Die Hauptverhandlung im Wiederbetätigungs-Verfahren gegen den Rechtsextremisten Gottfried Küssel (53), die am Dienstag im Wiener Straflandesgericht wieder aufgenommen hätte werden sollen, ist geplatzt. Nachdem Richterin Martina Krainz eine Vertagungs-Bitte von Verteidiger Herbert Orlich, der den Zweitangeklagten Felix B. vertritt, abgelehnt hatte, kündigte dieser nach offensichtlich vorangegangener Absprache mit Orlich seinem Anwalt die Vollmacht. Da in Geschworenenverfahren zwingend ein Rechtsbeistand vorgesehen ist, konnte nicht weiterverhandelt werden.
Ohne Rechtsbeistand kann Prozess nicht stattfinden
Hintergrund des “anwaltlichen Notwehrrechts”, wie Küssels Rechtsvertreter Michael Dohr diesen Schritt gegenüber Journalisten verteidigte: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hatte dem Gericht einen brisanten Zwischenbericht vorgelegt, den die Verteidiger ihrer Darstellung zu Folge erst gestern, Montag, zur Kenntnis bekommen hatten. Aus ihrer Sicht war damit keine ausreichende Vorbereitungszeit gegeben.
BVT-Bericht enthält Informationen über entschlüsselte Daten
Verhandlung kann erst mit neuem Anwalt fortgesetzt werden
Für Felix B. muss nun ein neuer Anwalt gefunden werden. Sollte das rasch gelingen, dürfte der nächste geplante Verhandlungstermin am 12. Juli nicht gefährdet sein. Gottfried Küssel und den beiden Mitangeklagten wird nationalsozialistische Wiederbetätigung vorgeworfen. Sie sollen die Homepage “alpen-donau.info” sowie das Forum “alinfodo.com” betrieben haben, wobei die drei laut Anklage eine “nationalsozialistische Zielsetzung” bzw. den “Vorsatz, durch ihr Handeln die Ziele der NSDAP zu fördern” verfolgten.
Auch Küssel wusste vir der Verhandlung nicht von dem Bericht
Wie Küssels Rechtsbeistand Michael Dohr im Gespräch mit der APA versicherte, habe er erst gestern, Montag, vom BVT-Bericht erfahren: “Wir wurden nicht informiert.” Dohr verwies außerdem darauf, dass der Bericht erst nach der am 24. Mai erfolgten zeugenschaftlichen Einvernahme der Leiterin des Extremismus-Referats im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Sybille Geissler, vorgelegt wurde: “Es ist schon interessant, warum nach jahrelangen Ermittlungen der Polizei ein Bericht über ein Verschlüsselungssystem 14 Tage nach Geisslers Befragung kommt.” (APA)