Eine Einschätzung dazu könne er erst nach dem für kommende Woche geplanten Treffen mit seinem slowenischen Amtskollegen Samuel Zbogar und Rehn abgeben, sagte Außenminister Gordan Jandrokovic am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem österreichischen Amtskollegen Michael Spindelegger (V) in Zagreb.
Dann werde man sehen, ob dieser Vorschlag mit der Forderung Kroatiens nach einer Entscheidung durch ein internationales Rechtsgremium vereinbar sei. Prinzipiell beharre Kroatien auf einer Lösung nach internationalem Recht und darauf, dass die Frage aus dem EU-Beitrittsprozess herausgelöst werden müsse. Aus kroatischer Sicht gebe es zudem keinerlei Grund für das slowenische EU-Veto. Kroatien macht sich für ein Urteil durch den Internationalen Gerichtshof (IGH) stark.
Rehn hatte Medienberichten zufolge die Einsetzung eines fünfköpfigen Schiedsgerichts zur Lösung des Grenzkonflikts vorgeschlagen. Die EU würde den Vorsitzenden des Gremiums ernennen, der sich zwei weitere Richter aussuchen dürfte. Ljubljana und Zagreb würden jeweils einen Richter nominieren. Nachdem beide Staaten schriftlich versichert hätten, den Schiedsspruch anzuerkennen, würde Slowenien sein im Dezember eingelegtes Veto gegen die EU-Beitrittsverhandlungen Kroatiens zurückziehen. Die Richter sollen ihren Schiedsspruch bis Jahresende verkünden. Die EU-Kommission nahm zu den Medienberichten bisher nicht Stellung, ein Sprecher des slowenischen Außenministeriums sagte aber am Mittwoch, dass sie größtenteils zutreffen.
Spindelegger hatte bereits zum Auftakt seines Besuchs in Zagreb erklärt, er sehe “derzeit keine bessere Möglichkeit” als den Vorschlag Rehns. Weil der juristische Aspekt gegenüber dem politischen im Vordergrund stehe, könnte der jüngste Vorschlag des EU-Kommissars auch für Zagreb akzeptabel sein. Kroatien hatte Rehns ursprüngliche Idee einer Vermittlung durch Friedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari zurückgewiesen, weil dieser kein Rechtsexperte sei.
Spindelegger warnte, dass es bis zur nächsten Runde der EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien am 24. April Bewegung geben müsse. “Sonst wird alles auf die lange Bank geschoben”, weil dann ein Abschluss der Beitrittsgespräche noch heuer unrealistisch wäre. In der gemeinsamen Pressekonferenz mit Jandrokovic betonte Spindelegger, dass Österreich im Grenzkonflikt nach einer “Win-Win-Situation” strebe, die den Interessen beider Länder entgegenkomme. Österreich werde Kroatien weiter auf seinem Weg zu einer vollen EU-Mitgliedschaft unterstützen und hoffe, dass das bald gelingen werde. “Wir sehen in Kroatien einen Ermutiger und Wegbereiter”, sagte Spindelegger, “nicht nur für das Land selbst, sondern für die ganze Region.”
Der Außenminister traf in Zagreb auch mit dem kroatischen Regierungschef Ivo Sanader zusammen. Dieser habe laut österreichischen Delegationskreisen bei dem Treffen auf die “Diskrepanz” hingewiesen, dass Kroatien zwar unter Druck stehe, mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenzuarbeiten, die von Zagreb geforderte Entscheidung durch den IGH aber abgelehnt werde. Das sei “der Bevölkerung schwer zu vermitteln.” Beobachter rechnen nicht mit einem Einlenken Zagrebs vor den am 17. Mai stattfindenden Regional- und Lokalwahlen.
Slowenien hat bereits vorsichtige Zustimmung zum jüngsten Rehn-Vorschlag signalisiert. Auch vom konservativen Oppositionsführer Janez Jansa kamen am Donnerstag positive Signale. Rehns Vorschlag sei “eine gute Möglichkeit” zur Lösung des Konflikts, sofern das Schiedsgremium das “Prinzip der Gerechtigkeit” (ex aequo et bono) berücksichtige und es zugleich eine Verpflichtung beider Seiten gebe, den Schiedsspruch zu respektieren. “Wenn eines dieser beiden Elemente fehlt, glaube ich, dass es sich um eine Sisyphus-Arbeit handeln wird, wie schon einige Male bisher”, verwies Jansa in einem Interview mit der Tageszeitung “Vecer” auf das gescheiterte Grenzverlaufsabkommen Drnovsek-Racan aus dem Jahr 2001. Sollte Kroatien auch Rehns Vorschlag ablehnen, würde es den damaligen Fehler wiederholen. Heute sei Slowenien als EU-Mitglied “objektiv in einer besseren Lage und keine slowenische Regierung darf diesen strategischen Vorteil verspielen”, betonte der Ex-Premier.
Scharfe Kritik an der Haltung Sloweniens kam indes vom FPÖ-Europaabgeordneten Andreas Mölzer. Das Verhalten Ljubljanas “widerspricht dem europäischen Geist”, während sich Kroatien kooperativ verhalte und den Grenzstreit durch einen IGH-Schiedsspruch klären lassen wolle. Hätte sich Österreich in der Frage des AKW Krsko oder der deutschsprachigen Volksgruppe genauso verhalten, wäre “Slowenien bis heute nicht EU-Mitglied”, so Mölzer.