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Kurios: Wenn ein Schönheitschirurg dem Beauty-Wahn den Kampf ansagt

Artur Worseg legte ein kritisches Buch über seine Branche vor und will zu mehr Selbstliebe ermuntern.
Artur Worseg legte ein kritisches Buch über seine Branche vor und will zu mehr Selbstliebe ermuntern. ©edition a/Lukas Beck
Mehr Selbstliebe würde uns allen nicht schaden. Diese Meinung vertritt auch Dr. Artur Worseg in seinem neuen Buch. Aber wie glaubwürdig ist ein Schönheitschirurg, der von seinem eigenen Handwerk abrät, am Ende der Lektüre wirklich?

Eigentlich möchte man kein Buch lesen, in dem ein Schönheitschirurg von Schönheitsoperationen abrät. Man würde ja auch keinen Fitnesscoach buchen, der Bewegung schlecht redet, oder? Das Ganze hat irgendwie einen faden Beigeschmack, denn schlussendlich verdient der Autor – der niemand geringerer ist als der renommierte Schönheitschirurg Dr. Artur Worseg – damit sein täglich Brot. Und wer würde schon die Hand beißen, die einen (ziemlich gut) füttert?

Tipps für mehr Selbstliebe – reloaded

Nun gut, man will sich ja gerne eines Besseren belehren lassen, also wurde an die Lektüre mit einer neutralen Einstellung herangegangen. Grob zusammengefasst umreißt Worseg in seinem Buch “Deine Nase kann nichts dafür” jene Gründe, warum die eigene Nase (oder andere Körperteile) nicht unbedingt Schuld an der Unzufriedenheit mit sich selbst ist. Dabei geht er mit der immer schnelllebigeren Welt, in der “der Schein das neue Sein” ist, hart ins Gericht und ortet Selfies, Lebensgefährten, Freunde und auch eigene Charaktereigenschaften als mögliche Manipulanten des eigenen Selbstwertgefühls.

Vom Werdegang, über persönliche Anekdoten bis hin zu Busen- und Nasengeschichten und anderen sehr kuriosen Erlebnissen mit Kunden in der Ordination wurden auf über 150 Seiten auch gängige Ratschläge für mehr Selbstliebe im Alltag à la “Vergiss Schönheitsideale” und “Denk dich schön” niedergeschrieben. Letztere kommen dabei aber nicht gut weg – und werden vom “Chirurg der Reichen und Schönen” kurzerhand umgemodelt. Stattdessen soll man daran denken, dass alle Menschen Probleme mit ihrer Nase (oder anderen Körperteilen) haben und selbst nicht allzu kritisch in den Spiegel schauen. Meistens hat ja sowieso die Mutter oder der Vater Schuld am gestörten Verhältnis zum eigenen Körper – zumindest, wenn man Psychologen glaubt.

Von der Kunst des würdevollen Alterns

Interessant wird es bei der Frage, welche Persönlichkeitstypen denn am häufigsten in Wartezimmern von Schönheitschirurgen anzutreffen sind. Worseg legt sich aufgrund seiner langjährigen Erfahrung auf vier Typen mit folgenden Tendenzen fest: Narzissmus, histrionische Neigung, Borderline und manisch-depressive Menschen. Dazu lädt er auch ein, selbstreflektiert zu hinterfragen, ob solche Neigungen nicht auch bei sich selbst – mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt – zu finden sind, denn “man weiß ja nie”.

Zu guter Letzt macht Worseg auch kein Geheimnis daraus, dass er Familienmitgliedern, Freunden und Verwandten von Schönheits-OPs in jedem Fall abrät, “außer diese wären aufgrund eines Unfalls, einer Entstellung oder aus anderen Gründen notwendig”. Alterserscheinungen und Veränderungen des Körpers solle man akzeptieren, denn diese machen uns erst aus.

Streitschrift gegen die eigene Branche

Fazit: Ein Schönheitschirug, der nach 25 Jahren Berufserfahrung in der Beauty-Branche nun gegen sein eigenes Geschäft schreibt, fällt garantiert in die Kategorie “Es gibt nichts, was es nicht gibt”. Ob Kalkül, die Weisheit des Alters oder doch einfach nur guter Wille dahintersteckt, sei dahingestellt.

Fest steht, dass Artur Worseg zeigen will, dass Probleme in der Beziehung zu unserem Äußeren nicht unbedingt mit einem Termin beim Beauty-Doc enden müssen. Dabei setzt er vor allem auf persönliche Anekdoten, die zum Nachdenken anregen sollen. Als Leser hat man dadurch jedoch oft das Gefühl, eine Autobiographie anstatt eines Ratgebers in den Händen zu halten. Wäre ja eigentlich in Ordnung, wenn es denn wirklich zu mehr Selbstliebe führen würde.

Buchtipp:

Deine Nase kann nichts dafür – Wie wir uns vor dem Schönheitswahn retten

Autor: Dr. Artur Worseg

Verlag: edition a

ISBN: 978-3-99001-311-3

(Red)

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