse im Akt und in zwei Fällen waren die Studien auch auf Nachfrage nicht mehr aufzufinden. Dabei handelt es sich um zwei von Beinschab abgerechnete Studien zu den Themen "Nulldefizit" und "Steuerentlastung".
SPÖ-Bundesgeschäftsführer sieht in Studie Machtmissbrauch der ÖVP
Ebenjene Studie, die das Finanzministerium für 156.000 Euro in Auftrag gegeben hat, ist für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch "der nächste Beleg für systematischen Machtmissbrauch in den ÖVP-Ministerien". Wenn ÖVP-Obmann und Bundeskanzler Karl Nehammer "nur einen Funken Anstand" habe, würde er sich für die "Exzesse seiner Partei" entschuldigen und die Summe für die Studie "auf Heller und Pfennig" zurückzahlen, forderte Deutsch.
NEOS sehen in veröffentlichten Studien "eher keinen Mehrwert"
Die NEOS sehen in den nun veröffentlichten Studien des Finanzministeriums "eher keinen Mehrwert" für die Arbeit des Ressorts und damit auch für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Vielmehr hätten die Aufträge dem Wahlsieg der Volkspartei gedient, befand Generalsekretär Douglas Hoyos. Auch er meint: "Die ÖVP sollte daher auch den Anstand haben, das Geld sofort zurückzuzahlen. Das Finanzministerium gehört nicht ihr, das Geld des Finanzministeriums gehört nicht ihr."
Wolfgang Peschorn will die Ansprüche prüfen lassen
Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur, will Ansprüche prüfen lassen. Für ihn war die Prüfung der internen Revision ein wichtiger erster Schritt, wie er im Ö1-"Mittagsjornal" sagte. Nun erfolge der zweite Schritt, nämlich die Untersuchung durch die Finanzprokuratur. "Wir haben den Auftrag und werden in jede Richtung prüfen, gegen wen welche Ansprüche hier aus der Vergabe von Inseraten und vor allem diesen Studien geltend gemacht werden können", sagte Peschorn, der Anwalt der Republik ist. Ziel sei es, den Schaden für die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen so gering wie möglich zu halten.
(APA/red)